Selenskyj sieht Nato-Mitgliedschaft als mögliche Lösung für Kriegsende. Starke Sicherheitsgarantien und Waffenpakete nötig, um Putin zu stoppen.
Ukraine: Selenskyj bringt Nato-Mitgliedschaft ins Spiel
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in einem Podcast ein Denkmodell für ein mögliches Kriegsende ins Spiel gebracht: Eine sofortige Nato-Mitgliedschaft seines Landes im Tausch für die Aufgabe der von Russland besetzten Gebiete in der Ostukraine. «Unser Land wird dem jedoch nur zustimmen können, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind», sagte Selenskyj in einem Gespräch mit dem US-Podcaster Lex Fridman.
«Rechtlich gesehen ergeht eine Einladung der Nato an die Ukraine, und wir erkennen nicht alle anderen ukrainischen Gebiete an, aber die Nato kann in dem Teil operieren, der unter ukrainischer Kontrolle steht – darauf kann man sich einigen», beschrieb Selenskyj ein mögliches Szenario. Dies sei aber nur möglich, wenn die Ukraine einen diplomatischen Weg zur Beendigung des Krieges sehe, präzisierte er.
Um zu einem Frieden zu kommen, müsse die Ukraine neben der Nato-Mitgliedschaft als weitere Sicherheitsgarantie starke Waffenpakete von den USA und der EU erhalten. «Denn ohne Sicherheitsgarantien kommt (Kremlchef Wladimir) Putin wieder», sagte Selenskyj. Und um einen möglichen Frieden oder einen Waffenstillstand weiter zu festigen, wären weitere Sanktionen gegen Russland nötig, um zu verhindern, dass Putin seine Kriegskasse weiter mit Einnahmen aus dem Verkauf von Erdöl und Erdgas fülle.
Letzten Endes müsse der designierte US-Präsident Donald Trump den russischen Präsidenten zu einem Waffenstillstand bewegen. Dann aber wären starke Sicherheitsgarantien nötig. «Denn ein Waffenstillstand ohne Garantien ist wie ein Freibrief für Putin», warnte Selenskyj. Er sah Trump vor einer schwierigen Aufgabe. «Aber wartet nicht darauf, dass Putin von sich aus den Krieg beenden will.»
Lex Fridman stammt aus der Ukraine und ist jüdischer Abstammung. Er wuchs in Moskau auf, bevor seine Familie in den 1990er Jahren in die USA umzog. Er arbeitet als Informatiker und Podcaster. Zu seinen Gästen zählten unter anderem Trump, der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der argentinische Staatschef Javier Milei.
Schwere Kämpfe in der Region Kursk
Nach einem überraschenden Gegenangriff ukrainischer Einheiten in der russischen Region Kursk lieferten sich die verfeindeten Seiten bis zum späten Abend schwere Kämpfe. Der Generalstab in Kiew meldete in seinem abendlichen Lagebericht insgesamt 42 einzelne bewaffnete Zusammenstöße in der westrussischen Region. «Zwölf Gefechte dauern zur Stunde noch an», hieß es.
«Die Russen in der Region Kursk machen sich große Sorgen, weil sie aus mehreren Richtungen angegriffen wurden und dies für sie überraschend kam», kommentierte der Generalstab in Kiew die jüngsten Entwicklungen. Russische Medien berichteten am Abend lediglich über abgewehrte Drohnenangriffe bei Kursk. Über Verluste, Erfolge oder veränderte Frontlagen machten die beiden Seiten keine Angaben.
Ukrainische Truppen drangen im vergangenen Sommer überraschend über die Grenze in Richtung der westrussischen Stadt Kursk vor und erzielten dabei bedeutende Geländegewinne. Russland mobilisierte später etwa 50.000 Soldaten, darunter etwa 10.000 Kämpfer aus Nordkorea, für eine Gegenoffensive. Bis zum erneuten Vorstoß der Ukrainer hatte die russische Armee fast die Hälfte des besetzten Gebiets in langwierigen und intensiven Kämpfen zurückerobert.
Syrskyj: Drohnen werden immer wichtiger
Drohnen werden nach den Worten des ukrainischen Oberbefehlshabers Olexander Syrskyj immer mehr zu einem unverzichtbaren Teil der modernen Kriegsführung. «Ich beobachte auch die Dynamik bei der Steigerung der Wirksamkeit und Überlebensfähigkeit unserer unbemannten Systeme», schrieb Syrskyj auf Telegram nach einem Treffen mit den Befehlshabern der ukrainischen Drohnen-Einheiten.
Im vergangenen Dezember hätten die Soldaten der Drohnen-Einheiten allein 54.000 russische Ziele bekämpft. Fast die Hälfte davon waren Einsätze von sogenannten Kamikaze-Drohnen.
Nach Syrskyjs Worten sollten weitere ukrainische Einheiten mit Drohnen-Verbänden verstärkt werden. «Wir sind dabei, das Konzept einer separaten Brigade und ihrer typischen Struktur fertig zu stellen, und wir sind auf der Zielgeraden», kündigte Syrskyj eine separate Drohnen-Brigade an.
Ukraine setzt verstärkt auf Drohnen
Die ukrainische Militärführung hatte bereits im Jahr 2023 beschlossen, verstärkt auf Drohnen im Kampf gegen die russischen Streitkräfte zu setzen. Im Oktober des Vorjahres wurde die Fertigstellung und Auslieferung von einer Million unbemannten Flugkörpern in verschiedenen Ausführungen an die Armee gemeldet. Die unbemannten Fluggeräte sind nicht nur vergleichsweise einfach und schnell herzustellen, sondern können auch ohne großes Risiko eingesetzt werden, da Soldaten nicht ihr eigenes Leben riskieren müssen. Die Ukraine verteidigt sich seit knapp drei Jahren gegen den russischen Angriffskrieg.