Ukrainischer Präsident will Marschflugkörper – auch Bodentruppen als Abschreckung gegen Russland im Gespräch. USA gefordert.
Selenskyj hofft auf Taurus-Lieferung aus Deutschland
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft weiter auf die Lieferung von weitreichenden deutschen Marschflugkörpern vom Typ Taurus. «Wir werden daran arbeiten», antwortete Selenskyj auf die Frage, ob er erwarte, dass Friedrich Merz als Kanzler schnell entscheiden werde. Man führe dazu Gespräche, sagte Selenskyj am Dienstag bei einem Treffen mit der geschäftsführenden Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Kiew.
Zu Details wolle er sich aber nicht äußern, bevor Merz das Amt übernommen habe, fügte Selenskyj hinzu. Auf Nachfrage, ob es seine Hoffnung sei, dass Merz sich zu einer Lieferung von Taurus entschließe, sagte er: «Ja, natürlich.» Es sei sogar «ein klein wenig mehr als Hoffnung».
Selenskyj bedankte sich erneut auf der Plattform X bei Deutschland für die bisherige Milliardenhilfe für die Ukraine.
Merz hatte Ende Februar die Frage offen gelassen, ob die Bundesregierung unter seiner Führung den durchschlagskräftigen Taurus-Marschflugkörper liefern würde. «Ob es dann der Taurus ist oder ein anderes System, das muss man sehen und im Kreise der europäischen Verbündeten abstimmen», so Merz. Zugleich warnte er damals, dass Deutschland keine Kriegspartei werden dürfe.
Baerbock brach nach ihrem Abschiedsbesuch in Kiew am Abend nach Moldau auf. Der armen Ex-Sowjetrepublik sagte sie vor den dortigen Parlamentswahlen im Herbst europäische und deutsche Unterstützung gegen Einflussversuche des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu. Mit Desinformation, Fake-News-Kampagnen und Stimmenkauf werde Putin «erneut versuchen, Demokratie und Freiheit in Moldau zu untergraben», kritisierte die Grünen-Politikerin. Das Land ist zwischen proeuropäischen und prorussischen Kräften gespalten. Wie die Ukraine ist Moldau seit 2022 EU-Beitrittskandidat.
Selenskyj kündigt Militärtreffen in der Ukraine an
Die Ukraine hofft weiterhin darauf, dass europäische Bodentruppen als Abschreckung für Russland stationiert werden. An diesem Freitag führen führende westliche Militärs in dem Land Gespräche darüber, wie Selenskyj sagte. Es handelt sich um einen engen Kreis von Ländern, die bereit sind, Kontingente zu stationieren. Selenskyj hatte bereits am vergangenen Freitag ein Treffen auf Ebene der Generalstabschefs Frankreichs, Großbritanniens und der Ukraine angekündigt, jedoch ohne einen Termin zu nennen.
Zuvor hatten sich in der so bezeichneten «Koalition der Willigen» vor allem Paris und London zur Entsendung von Truppen in die Ukraine bereiterklärt, um dort einen möglichen künftigen Waffenstillstand zu überwachen. Russland lehnt eine Stationierung von Truppen aus Nato-Staaten in der Ukraine kategorisch ab und warnt vor einer Eskalation in dem Konflikt. Deutschland ist gegen eine Entsendung von Truppen in die Ukraine.
Selenskyj: Gespräche über Kontingente und Sicherheit
Selenskyj sprach jedoch auch in seiner abendlichen Videobotschaft in Kiew von Plänen für eine neue Sicherheitsarchitektur bei dem Treffen am Freitag. Es werde nun ein gemeinsames Konzept für die Frage der Kontingente erörtert.
Die USA haben bisher das Thema einer möglichen Stationierung ihrer Truppen in der Ukraine nach dem Ende des Krieges bei Gesprächen nicht offiziell von der Tagesordnung genommen.
In Washington wird diese Woche laut CNN ein Kreml-Berater erwartet. Es wäre der erste Besuch eines hochrangigen Vertreters Russlands seit Beginn des Einmarschs in der Ukraine. Kirill Dmitrijew, Chef des staatlichen russischen Investitionsfonds, soll sich laut CNN unter anderem mit dem Trump-Beauftragten Steve Witkoff treffen.
Selenskyj fordert von USA neue Sanktionen gegen Russland
Bei seinem Treffen mit Baerbock warf Selenskyj Russland erneut Verstöße gegen eine vereinbarte Waffenruhe für den Energiesektor vor. Von den USA erwarte er eine «ernsthafte Demonstration von Sanktionsschritten», sagte er.
Die Ukraine übermittle nahezu täglich Informationen zu Verstößen Russlands an die USA, sagte Selenskyj. Dabei habe sich das Land verpflichtet, «nicht mit Raketen auf Energieanlagen» zu schießen.
Moskau: Kiews Verstöße bei USA und UN angezeigt
Moskau betont erneut, dass es sich an die Vereinbarung hält. Die russische Führung beschuldigt Kiew, weiterhin russische Energieinfrastruktur zu bombardieren. Laut dem russischen Außenminister Sergej Lawrow übergab Russland eine Liste mit Verstößen der Ukraine gegen die vereinbarte Pause bei Angriffen auf Energieanlagen an die USA und die Vereinten Nationen.
US-Präsident Trump und Kremlchef Wladimir Putin hatten am 18. März bei einem Telefongespräch vereinbart, dass Russland keine ukrainischen Energieanlagen mehr angreift. Putin ließ mitteilen, dass ein noch in der Nacht damals erteilter Befehl weiter in Kraft sei.
Eine von den USA vorgeschlagene Waffenruhe zu Wasser, zu Lande und in der Luft, die auch von der Ukraine unterstützt wird, wurde von Russland jedoch abgelehnt. Putin fordert zunächst eine Lösung der grundlegenden Ursachen für den Krieg, wie beispielsweise den Verzicht der Ukraine auf einen NATO-Beitritt. Seit mehr als drei Jahren wehrt sich die Ukraine mit westlicher Militärhilfe gegen den russischen Angriffskrieg.