Außenministerin Baerbock trifft in Kiew Präsident Selenskyj, der ihr für die deutsche Hilfe dankt. Zugleich verweist er auf Nordkoreas Soldaten – und kritisiert die internationale Gemeinschaft.
Selenskyj dankt Baerbock für Hilfe – Augenmerk auf Nordkorea
Bei einem Treffen in Kiew hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei Bundesaußenministerin Annalena Baerbock für die deutsche Unterstützung im Krieg gegen den Angreifer Russland gedankt. Die Ukraine sei Deutschland, der Bundesregierung und dem Kanzler sowie der Bevölkerung dankbar für die militärische und finanzielle Hilfe, sagte Selenskyj in der ukrainischen Hauptstadt. Baerbock sagte, ihr inzwischen achter Besuch sei auch vor dem Hintergrund der US-Präsidentenwahl und der Lage im Nahen Osten nötig, um zu zeigen, dass die Aufmerksamkeit für die Ukraine nicht schwinde.
Am Dienstag treten bei der Präsidentschaftswahl in den USA Donald Trump und Kamala Harris als Kandidaten gegeneinander an. Ihre Signale an die Ukraine im Wahlkampf waren sehr unterschiedlich. Harris versprach den ukrainischen Verteidigern weitere Kriegsunterstützung, während Trump behauptete, den russischen Angriffskrieg in 24 Stunden beenden zu können. In Kiew und Brüssel besteht die Befürchtung, dass er die Ukraine durch einen Stopp der Militärhilfe zu Verhandlungen mit Russland zwingen könnte.
Laut Selenskyj konzentrierten sich die Gespräche mit Baerbock auf die Situation in Europa und in der Ukraine. Es wurde diskutiert, wie Druck auf Russland ausgeübt werden könnte, um den Frieden zu fördern. Einzelheiten wurden nicht genannt.
Baerbock führte am Montag mehrere Gespräche in der Ukraine. Deutschland hat dem Land vor dem dritten Kriegswinter und angesichts anhaltender russischer Angriffe auf die Infrastruktur zusätzliche Winterhilfe von 200 Millionen Euro zugesichert.
Andrij Sybiha, der ukrainische Kollege von Baerbock, lobte, dass Deutschland in schwierigen Zeiten eine unerschütterliche Führung bei der Unterstützung seines Landes zeige. «Wir sprachen über weitere Unterstützung im militärischen und Energiebereich, Investitionen in der Verteidigungsindustrie der Ukraine und über Wege, die Drohnenproduktion auszuweiten», schrieb er nach dem Treffen mit der Grünen-Politikerin im Kurznachrichtendienst X.
Selenskyj: 11.000 Nordkoreaner im russischen Gebiet Kursk
In seiner abendlichen Videobotschaft kritisierte Selenskyj einmal mehr, dass er eine angemessene Reaktion der westlichen Partner auf die Verlegung nordkoreanischer Soldaten nach Russland vermisse. Im russischen Grenzgebiet Kursk sind seinen Angaben nach bereits 11.000 nordkoreanische Soldaten eingetroffen, das US-Verteidigungsministerium schätzt die Zahl auf 10.000 Mann. «Wir sehen eine Zunahme der Nordkoreaner, aber wir sehen keine Zunahme der Reaktion unserer Partner, leider», sagte Selenskyj.
Die Regierung in Kiew befürchtet, dass die Soldaten bald auf ukrainischem Staatsgebiet eingesetzt werden könnten und Nordkorea somit einen Verstoß gegen UN-Sanktionen in Kauf nimmt. Aus deutscher und westlicher Sicht würde dies zu einer massiven Eskalation des Konflikts führen.
Kremlchef Putin empfängt erneut Nordkoreas Außenministerin
Der Präsident Russlands, Wladimir Putin, hat Nordkoreas Außenministerin Choe Son Hui erneut im Kreml empfangen. Die Inhalte des Gesprächs wurden nicht bekannt gegeben. Es ist jedoch klar, dass Nordkorea Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützt. Choe war zuletzt im Januar im Kreml zu Besuch und erklärte am Freitag bei einem Treffen mit ihrem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow, dass Nordkorea Russland im Krieg bis zum Sieg beistehen werde.
Das Land, das international weitgehend isoliert ist, gerät auch wegen Waffenlieferungen an Russland in die Kritik. Im Sommer unterzeichnete Putin bei einem Besuch in Nordkorea mit Machthaber Kim Jong Un einen Vertrag über eine strategische Partnerschaft beider Länder, der auch gegenseitigen militärischen Beistand vorsieht. Putin erklärte kürzlich, dass die genaue Ausgestaltung des entsprechenden Artikels noch geklärt werden müsse.
Kiew: Verhandlungen mit Moskau über Vermittler
Der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, äußerte sich indes zu Medienberichten, nach denen Moskau und Kiew angeblich darüber verhandeln wollten, gegenseitig auf Angriffe auf Energieinfrastruktur zu verzichten. Es gebe keine solchen Gespräche zwischen beiden Seiten, sagte Jermak in einem Interview des Senders «1+1». Auch Russland hatte das dementiert. Es gebe lediglich die von Kiew organisierten Videokonferenzen zum Punkt Energiesicherheit, der in der 2022 von Selenskyj vorgestellten «Friedensformel» aufgeführt ist, sagte Jermak.
Zugleich räumte Selenskyjs Kanzleichef ein, dass Kiew bereit sei, über Mittelsmänner eine Vereinbarung mit Moskau zu treffen. «Wenn heute Katar oder ein anderes Land bereit ist, diese Vereinbarungen über gesonderte Verträge mit der Ukraine und Russland zu implementieren: Bitte sehr.» Es gebe zum jetzigen Zeitpunkt aber keinerlei Vereinbarungen. «Die Ukraine führt keinerlei Verhandlungen mit Russland», unterstrich Jermak.
Früher gab es Vereinbarungen zwischen den Kriegsparteien, die durch die Vermittlung der Türkei zustande kamen, als es um den Schiffstransport von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer ging. Das Getreideabkommen platzte später, da Moskau keinen Nutzen mehr darin sah.