Bei einem Besuch einer Erdwärme-Anlage in Kenia hat sich Bundeskanzler Scholz für mehr Geothermienutzung in Deutschland ausgesprochen. Deutschland habe großes ungenutztes Potenzial.
Scholz für stärkere Nutzung von Erdwärme in Deutschland
Zum Abschluss seiner dreitägigen Afrika-Reise hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für eine deutlich stärke Nutzung der Erdwärme als Energiequelle in Deutschland ausgesprochen. «Geothermie ist an viel mehr Stellen in Deutschland möglich, als viele heute denken», sagte er am Samstag beim Besuch der größten Geothermie-Anlage Afrikas in Kenia. Das Potenzial werde such in Deutschland als sehr groß eingeschätzt. Deshalb würden jetzt alle Geodaten und Informationen gesammelt, «damit der Mut wächst», diese teils kilometertief in der Erde liegenden Energiequellen auszuschöpfen.
Scholz war nach einem Kurzbesuch in Äthiopien bereits am Donnerstagabend in Kenia eingetroffen. Der Besuch der Geothermieanlage in Olkaria rund 120 Kilometer nordwestlich von Nairobi war sein letzter Programmpunkt vor dem Rückflug nach Berlin. Die insgesamt fünf Kraftwerke am Rande des Nationalparks Hell’s Gate (Tor zur Hölle) produzieren fast die Hälfte des in Kenia verbrauchten Stroms. Kenias Lage entlang des ostafrikanischen Grabenbruchs, der durch die Abspaltung der arabischen Erdplatte von der afrikanischen entstand, und die vulkanische Aktivität der Region bieten beste Bedingungen für die Nutzung von Erdwärme. Das Potenzial der Geothermie wird dort auf 10 Gigawatt geschätzt. Unklar ist allerdings noch, ob dieses auch in Gänze genutzt werden kann.
Von Kenia lernen
Deutschland könne von Kenia lernen, wenn es darum gehe, seine natürlichen Gegebenheiten zu nutzen, sagte Scholz: «Wir haben in Deutschland keine vulkanischen Regionen wie diese hier, aber wir haben viele Gegenden und Landschaften, in denen Geothermie gute Voraussetzungen hat.» Daher sollten die Potenziale der Technologie in Deutschland noch einmal neu bewertet werden, sagte Scholz: «Die Potenziale werden sehr hoch eingeschätzt. Mit moderner Technologie haben wir auch die Möglichkeit, dass wir besser feststellen können, ob Bohrungen erfolgreich sein werden.»
Aus Geothermie kann sowohl Wärme als auch Strom gewonnen werden. Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat bereits Anfang des Jahres eine Offensive zum Erdwärme-Ausbau in Deutschland angekündigt. Politik, Wissenschaft und Wirtschaft könnten mit vereinten Kräften «diesen Energieschatz heben» und ihn zu einer unverzichtbaren Energieform machen.
Bei der Tiefengeothermie wird Erdwärme durch Bohrungen bis zu mehreren Kilometern Tiefe genutzt. Einer Studie mehrerer großer deutscher Forschungszentren zufolge könnte damit mehr als ein Viertel des jährlichen deutschen Wärmebedarfes abgedeckt werden. Nach früheren Angaben des Forschungsministeriums sollen bis 2030 mindestens 100 zusätzliche Geothermie-Projekte angestoßen werden.
Kenia schneller als geplant
Der Kanzler würdigte auch, dass Kenia – schneller als geplant – bereits bis 2030 seine gesamte Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen beziehen dürfte. «Wir haben jetzt auch überall die Entscheidungen getroffen, die notwendig sind, damit wir ein Tempo erreichen, um unsere ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen», sagte Scholz in Bezug auf die Bundesrepublik. Bis 2030 werde Deutschland 80 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Quellen herstellen können. Kenias Vorreiterrolle muss zudem im Kontext gesehen werden. Das Land produziert laut der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien lediglich rund 12 Gigawattstunden (GWh) Strom, das deutlich stärker industrialisierte Deutschland fast 50 Mal so viel.
Deutschlands Engagement bei grünen Energieprojekten in Kenia – insbesondere im Bereich der Geothermie – haben eine lange Tradition. Bereits seit mehr als 20 Jahren investiert Deutschland unter anderem durch die staatliche Förderbank KfW sowie der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) in entsprechende Projekte. Auch an dem Aufbau der Geothermie-Anlage Olkaria war Deutschland mit Millionen-Investitionen beteiligt.
Künftig will Deutschland zudem einen Fokus auf den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Kenia legen. Ob Deutschland mittelfristig von Wasserstoffimporten aus Kenia profitieren kann, ist aktuell zwar noch fraglich. Für Kenia bietet der grüne Wasserstoff, der mit erneuerbarem Strom produziert wird, jedoch große Potenziale. Dazu gehört vor allem die Produktion von klimafreundlichen Düngemitteln für die Landwirtschaft. Noch wird hierfür Erdgas für die Wasserstoffproduktion benötigt. Die Landwirtschaft ist ein zentraler Wirtschaftszweig des ostafrikanischen Landes.
Bereits am Freitag würdigte Kenias Präsident William Ruto Deutschlands Unterstützung in die grüne Energiewirtschaft: «Dass 92 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen durch unser Netz fließt, liegt an den substanziellen Beiträgen durch deutsche Technologie und deutsche Investitionen.» Gleichzeitig forderte Ruto von der deutschen Politik, sich international stärker dafür einzusetzen, dass die Industriestaaten mehr Investitionen in grüne Energieprojekte im globalen Süden bereitstellen.