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Selenskyj fordert Kraftakt für den Frieden

Die Ukraine steht an der Front unter Druck. Präsident Selenskyj hofft trotzdem auf einen «gerechten Frieden» und schwört seine Landsleute auf einen Kraftakt im Herbst ein.

Die Ukrainer sind im Osten des Landes, wie hier in Wuhledar, schwer unter Druck (Archivbild)
Foto: Evgeniy Maloletka/AP/dpa

 

Kiew (dpa) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach seiner Rückkehr aus den USA von seinen Landsleuten die Mobilisierung aller Kräfte zur Erreichung eines aus Kiewer Sicht gerechten Friedens gefordert. «Alles, was in diesem Herbst getan werden kann, alles, was wir erreichen können, müssen wir auch erreichen», sagte er in seiner abendlichen Videoansprache. Es gelte, den Druck auf Russland maximal zu erhöhen, um die Beendigung des Kriegs zu erzwingen. 

Dazu sollen militärische und diplomatische Anstrengungen gebündelt werden. Es gehe darum, die in den USA getroffenen Vereinbarungen umzusetzen. «Jetzt ist es nötig, maximal zu arbeiten vor Ramstein», sagte Selenskyj. Am 12. Oktober ist ein großes Treffen der Ukraine-Unterstützergruppe im rheinland-pfälzischen Ramstein geplant. Unter anderem wird dort US-Präsident Joe Biden erwartet.

Keine Erlaubnis für Einsatz weitreichender Waffen 

Kiew hofft auf weitere Unterstützung seiner Partner, auch wenn Selenskyj die Zustimmung zu einer der ukrainischen Hauptforderungen, der Freigabe weitreichender Waffen für Schläge gegen Militärobjekte tief auf russischem Territorium, bei seiner US-Reise nicht erreicht hat. Für die Verwirklichung des von ihm Siegesplan genannten Konzepts erwarte er von den Partnern «konkrete Dinge», sagte der ukrainische Staatschef dazu.

Der ehemalige US-Sonderbeauftragte für die Ukraine, Kurt Walker, bezeichnete die US-Reise Selenskyjs daher als nicht besonders erfolgreich. Er sagte in einem Interview des russischsprachigen Dienstes der Deutschen Welle, dass der Ukrainer mitten in den Wahlkampf eingetreten sei. Allerdings schloss Walker nicht aus, dass das Verbot für Kiew, Waffen einzusetzen, noch vor den US-Wahlen aufgehoben werden könnte.

Lage an der Front extrem schwer

Selenskyj berichtete auch über ein Gespräch mit dem Oberbefehlshaber der ukrainischen Truppen, Olexander Syrskyj, und dem Generalstabschef Anatolij Barhylewytsch. Die Lage sei «sehr schwierig», räumte der Staatschef ein. Einzelheiten nannte er nicht. Es ist aber bekannt, dass Kiews Truppen seit Monaten im Osten unter Druck stehen. So rückt Moskau im Gebiet Donezk auf die drei Städte Pokrowsk, Kurachowe und Wuhledar vor.

Laut dem Generalstab in Kiew gab es heute rund 160 Gefechte entlang der Front. Etwa 70 davon fanden vor den drei genannten Städten statt. Obwohl das Militär in seinem offiziellen Bericht hohe Verluste auf russischer Seite meldet, sind russische Einheiten laut ukrainischen Militärexperten bereits von Süden und Westen in die Stadt Wuhledar eingedrungen. Die Stadt galt lange Zeit als uneinnehmbare Bastion, aber zuletzt konnten die Russen die Verteidigungsstellungen umgehen.

Ukraine verärgert über Schweizer Position zu Friedensplan

Die Ukraine hat ihren Unmut über die Schweizer Unterstützung für einen von China und Brasilien vorgelegten Friedensplan für ein Ende des russisch-ukrainischen Krieges geäußert. «Alle Initiativen, die keinen eindeutigen Verweis auf die UN-Charta enthalten und nicht die vollständige Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine garantieren, sind inakzeptabel», schrieb das Außenministerium in Kiew in einem Kommentar. Derartige «Friedensinitiativen» seien nur dazu da, um eine Illusion von Dialog zu erzeugen. Kiew zeigte sich ebenso verärgert darüber, dass ohne die Ukraine über die Ukraine geredet werde. 

Die Schweiz nahm vergangene Woche als Beobachterin an einem Treffen teil, das von Brasilien und China am Rande der UN-Generalversammlung organisiert wurde. Laut Medienberichten wurde dabei ein sechs Punkte umfassender Plan präsentiert, um das seit 2022 andauernde Kriegsende zu erreichen. Der Kern des Plans soll ein Waffenstillstand entlang der aktuellen Frontlinie sein, ähnlich wie im Koreakrieg.

Nicolas Bideau, Sprecher des Schweizer Außenministeriums, betonte, dass alle Friedenspläne es verdient haben, geprüft zu werden, wenn sie auf dem Völkerrecht, der UN-Charta und den Prinzipien der territorialen Integrität und Souveränität basieren. Dies wird auch in der Abschlusserklärung der Ukraine-Friedenskonferenz festgehalten, die die Schweiz Mitte Juni am Bürgenstock am Vierwaldstättersee ausgerichtet hatte.

Selenskyj fordert Mobilisierung für gerechten Frieden, [Ukraine bündelt militärische und diplomatische Anstrengungen für Frieden, hofft auf Partnerunterstützung trotz fehlender Zustimmung zu Waffenfreigabe].

dpa