Der ukrainische Präsident Selenskyj wünscht sich eine starke Flugabwehr für sein Land, wie sie Israel hat. Dabei richten sich seine Hoffnungen vor allem auf ein Treffen nächste Woche in Ramstein.
Selenskyj fordert Koalition für Ukraine wie im Fall Israel
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat angesichts der schwierigen militärischen Lage im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg vom Westen eine entschlossenere Hilfe wie im Fall Israels gefordert. «Jedes Mal im Nahen Osten während der brutalen iranischen Angriffe sehen wir die Zusammenarbeit der internationalen Koalition», sagte Selenskyj in seiner in Kiew veröffentlichten abendlichen Videoansprache. Er dankte allen Staaten, die dabei helfen, die ukrainische Flugabwehr zu stärken. Aber es sei mehr möglich.
«Und wir können eine noch größere Wirksamkeit erreichen. Wir können dem russischen Terror ein Ende setzen, indem wir Shahed-Drohnen abschießen, indem wir in Zusammenarbeit Raketen abschießen», sagte Selenskyj mit Blick auf russische Angriffe auch nahe der Grenze von Nato-Mitglied Rumänien. Dort hätten die russischen Drohnen zivile Infrastruktur, einen Fährhafen, Lastwagen und eine Lagerhalle mit Getreide im Visier gehabt.
Es sei nötig, die Partner im Westen von jenen Schritten zu überzeugen, die die militärische Lage radikal und strategisch ändern können. Dafür brauche es Waffen mit großer Reichweite, sagte Selenskyj. Er fordert bereits seit Monaten vom Westen die Freigabe der Waffen für Angriffe auf Ziele weit im russischen Hinterland, um Moskau in dem Krieg zu schwächen. «Wir brauchen wirklich diese Entschlossenheit von unseren Partnern», betonte er.
Verletzte nach Bombentreffer in Wohnviertel in Charkiw
Währenddessen wurden bei einem neuen russischen Bombenangriff auf das Wohnviertel Saltiwka im Norden der ostukrainischen Großstadt Charkiw mindestens zehn Menschen verletzt, darunter ein drei Jahre altes Kind. Die Bombe traf ein fünfstöckiges Wohngebäude, wie der ukrainische Rettungsdienst in der Nacht per Telegramm mitteilte. Laut den Angaben wurden die Fassade und mehrere Wohnungen in den oberen Stockwerken schwer beschädigt, wodurch ein Brand ausbrach. Ebenso gerieten mehrere Autos in Brand.
Am Abend veröffentlichte Selenskyj ein Video des Vorfalls im sozialen Netzwerk X, in dem unter anderem schwere Zerstörungen und ein brennendes Auto zu sehen waren.
Rettungskräfte seien im Einsatz, um nach möglichen weiteren Betroffenen zu suchen, hieß es. «Damit solche russischen Angriffe aufhören, muss die Ukraine die erforderliche und vor allem ausreichende Unterstützung aus der Welt, von Partnern, erhalten», sagte Selenskyj. Die Staatenführer wüssten genau, was zu tun ist und müssten noch entschlossener handeln, meinte er.
Selenskyj: Schwierige Lage im Gebiet Donezk
Nach Diskussionen mit dem Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Olexander Syrskyj, gab der Präsident erneut zu, dass die Lage besonders im Gebiet Donezk schwierig sei für das Militär. Zuvor hatte die ukrainische Armee den Verlust der strategisch wichtigen und seit langem umkämpften Stadt Wuhledar bestätigt.
Der Präsident betonte in Kiew, dass momentan auf allen Ebenen und in jedem Bereich Maßnahmen ergriffen werden, um in diesem Herbst noch optimale Ergebnisse zu erzielen. Am 12. Oktober ist ein großes Treffen der Ukraine-Unterstützergruppe in Ramstein in Rheinland-Pfalz geplant. Selenskyj möchte dort darlegen, welche Möglichkeiten noch bestehen. Des Weiteren gab er bekannt, dass es personelle Veränderungen beim Auslandsgeheimdienst geben wird, um diesen weiter zu stärken.
Selenskyj trifft erneut USAID-Chefin
Selenskyj traf erneut in Kiew auf Samantha Power, die Leiterin der Behörde für internationale Entwicklung USAID, mit der er erst Ende September in den USA Gespräche über den Wiederaufbau des Landes geführt hatte. Bei dem aktuellen Treffen ging es um die Stärkung des Energiesystems der Ukraine und den Bau von Schutzbunkern für Schulkinder, wie er auch im sozialen Netzwerk X mitteilte.
Viele Kinder erhalten aufgrund der russischen Bombardierungen Unterricht in unterirdischen Schulräumen. Die Ukraine benötigt nach eigenen Angaben insbesondere Unterstützung bei der Reparatur der durch russische Angriffe zerstörten Energieinfrastruktur, um sich auf den Winter vorzubereiten.
«Wir wissen die gesamte Unterstützung der Vereinigten Staaten für die Ukraine – militärisch, politisch, wirtschaftlich und humanitär – sehr zu schätzen», sagte Selenskyj bei dem Treffen mit Power. «Gemeinsam verteidigen wir nicht nur die Ukraine, sondern jede Nation, die in Freiheit, Demokratie und Frieden leben möchte.»
Selenskyj: Waffenproduktion wächst beachtlich
Nach einem Treffen mit Spitzenvertretern von Rüstungskonzernen in Kiew kündigte Selenskyj weitere Kooperationen mit den Unternehmen zur Stärkung des ukrainischen Verteidigungssektors an. Schon seit Beginn der russischen Invasion vor mehr als zweieinhalb Jahren habe die Waffenproduktion ein beachtliches Wachstum gezeigt, sagte er.
«Wir brauchen ausländisches Fachwissen, Zugang zu Lieferketten und Technologie, um dieses Wachstum fortzusetzen», sagte Selenskyj. Er hatte immer wieder angekündigt, das Land zu einem der führenden Waffenproduzenten der Welt machen zu wollen. Dagegen hat Russland das Kriegsziel genannt, das in die Nato strebende Nachbarland auch «entmilitarisieren» zu wollen.
Laut Selenskyj waren Delegierte aus über 30 Ländern und fast 300 Unternehmen nach Kiew gereist, um am zweiten internationalen Forum der Verteidigungsindustrie teilzunehmen. Die Ukraine hatte in letzter Zeit insbesondere ihre Drohnenproduktion erheblich ausgeweitet, um auch Ziele auf russischem Staatsgebiet zu erreichen. Dabei wurden wiederholt große russische Munitions- und Treibstofflager zerstört.
[Selenskyj fordert entschlossenere Hilfe vom Westen im Kampf gegen russischen Angriffskrieg],Er betonte die Notwendigkeit von Waffen mit großer Reichweite und rief zu einer radikalen Veränderung der militärischen Lage auf.