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Selenskyj fordert Europa zu mehr Energie-Unabhängigkeit von Russland auf

Europa soll mit Amerika und anderen Regionen zusammenarbeiten, um die notwendige Energie zu importieren und sich von Russland zu lösen.

Selenskyj empfiehlt Europa Energie-Unabhängigkeit vom Russland. (Archivbild)
Foto: Markku Ulander/Lehtikuva/dpa

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Europa dazu aufgefordert, sich anlässlich der Abkopplung der baltischen Staaten vom russischen Stromnetz noch unabhängiger von Russland zu machen. «Moskau wird nicht mehr in der Lage sein, Energie als Waffe gegen die baltischen Staaten einzusetzen», sagte er in seiner abendlichen Videoansprache zu dem Schritt Estlands, Lettlands und Litauens. Europa sei nun enger zusammengewachsen.

«Das ist der Weg, den wir alle in Europa gehen müssen – wir alle auf dem Kontinent», sagte Selenskyj weiter. Das gelte vor allem für die Länder Mitteleuropas, die noch Verträge mit Russland haben. «Wir müssen mehr mit Amerika zusammenarbeiten – LNG-Gas, Öl, wir müssen mehr mit unseren Partnern in den Nachbarländern der Europäischen Union, in dieser Region, zusammenarbeiten, um die notwendige Energie zu importieren.» 

Nachdem sie sich vom russischen Energiesystem abgekoppelt hatten, haben Estland, Lettland und Litauen ihre Stromnetze in das europäische System integriert. Am Sonntagnachmittag wurden die drei baltischen EU- und Nato-Länder über die Stromleitung LitPol Link mit Polen und dem kontinentaleuropäischen Netz verbunden. Zuvor hatten die drei Staaten ihre Stromimporte aus Russland eingestellt, als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine. Sie waren jedoch immer noch Teil eines gemeinsamen Netzes aus Sowjetzeiten mit Russland und Belarus.

Naher Osten und Nordafrika als Alternative?

Als Alternative zu Russland als Energielieferant empfahl Selenskyj die Länder im Kaukasus, im Nahen Osten und Nordafrika. «Je weniger die Europäer von Russland abhängig sind, desto eher können wir verlässliche Sicherheit für alle in Europa garantieren.» Die Ukraine hatte zu Jahresbeginn den Erdgas-Transit aus Russland nach Europa abgeschaltet.

Gemeinsam mit der EU müsse auch Druck auf die Versuche Russlands ausgeübt werden, seine Tanker und Flotte «gegen uns, gegen ganz Europa einzusetzen». Die Ukraine habe den Sanktionsdruck auch auf die Kapitäne der Schiffe der russischen Schattenflotte ausgeweitet. «Dies sollte auf europäischer Ebene unterstützt werden – die Europäische Union sollte sich diesen Sanktionen im Energiesektor anschließen», forderte Selenskyj.

Verletzte bei russischen Angriffen

Die Ukraine setzt sich weiterhin gegen russische Angriffe zur Wehr. Laut dem Fernsehsender Suspilne verletzte eine Drohne vom Typ Shahed am späten Sonntagabend eine Frau in Sumy im Nordosten des Landes. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht. Außerdem wurden durch den Angriff mehrstöckige Wohnhäuser und Autos beschädigt.

Es gab mindestens sechs Verletzte durch Beschuss im Norden der Region Donezk, wie der von Kiew eingesetzte Militärgouverneur der Region, Wadym Filaschkin, auf Telegram mitteilte. Vier Menschen wurden in der Stadt Kostjantyniwka bei Luftangriffen verletzt, in Kramatorsk waren es zwei. Bürgermeister Vitali Klitschko teilte auf Telegram mit, dass es in Kiew aufgrund herabfallender Drohnenteile zu einem Feuer in einem Gebäude gekommen sei.

Ukraine führt «Drohnen-Linie» ein

Die ukrainischen Streitkräfte starten ein neues Projekt unter der Bezeichnung «Drohnen-Linie» zur Verstärkung der Kampfeinheiten in den vordersten Frontlinien. Verteidigungsminister Rustem Umerow erklärte auf Facebook, dass damit ein neuer Standard der Kriegsführung eingeführt werde, indem unbemannte Systeme zu einem Schlüsselelement von Kampfeinsätzen werden. Sie sollen dem Militär helfen, die schwierigsten Aufgaben zu erfüllen.

«Infanterie und die Drohnen werden zu einem einzigen Angriffssystem kombiniert», schrieb Umerow. Aufgabe werde sein, eine 10 bis 15 Kilometer tiefe «Kill-Zone» zu schaffen, in der sich russische Truppen nicht ohne Verluste bewegen könnten. «Dies wird die Taktik des Kampfes dramatisch verändern und unseren Soldaten einen entscheidenden Vorteil verschaffen», sagte er zu dem angestrebten Drohnen-Schutzschild.

Neben unbemannten Flugzeugen verschiedenster Bauart, die schon seit längerem im Einsatz sind, hat die Ukraine auch unbemannte Bodensysteme entwickelt.

Mögliches Kriegsende schon 2025 

Ein Ende des Krieges in der Ukraine noch in diesem Jahr wäre nach Meinung von Präsident Selenskyj «unter gewissen Voraussetzungen» durchaus möglich. Dazu gehörten unter anderem Sicherheitsgarantien für die Ukraine und stärkere Sanktionen gegen Russland, erklärte Selenskyj in einem Interview des britischen Senders ITV News, das in Auszügen von ukrainischen Medien verbreitet wurde. «Wir haben uns eigentlich jedes Jahr gewünscht, dass unsere westlichen Partner die Kraft finden, (Kremlchef Wladimir) Putin zu zwingen, den Krieg zu beenden.»

Selenskyj zählt vor allem auf die Hilfe von US-Präsident Donald Trump. «Meiner Meinung nach will Trump ein schnelles Ende des Krieges», sagte Selenskyj. Trump sei zwar mächtig, doch müssten die USA im Bündnis mit den Europäern entschlossen handeln. Selenskyj ging davon aus, eines Tages wieder die ukrainische Flagge über der Krim und dem Donbass zu sehen. Allerdings sollten die zurzeit von Russland besetzten Regionen «mit diplomatischen Mitteln» unter ukrainische Kontrolle zurückkehren.

dpa