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Selenskyj fordert europäische Streitkräfte und Nato-Mitgliedschaft

Europa muss selbst handeln angesichts russischer Bedrohung und schwächerem US-Engagement. Eine geeinte Stimme ist entscheidend für Europas Stärke.

Münchner Sicherheitskonferenz
Foto: Sven Hoppe/dpa

Wolodymyr Selenskyj, der ukrainische Präsident, hat die europäischen Staaten in einem dringlichen Appell dazu aufgefordert, Einigkeit und Stärke gegenüber Russland zu zeigen und auch mit der neuen US-Regierung zusammenzuarbeiten. Insbesondere hat er auf der Münchener Sicherheitskonferenz gemeinsame europäische Streitkräfte gefordert. Trotz gegenteiliger Äußerungen von US-Präsident Donald Trump hat Selenskyj den Wunsch und die Forderung nach einer Nato-Mitgliedschaft für die Ukraine bekräftigt: „Er werde dies nicht vom Verhandlungstisch nehmen.“

Europa müsse seine Zukunft selbst gestalten angesichts der russischen Bedrohung und des schwächer werdenden US-Engagements, sagte Selenskyj. «Europa braucht seine eigenen Streitkräfte.» Diese sollten aber die Nato nicht ersetzen, fügte er gerichtet an seinen «guten Freund» Nato-Generalsekretär Mark Rutte hinzu. Es gehe darum, den europäischen Sicherheitsbeitrag dem amerikanischen gleichzusetzen. Selenskyj fügte hinzu: «Wir brauchen Vertrauen in uns selbst, damit andere keine andere Wahl haben, als die Stärke Europas zu respektieren.»

«Europa braucht geeinte Stimme»

Europa müsse zudem stark sein, weil nicht klar sei, ob die USA es nur als Absatzmarkt oder auch als Bündnispartner brauchten. «Präsident Trump mag keine schwachen Freunde. Er respektiert Stärke.» Manche in Europa seien vielleicht frustriert mit der EU in Brüssel. «Aber lassen sie uns ganz deutlich sein: Wenn es nicht Brüssel ist, dann ist es Moskau», warnte er. Selenskyj mahnte: «Europa braucht eine geeinte Stimme und nicht ein Dutzend unterschiedliche Stimmen.» Und er warnte: «Moskau wird Europa auseinanderreißen, wenn wir als Europäer einander nicht vertrauen.»

Es ist dennoch wichtig, enge Beziehungen zu den Vereinigten Staaten zu pflegen – jedoch als Europäer gemeinsam, nicht nur als einzelne Nationen. Daher ist eine vereinte und koordinierte Außenpolitik erforderlich.

Selenskyj betonte, US-Vizepräsident J.D. Vance habe am Vortag klargestellt, dass Jahrzehnte der alten Beziehung zwischen Europa und Amerika zu Ende gingen. «Von nun an werden die Dinge anders sein, und Europa muss sich darauf einstellen.» US-Präsident Donald Trump wolle den Beitrag der USA zur Verteidigung Europas herunterschrauben.

Selenskyj forderte für eventuelle Verhandlungen über eine Friedenslösung für die Ukraine eine Einbeziehung der europäischen Staaten, nicht nur Russlands und der USA. «Keine Entscheidungen über die Ukraine ohne die Ukraine, keine Entscheidungen über Europa ohne Europa», betonte er. «Sie müssen einen Platz am Verhandlungstisch haben, wenn Entscheidungen über Europa getroffen werden.»

Warnung vor weiteren Konfrontationen

Selenskyj warnte in München auch vor militärischen Vorbereitungen Russlands auf mögliche weitere Konfrontationen. Die Ukraine habe nachrichtendienstliche Erkenntnisse, dass die Führung in Moskau Soldaten in diesem Sommer in das verbündete Belarus verlegen wolle, sagte Selenskyj. Er wies auch auf die weitere Aufrüstung der russischen Streitkräfte sowie die Rekrutierung zusätzlicher Soldaten hin.

Es werde erwartet, dass der Truppenaufmarsch in Belarus als Militärübung deklariert werde. Ähnlich sei auch die Invasion der Ukraine vor drei Jahren vorbereitet worden. Es sei unklar, gegen wen sich ein solcher Truppenaufmarsch richten könnte. Es gebe keine Anzeichen aus Moskau für einen Frieden.

«Belarus grenzt an drei Nato-Staaten. Es ist zu einem Standbein für russische Militäroperationen geworden», sagte Selenskyj. Er nannte weitreichende russische Raketensysteme und eine Stationierung von Atomwaffen in dem Land. Selenskyj rief die westlichen Partner seines Landes auf, sich mit der Frage zu befassen, was vor einer nächsten möglichen Attacke zu tun sei.

Empfiehlt Kritikern im Inland einen Wechsel der Staatsbürgerschaft

Selenskyj betonte die Wichtigkeit der Einheit in seinem Land. Es gehe um das Überleben des ukrainischen Staates und den Schutz der Bevölkerung. «Wenn das jemand nicht mag, dann kann er die Staatsbürgerschaft wechseln», empfahl er seinen Kritikern. 

Seit Beginn des Krieges gilt das Kriegsrecht in der Ukraine und Männer im wehrpflichtigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren können das Land nur in Ausnahmefällen verlassen. Dies betrifft auch Doppelstaatsbürger. Eine Entlassung aus der ukrainischen Staatsbürgerschaft ist ein langwieriger Prozess, der zudem die Zustimmung des Präsidenten erfordert. Laut Daten des ukrainischen Migrationsdienstes hat Selenskyj seit 2022 nur 40 Ukrainern die Staatsbürgerschaft ablegen lassen.

Seit fast drei Jahren wehrt sich die Ukraine mit Hilfe des Westens gegen eine russische Invasion.

dpa