Ein Gesetz, das die Unabhängigkeit von Antikorruptionsbehörden beschränkt, hat in der Ukraine den größten Protest seit Kriegsbeginn ausgelöst. Präsident Selenskyj spricht darüber mit Kanzler Merz.
Selenskyj spricht mit Merz nach Protest gegen neues Gesetz
Laut eigenen Angaben hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach Protesten gegen ein umstrittenes Gesetz zur Arbeit der Antikorruptionsbehörden ein neues Regelwerk fertiggestellt und auch Kanzler Friedrich Merz (CDU) darüber informiert.
Auf der Plattform X wurde mitgeteilt, dass es einen Entwurf des Gesetzes gibt, das die Unabhängigkeit und Wirksamkeit der Antikorruptionsbehörden in der Ukraine sichern soll. Das Gesetz muss vom Parlament verabschiedet werden. Präsident Selenskyj plant, es noch heute dort einzureichen. Nach den größten Protesten seit Kriegsbeginn gegen ein von ihm am Dienstag unterzeichnetes Gesetz, das die Behörden der Generalstaatsanwaltschaft unterstellte, lenkte er ein.
«Wir waren uns alle einig, dass es keine Einmischung oder Einflussnahme Russlands auf die Funktionsweise unserer Antikorruptionsinfrastruktur geben darf», teilte Selenskyj nach einem Treffen mit den Behördenvertretern mit. Zugleich sagte er, er habe «Deutschland eingeladen, sich an der Begutachtung des Gesetzentwurfs durch Experten zu beteiligen. Friedrich hat mir seine Bereitschaft zur Unterstützung zugesichert.»
Selenskyj hatte zuvor angekündigt, dass das neue Gesetz alle Bedenken der Demonstranten berücksichtigen werde. Er nannte jedoch keine Details.
Telefonat mit britischem Premier
Auch der britische Premierminister Keir Starmer telefonierte dazu mit dem ukrainischen Präsidenten, wie die Downing Street mitteilte. Starmer habe dabei auch die «unerschütterliche Unterstützung Großbritanniens für die Ukraine» bekräftigt. Selenskyj schrieb in einem X-Beitrag, sie hätten ein «sehr gutes und substanzielles Gespräch» geführt. Dabei habe er Starmer auch über das geplante Regelwerk informiert.
Am Dienstag wurden in Kiew im Eiltempo Gesetze verabschiedet, die das 2015 gegründete Nationale Antikorruptionsbüro (NABU) und die Spezialisierte Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP) größtenteils der Generalstaatsanwaltschaft unterstellen. In mehreren großen Städten protestierten spontan Tausende, vor allem junge Menschen, gegen die Novelle und forderten ein Veto des Präsidenten. Dieser unterzeichnete das Gesetz noch am Abend, und es trat nach der Veröffentlichung sofort in Kraft.
Nach der prowestlichen Revolution in der Ukraine 2014 wurde mit Unterstützung der USA und der EU ein System von Instituten etabliert, das hauptsächlich darauf abzielte, die Korruption bei führenden Politikern und in der Verwaltung zu bekämpfen. Trotzdem zählt das osteuropäische Land laut der Nichtregierungsorganisation Transparency International zu den korruptesten Staaten Europas.