Der ukrainische Präsident Selenskyj hat seine dreitägige Europatour abgeschlossen, bei der er vor allem seinen «Siegesplan» vorgestellt hat. Konkrete Resultate konnte er nicht präsentieren.
Selenskyj beendet europäische Werbetour für «Siegesplan»
Im Rückblick auf seine dreitägige Europatour hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seinen Landsleuten weitere internationale Unterstützung für den Krieg gegen Russland in Aussicht gestellt. «Die Welt ist bereits das dritte Jahr dieses Krieges mit der Ukraine, denn unsere Leute – Millionen Ukrainer – verdienen diese Unterstützung!», versicherte der Staatschef in seiner täglichen Videobotschaft vor seinem Abflug aus Berlin.
Er habe dabei in Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien seinen «Siegesplan» vorgestellt. «Alle Details unserer Strategie zum Näherbringen des Friedens – geopolitische, militärische, ökonomische», sagte Selenskyj, ohne konkreter zu werden.
Wichtig sei dabei gemeinsames Handeln, appellierte er an die ausländischen Partner. «Jeder, der die entsprechenden Kräfte, den notwendigen Einfluss hat, um einen zuverlässigen Frieden zu garantieren und Russland zum Frieden zu zwingen», sagte Selenskyj. Und es sei jetzt, in diesen Monaten zu handeln. Ab jetzt werde sein Team mit den Partnern in Europa zusammenarbeiten, um die geplanten Schritte maximal mit Inhalten zu füllen.
«Und dieser unser Plan muss zu einem wirksamen zweiten Friedensgipfel führen, damit der Krieg beendet wird», führte der Präsident aus. Das sei ein gerechtes, faires Ende des Krieges. «Ich bin mir sicher, dass der Siegesplan – wenn die Partner tatsächlich entschlossen an unserer Seite sein werden – zu einer zuverlässigen Brücke zwischen der Situation jetzt und dem Frieden wird, den wir anstreben», unterstrich Selenskyj.
In seiner Ansprache dankte er vor allem Deutschland für die bereitgestellte Militärhilfe. «Ich danke besonders für die Flugabwehrsysteme. Dabei ist Deutschland fraglos führend bei der Unterstützung», unterstrich der Präsident und hob ein weiteres Iris-T-Flugabwehrsystem hervor. Mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) sei dabei bereits die Unterstützung für das kommende Jahr besprochen worden. «Für uns ist es besonders wichtig, dass der Hilfsumfang von Deutschland stabil bleibt und das wird trotz allem ein Signal für den sicheren Weg zum Frieden», sagte der Ukrainer.
Häme aus Moskau nach Selenskyjs Deutschlandbesuch
Im russischen Parlament wurde mit hämischen Kommentaren auf den Deutschlandbesuch von Selenskyj und weitere angekündigte Militärhilfen reagiert. «Rettet dies das Kiewer Regime? Definitiv nicht!», schrieb der Chef des Auswärtigen Ausschusses der Duma, Leonid Sluzki, bei Telegram. Alle gelieferten Haubitzen und Panzer würden brennen, wie einst die deutschen Tiger-Panzer während des Zweiten Weltkrieges, und ein russischer Sieg sei unausweichlich. «Und Scholz sollte sich besser um die Probleme der deutschen Wähler kümmern», schloss Sluzki.
Neue russische Drohnenangriffe
Das russische Militär hat in der Nacht zum Samstag erneut Kampfdrohnen in verschiedene Regionen der Ukraine gestartet. Es wurden mehrere Schwärme der unbemannten Flugkörper, die mit Sprengstoff ausgestattet waren, sowohl in Sumy und Charkiw im Osten als auch in Saporischschja gemeldet. Es liegen zunächst keine Informationen über die Auswirkungen dieser Angriffe vor.
Weiter Kämpfe in der Region Kursk
Unterdessen wollen die russischen Truppen mehr als ein Dutzend Orte im Grenzgebiet Kursk wieder zurückerobert haben. «Von den Kursker Siedlungen, die vom Gegner besetzt wurden, sind 15 bereits befreit», behauptete der Kommandeur der tschetschenischen Spezialeinheit «Achmat», Apti Alaudinow, in einem Interview für die Zeitung Komsomolskaja Prawda. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.
Laut russischen Behörden hatten ukrainische Truppen 28 russische Ortschaften unter ihre Kontrolle gebracht. Nach Angaben aus Kiew waren jedoch nach dem Vorstoß von Anfang August fast 100 russische Orte im Kursker Gebiet unter ukrainischer Kontrolle.
Drohender Heizungsausfall in Pokrowsk
Die frontnahe ostukrainische Stadt Pokrowsk droht wegen des ständigen russischen Beschusses im kommenden Winter ohne Fernwärmeversorgung zu bleiben. «Aufgrund fehlenden Erdgases, Wassers und Stroms ist die Heizsaison gefährdet und es wird sie wahrscheinlich wohl nicht geben», erklärte der Chef der Militärverwaltung der Stadt, Serhij Dobrjak, gemäß einer Mitteilung.
Von den einst über 60.000 Einwohnern sollen noch mehr als 12.000 in der Stadt verblieben sein. Die Frontlinie verläuft etwa acht Kilometer südöstlich von Pokrowsk. Die Vereinten Nationen hatten in einem kürzlichen Bericht vor drohenden Heizungs- und Stromausfällen in der gesamten Ukraine gewarnt, die auf durch russischen Beschuss verursachte Schäden an Kraftwerken zurückzuführen sind.
Laut einem UN-Bericht ist der September 2024 der Monat mit den meisten zivilen Opfern. 208 Zivilisten wurden getötet und 1200 verletzt. Etwa die Hälfte der Opfer war über 60 Jahre alt und nur acht Prozent der Opfer wurden in den von Russland kontrollierten Gebieten verzeichnet. Seit Juli steigen die zivilen Opferzahlen wieder.
Seit mehr als zweieinhalb Jahren wehrt sich die Ukraine gegen eine russische Invasion.