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Trump beharrt auf Gaza-Plan – Scholz nennt Vorstoß skandalös

Donald Trump will den Gazastreifen unter US-Kontrolle bringen und Hunderttausende Palästinenser umsiedeln. Der Kanzler findet das empörend. Im Westjordanland weitet Israel seine Militäroffensive aus.

Der Gazastreifen ist nach monatelangem Krieg von schier grenzenloser Zerstörung gezeichnet. (Archivbild)
Foto: Abed Rahim Khatib/dpa

US-Präsident Donald Trump hat seine viel kritisierten Pläne zur Übernahme des Gazastreifens durch die USA bekräftigt. Auf einem Flug mit der Präsidentenmaschine Air Force One sagte der Republikaner über das Küstengebiet: «Wir sind entschlossen, es zu besitzen, es zu nehmen und sicherzustellen, dass die Hamas nicht zurückkommt.» Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete Trumps Vorhaben, die Palästinenser aus dem Gazastreifen umzusiedeln und den Küstenstreifen zu einer «Riviera des Nahen Ostens» zu machen, als «Skandal».

Trump sprach auf dem Flug vor Journalisten darüber, den Gazastreifen zu kaufen. Teile des Gebiets könnten anderen Staaten im Nahen Osten für den Wiederaufbau überlassen werden, sagte er. Vergangene Woche hatte Trump im Beisein des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu erstmals verkündet, die USA würden den Gazastreifen «übernehmen» und das – nach 15 Monaten Krieg von Tod und Zerstörung gezeichnete – Gebiet in eine wirtschaftlich florierende «Riviera des Nahen Ostens» verwandeln.

Die im Gazastreifen lebenden Palästinenser sollen das Gebiet nach dem Willen Trumps verlassen – obwohl eine Vertreibung der gut zwei Millionen Menschen Experten zufolge gegen das Völkerrecht verstoßen würde und die Vereinten Nationen bereits vor einer «ethnischen Säuberung» warnen.

Scholz und Merz reagieren irritiert auf Trumps Vorstoß

Die von Netanjahu begrüßten – und von Ägypten und anderen Ländern der Region entschieden abgelehnten – Aussagen des US-Präsidenten lösten heftige Kritik im In- und Ausland aus. Kanzler Scholz kritisierte Trumps Vorstoß als skandalös. «Die Umsiedlung von Bevölkerung ist nicht akzeptabel und gegen das Völkerrecht», sagte der SPD-Politiker im TV-Duell mit Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz in ARD und ZDF. Im Übrigen sei die Bezeichnung «Riviera des Nahen Ostens» angesichts der unglaublichen Zerstörung im Gazastreifen «furchtbar».

Merz erklärte, er teile die Einschätzung des Kanzlers. Trumps Vorstoß gehöre in eine ganze Serie irritierender Vorschläge aus der US-Administration. «Aber man muss abwarten, was davon dann wirklich ernst gemeint ist und wie es umgesetzt wird. Da ist wahrscheinlich auch viel Rhetorik dabei.»

Trump zufolge sollen die Einwohner des Gazastreifens künftig in anderen arabischen Staaten unterkommen. «Sie wollen nicht nach Gaza zurückkehren», behauptete der Republikaner. «Der einzige Grund, warum sie über eine Rückkehr nach Gaza sprechen, ist, dass sie keine Alternative haben.» Trump stellte es so dar, als sorge er sich vor allem um das Wohlergehen der Zivilbevölkerung, die im zerstörten Gazastreifen nicht länger leben könne.

Trumps Berater hatten versucht, die vorherigen Äußerungen des Präsidenten zu entschärfen, bevor er erneut an Bord der Präsidentenmaschine sprach. Der US-Sondergesandte für den Nahen Osten, Steve Witkoff, sagte, Trump plane weder US-Soldaten in den Gazastreifen zu schicken noch Geld für den Wiederaufbau bereitzustellen. Trotzdem hielt die Kritik an. Bisher hat sich auch kein arabisches Land der Region bereit erklärt, die Menschen auf Trumps Wunsch hin aufzunehmen.

Nach Trumps Vorstoß zur Umsiedlung der Bewohner des Gazastreifens ist in Ägypten ein Gipfeltreffen zur Lage der Palästinenser geplant. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas habe das Spitzentreffen arabischer Staaten beantragt, teilte das ägyptische Außenministerium mit. Am 27. Februar sollten die Staats- und Regierungschefs der Region in Kairo über die «neue und gefährliche Entwicklung in der Palästinenserfrage» beraten, hieß es.

Israel weitet Militäroffensive im Westjordanland aus

In der Zwischenzeit setzt die israelische Armee ihre harte Vorgehensweise gegen militante Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland fort. Laut palästinensischen Angaben wurden bei neuen Militäreinsätzen sechs Menschen getötet. Im Westjordanland hat die Armee ihre vor zwei Wochen begonnene Offensive erneut ausgeweitet und ist in das Flüchtlingsviertel Nur Schams vorgedrungen. Dabei wurden nach palästinensischen Angaben zwei Frauen getötet, eine davon war schwanger.

Auch das ungeborene Kind hat nicht überlebt, wie das palästinensische Gesundheitsministerium in Ramallah mitteilte. Die 23-Jährige war im achten Monat schwanger. Auch ihr Ehemann wurde lebensgefährlich verletzt, als israelische Soldaten das Feuer auf ihr Fahrzeug in Nur Schams bei der Stadt Tulkarem im Norden des Westjordanlandes eröffneten. Die Armee gab später bekannt, dass die Verbrechensabteilung der Militärpolizei den Vorfall untersucht.

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz betonte, das Militär habe die Operation «Eisenmauer» auf Nur Schams ausgeweitet. «Wir zerschlagen die terroristische Infrastruktur in den Flüchtlingslagern und verhindern ihre Rückkehr. Wir werden nicht zulassen, dass die iranische Achse des Bösen eine östliche Terrorfront aufbaut», sagte der Minister.

Tote auch im Gazastreifen

Trotz der seit dem 19. Januar geltenden Waffenruhe zwischen Israels Armee und der Terrororganisation Hamas bleibt die Lage im Gazastreifen weiterhin äußerst angespannt. Laut palästinensischen Angaben wurden vier Menschen von israelischen Soldaten erschossen. In Gaza-Stadt wurden drei junge Männer getötet, wie der von der islamistischen Hamas kontrollierte Zivilschutz mitteilte.

Anwohner berichteten der Deutschen Presse-Agentur telefonisch, dass die Opfer israelische Militäreinheiten in der Nähe des Grenzzaunes zu Israel gefilmt hätten, was dazu führte, dass die Soldaten das Feuer eröffneten. Im Süden des Gazastreifens wurde eine ältere Frau erschossen, als sie versuchte, zu ihrem Haus zu gelangen, wie das ebenfalls von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium berichtete.

Auf Anfrage teilte die israelische Armee mit, dass Soldaten im Norden des Gazastreifens das Feuer auf mehrere Verdächtige eröffnet hätten, die sich ihren Stellungen in der Pufferzone am Grenzzaun genähert hätten. Es habe Treffer gegeben, woraufhin sich die Verdächtigen zurückgezogen hätten. Die Armee rief erneut alle Bewohner des Gazastreifens auf, sich keinesfalls israelischen Truppen zu nähern. Die Angaben beider Seiten ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Der Gaza-Krieg begann mit dem Massaker der Hamas und anderer Extremisten aus dem Gazastreifen am 7. Oktober 2023 in Israel. Etwa 1.200 Menschen wurden damals getötet und ungefähr 250 in den Gazastreifen entführt. Israel reagierte darauf mit einem Angriff. Laut palästinensischen Angaben wurden während der 15-monatigen Kämpfe über 48.000 Palästinenser getötet, hauptsächlich Zivilisten.

dpa