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Selenskyj: Eine Million Drohnen für Streitkräfte gebaut

Die Ukraine gleicht die personelle und materielle Unterlegenheit gegen die feindliche Armee mit Technologie aus. Eine Million Drohnen bringen russische Soldaten in Gefahr.

Eine mit Sprengstoff beladene ukrainische Kampfdrohne startet zum Einsatz. (Archivbild)
Foto: ---/Ukrinform/dpa

Die ukrainische Rüstungsindustrie hat offiziellen Angaben zufolge bereits eine Million Drohnen in verschiedenen Ausführungen für die Streitkräfte gebaut und ausgeliefert. «Und das ist nur das, was der Staat tut», sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Neben den staatlich finanzierten Aufträgen steuern auch der Privatsektor und ausländische Verbündete Drohnen für den Krieg gegen Angreifer Russland bei. Rüstungsminister Olexander Kamyschin berichtete Selenskyj vor dessen Videoansprache bei einer Sitzung der obersten Armeeführung über den aktuellen Stand der Drohnenproduktion.

In Anbetracht der veränderten Kriegsführung hat die Ukraine schnell auf die Verwendung von Drohnen als neues Kampfmittel umgeschwenkt. Die unbemannten Fluggeräte sind nicht nur relativ einfach und schnell herzustellen, sie können auch ohne großes Risiko eingesetzt werden, da Soldaten nicht ihr eigenes Leben riskieren müssen.

Aufklärungsflüge und ferngesteuerte Schnellboote

Die ukrainische Rüstungsindustrie und der Privatsektor liefern seit Monaten verstärkt Drohnen an die Front, von der einfachen Videodrohne für Aufklärungsflüge über Kampfdrohnen bis hin zur Kamikaze-Drohne mit hoher Reichweite, die gegen Ziele tief im russischen Hinterland eingesetzt werden kann. Auch ferngesteuerte See-Drohnen, mit Sprengstoff beladene Schnellboote, gehören zum ukrainischen Arsenal.

Das ukrainische Militär ergänzt seine traditionellen Waffensysteme wie Artillerie, Infanterie und Kampfflugzeuge mit der relativ neuen Waffengattung Drohnen. Seit einigen Monaten unterstützen spezielle Drohnen-Einheiten die Einsätze der Truppen an der Front. Auch die russischen Streitkräfte setzen in großem Umfang auf Drohnen in ihrem Angriffskrieg.

Selenskyj sprach allen Beteiligten seinen Dank dafür aus, dass sie die ukrainische Armee technologisch auf dem neuesten Stand hielten. Der Dank gelte «allen ukrainischen Herstellern, dem öffentlichen Sektor und allen Partnern, die in die Produktion von Drohnen in der Ukraine investieren». Die Produktion werde weiter ausgebaut.

Die ukrainischen Streitkräfte erhalten auch Drohnen von ausländischen Partnern. Litauen wird in den nächsten Tagen 1.000 Kampfdrohnen an die Ukraine liefern, wie das Verteidigungsministerium in Vilnius mitteilte. Die Regierung des Baltenstaats hat bei lokalen Herstellern für acht Millionen Euro mehr als 7.000 Kampfdrohnen bestellt. Davon sind gut 2.300 für die eigene Armee und knapp 5.000 für die Streitkräfte der Ukraine bestimmt. Nach der ersten Charge sollen die restlichen Flugroboter bis Ende dieses Jahres ausgeliefert werden.

Das russische Militär hat am Abend den Einflug eines ukrainischen Drohnenschwarms in der Region Brjansk im Südwesten des Landes gemeldet. Laut der Staatsagentur Tass, die sich auf das Verteidigungsministerium beruft, wurden 16 Drohnen von der Flugabwehr abgeschossen. Es wurden keine weiteren Angaben gemacht, beispielsweise zum Ziel der Drohnen oder zur Anzahl der nicht abgeschossenen Fluggeräte.

Das ukrainische Militär hat am späten Abend den Einflug eines russischen Schwarms von Kamikaze-Drohnen gemeldet, die die Stadt Herson im Süden des Landes überquert und ihren Flug in nordwestlicher Richtung fortgesetzt haben.

Beratungen über Nordkoreas Rolle

Bei der Sitzung der obersten Militärführung ging es nach Selenskyjs Worten um die aktuelle Lage an den Fronten und Berichte der Geheimdienste über die Absichten des russischen Militärs für den Herbst und den Winter. Erneut sei auch über den Einsatz nordkoreanischer Soldaten in den Reihen der russischen Truppen und «die tatsächliche Verwicklung Nordkoreas in den Krieg» gesprochen worden.

Derweil setzen die russischen Streitkräfte die ukrainische Armee an verschiedenen Fronten weiter schwer unter Druck. «Aktive Operationen finden jetzt auf der gesamten Länge der Frontlinie statt, aber die Kämpfe sind besonders heftig in den Richtungen Pokrowsk und Kurachowe», teilte Selenskyj auf der Plattform X mit.

Zudem stürmten russische Truppen bereits seit Tagen gegen die ukrainischen Stellungen in der westrussischen Region Kursk an. «Die Jungs halten durch und führen Gegenangriffe», berichtete der Präsident. Die ukrainische Armee war im Sommer bei einem Überraschungsangriff tief ins russische Grenzgebiet vorgedrungen.

Ukrainische Militärs haben kürzlich angedeutet, dass die Situation an den Frontabschnitten bei Kursk schwierig geworden ist. Laut dem ukrainischen Oberkommandeur Olexander Syrskyj hat Russland mittlerweile fast 50.000 Soldaten von den Frontlinien im Süden der Ukraine abgezogen und für Gegenangriffe nach Kursk verlegt.

Der Kommandeur der russischen Speznas-Einheit «Achmat» verbreitete unterdessen Erfolgsmeldungen. Er behauptete, es sei gelungen, knapp die Hälfte der von der Ukraine eroberten Gebiete bei Kursk wieder unter russische Kontrolle zu bringen. Weder die russischen noch die ukrainischen Angaben ließen sich unabhängig überprüfen.

Russland wettert gegen Übungsmanöver der Nato

Unterdessen läuft das jährliche Manöver der Nato zur simulierten Verteidigung des Bündnisgebiets mit Atomwaffen weiter. An der zweiwöchigen Übung «Steadfast Noon» beteiligen sich rund 2.000 Militärs von acht Luftwaffenstützpunkten. Auch mehr als 60 Flugzeuge sind Teil des Trainings – darunter moderne Kampfjets, die in Europa stationierte US-Atombomben transportieren können, sowie Langstreckenbomber, Überwachungs- und Tankflugzeuge.

Die russische Führung kritisierte das Manöver als unnötige Provokation. «Vor dem Hintergrund des heißen Krieges, der im Ukraine-Konflikt geführt wird, führen solche Übungen nur zu einer weiteren Eskalation der Spannungen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Russland hält selbst immer wieder Manöver seiner Atomstreitkräfte ab, hat sie im Konflikt um die Ukraine in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt und wiederholt mit einem Einsatz der Raketen gedroht.

dpa