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Bidens Demokraten verlieren Mehrheit im Repräsentantenhaus

Bei den US-Zwischenwahlen lief es für die Demokraten von Präsident Biden besser als erwartet. Die Kontrolle über eine der beiden Kammern im Kongress verlieren sie trotzdem.

Die Demokraten haben ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren.
Foto: Gemunu Amarasinghe/AP/dpa

Nach dem Verlust der demokratischen Mehrheit im Repräsentantenhaus hat US-Präsident Joe Biden eine unbequeme zweite Hälfte seiner Amtszeit vor sich. Die Republikaner errangen eine knappe Mehrheit in der Kongresskammer, wie US-Fernsehsender und die Nachrichtenagentur AP in der Nacht zum Donnerstag auf Basis ausgezählter Stimmen und Prognosen meldeten.

Nur Stunden danach kündigten die Republikaner an, ihre neue Macht für parlamentarische Untersuchungen gegen Biden zu nutzen – wie vor der Wahl angedroht. Außerdem können sie in den kommenden zwei Jahren nach Belieben Gesetzesinitiativen aus dem Weißen Haus blockieren.

Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, kündigte an, die Führung der Demokraten in der Kongresskammer abzugeben. «Für mich ist es an der Zeit, dass eine neue Generation die Demokratische Fraktion führt, die ich so sehr respektiere», sagte die 82-Jährige zu Beginn einer Parlamentssitzung in Washington. Die Abgeordneten der Demokraten müssen nun einen neuen Fraktionsvorsitzenden bestimmen, der sie künftig als Minderheit in der Parlamentskammer anführt. Pelosi wird weiter Abgeordnete bleiben.

Bidens Demokraten hatten bei den Zwischenwahlen in der vergangenen Woche insgesamt deutlich besser abgeschnitten als zuvor erwartet. In mehreren politisch wichtigen Rennen setzten sich Demokraten gegen radikale republikanische Kandidaten durch, die Ex-Präsident Donald Trump unterstützt hatte. Den Demokraten gelang es so, die Kontrolle im Senat zu verteidigen – und wegen einer noch offenen Stichwahl um einen Senatssitz im Bundesstaat Georgia haben sie sogar die Chance, ihre bislang hauchdünne Mehrheit in der Kammer auszubauen.

Knapper Vorsprung

Auch im Repräsentantenhaus fuhren die Republikaner statt eines erhofften überwältigenden Sieges nur eine ganz knappe Mehrheit ein. Vorerst kamen sie dort auf die nötige Zahl von 218 Sitzen. Es sind aber nur noch sieben Rennen in der Kammer offen. Die Demokraten liegen momentan bei 210 Sitzen. Der knappe Vorsprung wird es für den bisherigen republikanischen Minderheitsführer Kevin McCarthy schwieriger machen, die eigenen Reihen zusammenzuhalten. Dafür braucht er die Stimmen sowohl gemäßigter Republikaner als auch rechter Trump-Getreuer.

Biden betonte in einem Glückwunsch-Schreiben an McCarthy, er sei bereit, mit den Republikanern im Repräsentantenhaus zu kooperieren, «um Ergebnisse für arbeitende Familien zu erreichen».

Republikaner kündigen Untersuchungen gegen Biden an

Die Republikaner reagierten dagegen mit einer Kampfansage an Biden und stellten umgehend Pläne für parlamentarische Untersuchungen gegen den Präsidenten vor. Republikanische Abgeordnete behaupteten am Donnerstag, mit Bidens Wissen und seiner Beteiligung habe sich seine Familie durch fragwürdige internationale Geschäfte bereichert. Joe Biden habe angegeben, nichts von diesen Geschäften gewusst zu haben, sagte der Abgeordnete James Comer. Das sei gelogen.

Die Geschäfte seien meist von Bidens Sohn Hunter geführt worden, unter anderem in China, sagte Comer. Whistleblowern zufolge sei Joe Biden aber eingebunden gewesen. «Dies ist eine Untersuchung gegen Joe Biden», betonte er. Es gehe um die Frage, ob der Präsident durch ausländisches Geld kompromittiert sei und ob er eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstelle. «Diese Untersuchung wird höchste Priorität haben.» Man werde sich bei den Nachforschungen auch um eine Aussage von Hunter und anderen Familienmitgliedern bemühen.

Hunter Biden im Visier von Steuerfahndern

Die Auslandsgeschäfte von Bidens Sohn Hunter hatten bereits in der Vergangenheit für Schlagzeilen gesorgt und den Republikanern Anlass für politische Angriffe auf Joe Biden gegeben. Hunter Biden geriet in den vergangenen Jahren in das Visier von Steuerfahndern: Untersucht wurde laut US-Medien, ob er und seine Partner bei Auslandsgeschäften vor allem in China gegen Steuer- und Geldwäschegesetze verstoßen hätten.

Auch Geschäfte in der Ukraine warfen Fragen auf: Hunter Biden hatte zwischen 2014 und 2019 einen lukrativen Posten im Aufsichtsrat des ukrainischen Gaskonzerns Burisma inne, während Joe Biden als US-Vizepräsident federführend für die Ukraine zuständig war. Die Republikaner nehmen nun aber den Präsidenten selbst ins Visier.

Auch zu anderen Themen haben sie mit parlamentarischen Untersuchungen gedroht: etwa zur Migrationspolitik der Biden-Regierung oder zum Vorgehen des Justizministeriums gegen Ex-Präsident Trump. Sie könnten womöglich auch Amtsenthebungsverfahren gegen Mitglieder des Kabinetts anstrengen. Mit alldem können sie Biden und seiner Regierung in den kommenden zwei Jahren das Leben schwer machen.

Repräsentantenhaus für Haushaltsfragen wichtig

Mit ihrer neuen Stärke im Repräsentantenhaus können die Republikaner in Zukunft auch Gesetzesvorhaben nach Belieben blockieren. Denn in den Gesetzgebungsprozess sind beide Kongresskammern eingebunden. Gerade in Haushaltsfragen kommt dem Repräsentantenhaus besonderes Gewicht zu.

Die Republikaner haben damit gedroht, eine Anhebung der Schuldenobergrenze oder Finanzhilfen für die Ukraine zu blockieren. Beobachter sehen das lediglich als Mittel, um den Demokraten an anderer Stelle ein Entgegenkommen abzutrotzen. Es dürfte für Biden aber schwieriger werden, selbst solche Vorhaben durchzusetzen, die üblicherweise parteiübergreifend beschlossen werden.

Allerdings hat Biden durch den Sieg seiner Demokraten im Senat weiter die Möglichkeit, Nominierungen voranzutreiben. Wichtige Personalien auf Bundesebene – etwa Botschafter, Kabinettsmitglieder oder Bundesrichter – müssen dort bestätigt werden. Außerdem können die Demokraten im Senat ihrerseits Gesetzesinitiativen stoppen, die die Republikaner im Repräsentantenhaus auf den Weg bringen.

dpa