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Selenskyj beschuldigt Russland erneut des Verstoßes gegen die Feuerpause

Russland bombardiert Energieanlagen trotz Abkommen, Ukraine ruft zu Waffenruhe auf und fordert verstärkte Drohnenproduktion.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wirft Russland vor, weiter Energieanlagen zu beschießen. (Archivbild)
Foto: Aurelien Morissard/AP/dpa

Wolodymyr Selenskyj, der ukrainische Präsident, beschuldigte erneut Russland, die Feuerpause für Angriffe auf Energieanlagen gebrochen zu haben. Er befahl Verteidigungsminister Rustem Umjerow, die US-Regierung über die Verstöße zu informieren, wie Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft sagte.

US-Vermittler haben mit Russland und der Ukraine in separaten Gesprächen vereinbart, dass keine Energieinfrastruktur mehr bombardiert wird. Laut Kreml gab Russlands Präsident Wladimir Putin am 18. März nach einem Telefonat mit seinem US-Amtskollegen Donald Trump den Befehl dazu. Ein Sprecher des Kremls beklagte jedoch, dass die ukrainische Seite die Vereinbarung nicht einhalte und weiterhin Energieanlagen in Russland beschieße.

Selenskyj wiederum prangerte einen gezielten russischen Drohnenangriff auf die Gasinfrastruktur in der Region Poltawa an und zudem Artilleriebeschuss in Cherson, der die Stromversorgung beschädigt habe. Zudem habe ein russischer Angriff auf die Stadt Charkiw die Heizungsinfrastruktur dort beschädigt. «All dies zeigt, dass Russland die Diplomatie weiterhin stört und dies auch weiterhin tun wird, und dass Moskaus einzige Taktik darin besteht, den Krieg zu verlängern», sagte Selenskyj.

Der ukrainische Präsident erinnerte auch daran, dass sich Kiew zu einer 30-tägigen Waffenruhe zu Wasser, zu Land und in der Luft bereiterklärt hatte. «Am 11. März akzeptierte die Ukraine den amerikanischen Vorschlag für einen bedingungslosen Waffenstillstand, und seither ist Russland dafür verantwortlich, dass die Diplomatie ausgebremst wird», sagte er.

Selenskyj drückt auf Tempo bei Aufrüstung

Selenskyj forderte die Rüstungsbetriebe der Ukraine auf, ihre Produktion neuartiger und schlagkräftiger Drohnen und auch von Raketen hochzufahren. «Unsere Aufgabe ist es, die Lieferung an die Armee deutlich zu erhöhen und die technologischen Vorteile unserer ukrainischen Drohnen zu maximieren», sagte er. Die Soldaten bräuchten ausreichend Nachschub.

Die Ukraine arbeitet auch daran, ihre eigene Produktion von Flugabwehrraketensystemen und allen erforderlichen Luftabwehrsystemen aufzubauen. In den letzten Tagen fanden auch Gespräche bei Treffen in Europa statt. Es geht um die gemeinsame und langfristige Sicherheit für ganz Europa.

Selenskyj gab auch Informationen über die Besetzung von militärischen Führungspositionen bekannt. Diese Personalentscheidungen zielen hauptsächlich darauf ab, die Luftstreitkräfte zu stärken, die nun auch immer mehr westliche Kampfjets einsetzen.

Seit über drei Jahren verteidigt sich die Ukraine mit Unterstützung des Westens gegen den russischen Angriffskrieg.

Selenskyj will alte US-Hilfen nicht als Kredit anerkennen

Keine Einigung gibt es weiter bei einem seit Wochen diskutierten Rohstoffabkommen zwischen der Ukraine und den USA. Auch ein neuer Entwurf Washingtons birgt Konfliktpotenzial. So will Selenskyj die bisherige US-Militärhilfe im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg weiterhin nicht als Kredit anerkennen. «Wir sind dankbar für die Unterstützung – doch das ist kein Kredit, und wir lassen das nicht zu», sagte er Journalisten in Kiew. 

Der Präsident bestätigte dabei den Erhalt eines neuen Entwurfs für ein Rohstoffabkommen aus Washington. Er unterscheide sich «komplett vom vorherigen Rahmenabkommen», sagte er. Es seien nun Punkte enthalten, die in den vorherigen Verhandlungen bereits verworfen worden seien. Selenskyj betonte, die Ukraine werde nichts unterzeichnen, was ihren EU-Beitrittsprozess störe. 

In den Medien wurde zuvor über ein 58-seitiges Dokument berichtet. Dieses soll laut Angaben vollständig zugunsten der USA verfasst sein und Washington die Kontrolle über zukünftige Investitionen in die ukrainische Infrastruktur und den Abbau von Rohstoffen geben. Ende Februar platzte die Unterzeichnung des Rahmenabkommens nach einem öffentlichen Streit im Weißen Haus zwischen Selenskyj und US-Präsident Trump.

Die USA waren unter Trumps Vorgänger Joe Biden einer der Hauptunterstützer der Ukraine. Trumps Linie unterscheidet sich dramatisch von der bisherigen. So hatte er kurz nach seinem Amtsantritt im Januar Hilfen für die von Russland angegriffene Ukraine an den Zugang zu deren Vorrat an seltenen Erden geknüpft. Die Ausbeutung der Rohstoffe gilt als strategisch bedeutsam und wirtschaftlich lukrativ. Ein großer Teil der Ressourcen liegt auch in den von Russland besetzten ukrainischen Gebieten.

Kiew verspottet Putin: Besser Russland unter UN-Verwaltung

Für seinen Vorschlag einer vorübergehenden UN-Verwaltung für das von ihm mit einem Krieg überzogene Land erntete Kremlchef Putin in der Ukraine nur Spott. «Gegenvorschlag: eine zeitweilige UN-Verwaltung in Russland, beginnend in Workuta», sagte der Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, Heorhij Tychyj, in einer Mitteilung auf X. Dazu veröffentlichte er ein Foto – mutmaßlich von der nordrussischen Stadt – mit einer schlammigen Straße und baufälligen Holzhäusern, wie es sie in vielen Orten in Russland gibt.

«Es scheint, dass die Ortsansässigen sehr profitieren würden von irgendeiner anderen Verwaltung als der Putins, der Milliarden Dollar für seinen kriminellen Krieg gegen die Ukraine ausgibt», sagte Tychyj weiter.

https://x.com/SpoxUkraineMFA/status/1905621751901417524

Der russische Präsident hatte vorgeschlagen, die von seinen Truppen angegriffene Ukraine unter Verwaltung der Vereinten Nationen zu stellen und dort Neuwahlen abzuhalten. Ziel seines Vorschlags seien demokratische Wahlen, bei denen eine handlungsfähige Regierung an die Macht komme, mit der dann über Frieden verhandelt werden könne, sagte Putin im Gespräch mit Matrosen des Atom-U-Boots «Archangelsk». 

Es wird jedoch in der Ukraine befürchtet, dass Moskau die Wahlen im teilweise von Russland besetzten Nachbarland manipulieren und eine regierungstreue Marionettenregierung an die Macht bringen könnte.

UN-Generalsekretär António Guterres lehnt die von Putin vorgeschlagenen Wahlen in der Ukraine unter Aufsicht der Vereinten Nationen ab. «Die Ukraine hat eine legitime Regierung, und das muss natürlich respektiert werden», sagte Guterres in New York auf eine Frage zu seiner Position bezüglich Putins Vorstoß. Die Ukraine betont, dass wegen des geltenden Kriegsrechts in dem Land derzeit keine Wahlen abgehalten werden.

dpa