US-Präsident Trump will nach dem Treffen mit Putin mit dem ukrainischen Staatschef Selenskyj über einen Weg zum Frieden sprechen. Der Gast aus Kiew bringt Verstärkung aus Europa – mit einem Ziel.
Selenskyj und Europäer bei Trump: Frieden für die Ukraine?

US-Präsident Donald Trump ist nach seinem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin in Alaska zur Freude Russlands abgerückt von der ultimativen Forderung nach einem Waffenstillstand. Nun will er den ganz großen Wurf landen und im Sinne Putins gleich ein Friedensabkommen für die Ukraine aushandeln. Dazu trifft er am Montag im Weißen Haus den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der viel Verstärkung aus Europa mitbringt – darunter Kanzler Friedrich Merz (CDU), EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Nato-Generalsekretär Mark Rutte. Fragen und Antworten zu dem womöglich entscheidenden Treffen:
Was hat Trump vor?
Der US-Präsident plant, Putin und Selenskyj direkt an einen Tisch zu bringen. Trumps Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten könnte – wenn es gut verläuft – der entscheidende Zwischenschritt dahin sein. Das Ziel ist es, ein Ende des russischen Angriffskrieges zu erreichen, das Töten zu beenden. Er sieht sich in der Rolle des Vermittlers, will Friedensstifter sein. Der Republikaner hatte im Wahlkampf immer wieder gesagt, er sei in der Lage sei, den Krieg zu beenden.
Und dann gibt es noch Trump, den Geschäftsmann. Der Republikaner betont immer wieder, dass er außenpolitische Beziehungen vor allem dann als erfolgreich ansieht, wenn sie wirtschaftliche Vorteile für die USA bringen. Wenn Russland seinen Krieg beendet, könnten möglicherweise Sanktionen aufgehoben werden und die USA könnten wieder mehr Geschäfte mit der Rohstoffgroßmacht tätigen.
Was wird im Weißen Haus besprochen?
Vor dem Alaska-Gipfel mit Putin forderte Trump sofortige Waffenruhe. Diese war von Selenskyj und den europäischen Verbündeten lange Zeit als Voraussetzung für weitere Verhandlungen festgelegt worden. Nach dem Gespräch mit Putin änderte der US-Präsident jedoch deutlich seine Rhetorik. Er spricht nun von einem Friedensabkommen ohne den Zwischenschritt einer Waffenruhe. Möglicherweise wird er Selenskyj zu Zugeständnissen drängen wollen.
Bei dem Treffen am Montag wird ein entscheidendes Thema die Frage von Gebietsabtretungen sein, die Selenskyjs bisher stets kategorisch abgelehnt hatte. Er warnte davor, Russland im Krieg etwas zu schenken und dadurch den Nachbarn zu weiteren Aggressionen zu ermutigen. Russland besteht jedoch darauf, dass die Ukraine Gebietsverluste anerkennt.
Selenskyj und die Europäer streben hauptsächlich danach, den Druck der Sanktionen gegen Russland aufrechtzuerhalten und Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu erhalten – mit Beteiligung der USA, um sie vor zukünftigen Angriffen zu schützen. Allerdings soll es nicht um einen Nato-Beitritt der Ukraine gehen.
Selenskyj in Washington: Gibt es da nicht eine Vorgeschichte?
Ja. Der Besuch von Selenskyj Ende Februar endete im Desaster. Nachdem Trump und sein Vize JD Vance ihn öffentlich gerügt hatten, verließ er Washington vorzeitig. Dabei wurde dem Ukrainer auch vorgeworfen, nicht kompromissbereit genug im Streben nach Frieden in seinem Land zu sein.
Ein besonderes Augenmerk lag zuletzt auf Selenskyjs Outfit: Er erschien wie gewohnt in einem schlichten Pullover – ein Symbol seiner Rolle als Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, was jedoch auf US-Seite als respektlos kritisiert wurde. Nach dem Eklat gab es zwar eine Annäherung, aber Selenskyj war seitdem nicht im Weißen Haus.
Kann Selenskyj einen Eklat dieses Mal verhindern?
Ein großer Unterschied zum Februar: Diesmal wird Selenskyj nicht nur mit seiner ukrainischen Delegation nach Washington reisen. Er wird Unterstützung aus Europa mitbringen. Allein ihre Anwesenheit dürfte die Dynamik des Treffens mit Trump verändern und ein möglicherweise aufgeheiztes Gesprächsklima etwas abkühlen.
Der Fortschritt hängt jedoch weiterhin auch von Selenskyjs Auftreten ab – und davon, ob er bereit ist, Zugeständnisse zu machen. Spätestens der Alaska-Gipfel zeigte, dass der US-Präsident Putin, den Chef einer Atommacht, als gleichwertig betrachtet. Der Ukrainer hingegen wird als Bittsteller angesehen, der auf die Unterstützung der Amerikaner angewiesen ist.
Trump wird wahrscheinlich wenig Geduld haben mit einem ukrainischen Gesprächspartner, der auf Maximalforderungen beharrt und Russland mit westlicher Hilfe besiegen will. Selenskyj steht also vor einer schwierigen Aufgabe: Er muss die Interessen der Ukraine vertreten und gleichzeitig Trump das Gefühl geben, dass seine Vermittlungsbemühungen ernst genommen werden. Wenn Selenskyj öffentlich auf Gebiete verzichtet, riskiert er nach dem langen und verlustreichen Krieg seinen Posten im Land.
Welche Sicherheitsgarantien könnten der Ukraine gegeben werden?
Eine der Hauptforderungen Kiews und der Europäer für eine Nachkriegsordnung ist die Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Es ist noch unklar, wie diese aussehen sollen, aber sowohl Trump als auch Putin haben bereits über solche Garantien für die Ukraine gesprochen.
Giorgia Meloni, die italienische Ministerpräsidentin, schlug vor, eine Variante einer kollektiven Sicherheitsklausel für die Ukraine ähnlich wie Artikel 5 des Nato-Vertrags einzuführen – ohne jedoch die Ukraine als Mitglied der Nato zu betrachten. Eine alternative Option wären bilaterale Sicherheitszusagen einzelner Staaten.
Die Europäer legen Wert darauf, dass die USA bei den Sicherheitsgarantien beteiligt sind. Sie möchten auch die ukrainischen Streitkräfte uneingeschränkt aufrüsten und finanziell unterstützen können. Einseitige Sicherheitszusagen Russlands für die Ukraine wären für sie nicht ausreichend. Der Westen betrachtet Russland als vertrauensunwürdig.
Warum pochen Selenskyj und die Europäer auf einen Dreier-Gipfel?
Selenskyj hat lange darauf bestanden, sich persönlich – und in Anwesenheit von Trump – mit Putin zu treffen, um über einen Frieden zu sprechen. Der Kremlchef betont zwar immer wieder, dass er dazu bereit ist. Allerdings müssten seiner Meinung nach vorab die Grundzüge einer Konfliktlösung – wie beispielsweise Gebietsabtretungen – feststehen. Putin zeigt jedoch kein Interesse an einem Treffen, zweifelt immer wieder an Selenskyjs Befugnissen, da das Land im Krieg keine Wahlen abhält. Obwohl Selenskyjs reguläre Amtszeit im vergangenen Jahr abgelaufen ist, wurden seine Befugnisse durch das Kriegsrecht verlängert.
Es war von Anfang an wichtig für Deutschland und die Europäer, dass keine Entscheidungen über die Köpfe der Ukrainer hinweg bei den Friedensverhandlungen getroffen werden dürfen.
Triumphiert Putin?
Absolut. Trump hat ihm in den USA, den viele Russen als Hauptverursacher des Konflikts sehen, den roten Teppich ausgerollt und ihm applaudiert – und Putin nach langer Isolation im Westen auf die Weltbühne zurückgeholt. Als größter Erfolg für den Kreml gilt jedoch das Zugeständnis Trumps, nun zuerst über einen Frieden zu reden – und so dann den Waffenstillstand zu erreichen. Damit gewinnt Putin Zeit auf dem Schlachtfeld.
Moskau strebt also ein Friedensabkommen an – mit Beseitigung der Grundursachen des Konflikts, wie der Kreml sie sieht. So fordert Russland etwa einen Verzicht der Ukraine auf einen Nato-Beitritt und die Wahrung der Rechte der russischsprachigen Bevölkerung sowie ein Ende des Verbots der russisch-orthodoxen Kirche.
Die gewünschten Inhalte einer potenziellen Friedensvereinbarung aus russischer Sicht sind seit langem bekannt. Demnach soll sich die Ukraine aus den bisher nicht vollständig von Moskau kontrollierten Gebieten Donezk und Luhansk zurückziehen – im Austausch für ein Ende der Kampfhandlungen. Die Ukraine soll auch die bereits 2014 von Moskau annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisch anerkennen.