Das Gespräch dauerte eine Stunde, Inhalte sind noch unbekannt. Scholz bemüht sich um Ukraine-Friedenskonferenz.
Scholz telefoniert mit Putin nach fast zwei Jahren Funkstille
Nach fast zwei Jahren Funkstille hat Bundeskanzler Olaf Scholz wieder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert. Das Gespräch hat nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine Stunde gedauert. Über die Inhalte wurde zunächst nichts bekannt. Zuerst hatte die «Süddeutsche Zeitung» darüber berichtet.
Scholz und Putin hatten zuletzt am 2. Dezember 2022 eine Stunde lang telefoniert. Der Kanzler setzt sich derzeit für eine zweite Ukraine-Friedenskonferenz ein, die nach einem Gipfel in der Schweiz im vergangenen Sommer stattfinden könnte, an dem auch Russland teilnehmen könnte. Bisher gibt es jedoch keinen Termin dafür.
Die Kommunikation mit Moskau wurde im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 weitgehend eingestellt.
Letzte persönliche Begegnung kurz vor der Invasion
Zuletzt traf Scholz Putin persönlich gut eine Woche vor dem russischen Angriff auf die Ukraine bei seinem Antrittsbesuch in Moskau. Aufgrund von Corona saßen sie im Kreml an einem riesigen ovalen Tisch, der meterweit voneinander entfernt war. Nach der Invasion gab es noch vereinzelte Telefonate, die jedoch abbrachen. Dies hing vor allem mit der russischen Kriegsführung in der Ukraine und dem Fehlen konkreter Ergebnisse zusammen.
Scholz: «Ich mache das nicht im Alleingang»
Scholz hatte in den vergangenen Monaten immer wieder gesagt, dass er zu einem Gespräch mit Putin bereit sei. Er wolle nur den richtigen Zeitpunkt finden. In der ARD erklärte der Kanzler am Sonntag, dass dieser Zeitpunkt «demnächst» gekommen sein könnte. «Ja, ich habe mir vorgenommen, mit dem russischen Präsidenten zur richtigen Zeit zu sprechen. Aber ich bin ein verantwortlicher Politiker, ich mache das nicht im Alleingang.» Ein Gespräch mit Putin setze viele Kontakte und Gespräche mit sehr vielen anderen voraus.
G20-Gipfel dürfte Anlass des Gesprächs sein
Es ist wahrscheinlich, dass das Gespräch mit dem bevorstehenden G20-Gipfel in Rio de Janeiro zusammenhängt, zu dem Scholz am Sonntag abreist. Dort wird auch der russische Außenminister Sergej Lawrow erwartet.
Putin selbst hatte am 18. Oktober seine Teilnahme am Gipfel abgesagt, um nicht «die normale Arbeit des Forums zu stören», das andere Themen habe. Gegen Putin liegt ein internationaler Haftbefehl des Weltstrafgerichts in Den Haag vor wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine. Er würde in Brasilien eine Festnahme riskieren.
Die G20 der führenden Wirtschaftsmächte aller Kontinente ist das einzige Gesprächsformat, in dem Russland und die Nato-Staaten noch hochrangig an einem Tisch sitzen. Scholz plant dort kein Gespräch mit Lawrow. Nach Angaben aus seinem Umfeld wird er jedoch mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping über den Ukraine-Krieg sprechen, der als wichtigster Verbündeter Putins gilt.
Scholz telefonierte vorher auch mit Selenskyj
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wurde nicht zum G20-Gipfel eingeladen. Scholz telefonierte am Mittwochabend mit ihm, um über die militärische und humanitäre Lage in der Ukraine zu sprechen. Gut möglich, dass der Kanzler Selenskyj in dem Gespräch auf das Telefonat mit Putin vorbereitet hat.
«Der Bundeskanzler bekräftigte die anhaltende und unverbrüchliche Solidarität mit der Ukraine angesichts der seit nunmehr fast 1.000 Tagen anhaltenden Aggression Russlands», teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit anschließend mit. «Er versicherte, dass Deutschland die Unterstützung für die Ukraine auch im militärischen Bereich in enger Abstimmung mit europäischen und internationalen Partnern fortführen werde.»
Kurz zuvor hatte Scholz jedoch im Bundestag betont, dass Deutschland die von der Ukraine gewünschten Marschflugkörper Taurus mit einer Reichweite von 500 Kilometern nicht an die Ukraine liefern werde.
Kreml sieht Nervosität im Westen nach Trumps Sieg
Russland hatte nach dem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentenwahl erneut grundsätzliche Bereitschaft zum Dialog über die Ukraine signalisiert – auch mit Scholz. Moskau sieht im Westen Nervosität mit Blick auf die Ukraine. Es sei voreilig, nun über Veränderungen der Positionen bei den Europäern zu sprechen, hieß es. «Aber es gibt offizielle Erklärungen von europäischen Vertretern, die von der Fortsetzung ihrer allgemeinen Linie sprechen, alle Arten von Unterstützung zu leisten. Und auf Russisch heißt das, Waffen in die Ukraine zu pumpen, um diesen Krieg bis zum Ende fortzusetzen», sagte Peskow.
Im Wahlkampf hatte Trump versprochen, den Ukraine-Krieg schnell durch einen Deal mit Russland zu beenden, ohne Details zu nennen. Putin gratulierte Trump letzte Woche zum Wahlsieg und signalisierte Bereitschaft für einen Dialog. Gleichzeitig warnte er davor, dass Trump unberechenbar sei und man abwarten müsse, was seinen Ankündigungen folgt.
Moskau dementierte Gespräch zwischen Putin und Trump
Am Montag wies Kemlsprecher Peskow einen Bericht der «Washington Post» zurück, nach dem Putin und Trump nach der US-Wahl telefoniert haben sollen. «Es gab kein Gespräch», sagte Peskow. «Es ist reine Fiktion, es sind einfach falsche Informationen.» Russland sei weiter offen für Gespräche. Putin wollte aber nicht als Erster anrufen, weil nicht Russland, sondern der Westen den Kontakt abgebrochen habe.