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«Shutdown» in den USA: Wie geht es nun weiter?

Erstmals seit Jahren rutschen die Vereinigten Staaten wieder in einen «Shutdown». Das politische Gezerre um den Bundeshaushalt erreicht damit eine neue Stufe. Und jetzt?

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Die Fronten zwischen Republikanern und Demokraten im Kongress sind verhärtet. (Archivbild)
Foto: Rahmat Gul/AP/dpa

Bis kurz vor Ende der Frist stritten Demokraten und Republikaner über einen Übergangshaushalt, am Ende konnten sie sich nicht zusammenraffen: Die USA sind erstmals seit Jahren wieder in einen «Shutdown» geraten – also einen teilweisen Stillstand der Regierungsgeschäfte. Die Positionen der beiden Parteien waren zu weit voneinander entfernt, weswegen ohnehin kaum damit gerechnet wurde, dass in den letzten Stunden vor dem Ende des Fiskaljahres zumindest eine Übergangslösung gefunden würde. 

Welche Folgen hat der «Shutdown»? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Was ist in der Nacht passiert?

Das amerikanische Parlament – der Kongress – erreicht häufig erst im letzten Moment eine Einigung über einen Entwurf und bewegt sich oft von einem Übergangshaushalt zum nächsten. Daher gab es bis zuletzt die Hoffnung, dass Republikaner und Demokraten möglicherweise doch noch eine Brückenfinanzierung vereinbaren würden. Aber das ist nicht geschehen.

Im Senat der USA wurde am Dienstagabend (Ortszeit) ein letztes Mal vor Ablauf der Frist um einen Übergangshaushalt gerungen. Ein Gesetzentwurf der Republikaner erhielt 55 von 100 Stimmen in der Kongresskammer – erforderlich wären 60 gewesen. Die Partei von US-Präsident Donald Trump hat nur eine knappe Mehrheit im Senat und ist daher auf die Unterstützung der Demokraten angewiesen. Diese Unterstützung blieb jedoch aus. Zuvor war ein demokratischer Vorschlag gescheitert.

Nach dem Scheitern des Vorstoßes waren keine weiteren Abstimmungen mehr für den Abend vorgesehen – und damit war klar: Der «Shutdown» kommt. Das US-Haushaltsamt (OMB) wies daraufhin betroffene Bundesbehörden an, ihre Pläne für eine «geordnete» Stilllegung der Regierungsgeschäfte umzusetzen. Regierungsmitarbeiter sollten unabhängig davon zu ihrer nächsten regulären Schicht erscheinen.

Was passiert bei einem «Shutdown»?

Falls kein Haushalt oder zumindest ein Übergangsetat verabschiedet wird, wird der Regierung vorerst die Finanzierung entzogen. Dies könnte zu einem Auszahlungsstopp bei den Bundesausgaben in der US-Verwaltung führen und den Weiterbetrieb vieler Behörden und Ämter gefährden.

Nicht systemrelevante Institutionen müssen schließen oder ihre Mitarbeiter in Zwangsurlaub schicken. Viele Regierungsmitarbeiter werden vorübergehend kein Gehalt erhalten, das jedoch später rückwirkend ausgezahlt wird. Wie viele Amerikaner leben auch sie von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck und haben keine großen Ersparnisse. Eine Nachzahlung ist für Subunternehmer, die im Auftrag der Regierung tätig sind, nicht sicher.

Mitarbeiter und Einsatzkräfte in wichtigen Bereichen wie dem Militär, Notfalldienste, die Grenzsicherung oder die Luftsicherung arbeiten während eines «Shutdowns» dagegen zunächst unbezahlt weiter – das Gehalt wird in der Regel nachträglich gezahlt. Kongressmitglieder – und auch der US-Präsident – bekommen weiterhin ihr reguläres Gehalt. 

Was war der Knackpunkt, an dem die Verhandlung scheiterten?

Die Verabschiedung des Haushalts führt in den USA regelmäßig zu hitzigen politischen Auseinandersetzungen, bei denen verschiedene Themen diskutiert werden. Dieses Mal liegt der Fokus besonders auf der Gesundheitspolitik. Die Demokraten fordern unter anderem die Aufhebung der Kürzungen im staatlichen Vorsorgeprogramm Medicaid für einkommensschwache Menschen. Diese Kürzungen waren Teil von Trumps umfangreichem Steuergesetz – und die Republikaner zögern, diese so schnell wieder rückgängig zu machen.

Sie versuchen, den Konflikt auf das Thema Migration zu lenken und behaupten – laut Faktenchecks mehrerer US-Medien ohne Grundlage -, die Demokraten wollten Bundesmittel für die Gesundheitsversorgung von Menschen ohne gültige Papiere einplanen. Die Demokraten weisen das entschieden zurück und betonen, es fließe kein einziger Dollar an diese Personen. Aus ihrer Sicht seien es vielmehr die Republikaner, die mit falschen Behauptungen einen «Shutdown» in Kauf nähmen. 

Wie geht es jetzt weiter?

Es ist unklar, wie lange die USA im «Shutdown»-Modus bleiben – der Kongress muss zu einer Einigung kommen, doch die Fronten scheinen verhärtet. Der bislang längste «Shutdown» in der Geschichte der USA ereignete sich während Trumps erster Amtszeit. Über den Jahreswechsel 2018/2019 kam der Regierungsbetrieb mehr als fünf Wochen lang weitgehend zum Erliegen. 

Der Senat plant heute erneut Abstimmungen. Das Repräsentantenhaus – die andere Kammer des Parlaments – sollte diese Woche eigentlich gar nicht mehr tagen. Dies könnte jedoch aufgrund der Umstände außerplanmäßig geschehen. Ein Gesetzesentwurf muss von beiden Kammern gebilligt werden, bevor er US-Präsident Donald Trump zur Unterzeichnung vorgelegt wird.

Der Chef des US-Haushaltsamts, Russell Vought, teilte mit, weitere Anweisungen würden folgen, sobald Trump ein Gesetz zur Bereitstellung von Mitteln unterzeichnet habe. Vought gilt als ein wichtiger Strippenzieher der Trump-Regierung. Bereits zuvor hatte seine Behörde laut US-Medien angepeilt, im Falle eines «Shutdowns» dauerhafte Entlassungen ins Auge zu fassen. Das knüpft an die Linie der Trump-Regierung an: In den ersten Monaten seiner Amtszeit waren im Zuge umfassender Kürzungen zahlreiche Beamte aus dem Dienst entlassen worden.

Was bedeutet das für die US-Bevölkerung und den Finanzmarkt?

Für die US-Bevölkerung kann ein Stillstand der Regierungsgeschäfte bedeuten, dass Anträge langsamer bearbeitet werden, Menschen auf Steuerbescheide länger warten müssen und Nationalparks schließen. Touristen – auch aus dem Ausland – können ebenfalls betroffen sein: In einem Brief an die Parteispitzen im Kongress warnte der US-Reiseverband vor Flugverspätungen und -annullierungen. Die Kosten dieses «völlig vermeidbaren Schlages» bezifferte er auf eine Milliarde US-Dollar pro Woche.

Auch an den Finanzmärkten kann ein «Shutdown» Unruhe stiften. Berenberg-Ökonom Atakan Bakiskan ging jüngst davon aus, dass das Weiße Haus eine für Arbeitsmarktstatistiken zuständige Behörde als nicht systemrelevant einstuft und diese ihre Tätigkeiten ab Mittwoch niederlegen müsste. Die Beschäftigungszahlen und Verbraucherpreise könnten dann nicht pünktlich veröffentlicht werden und damit auch die Entscheidung der US-Notenbank beeinflussen. Die Federal Reserve (Fed) überprüft auf Basis der Daten den Leitzins und entscheidet über eine weitere mögliche Zinssenkung.

Ist ein «Shutdown» auch in Deutschland möglich?

Wenn in Deutschland zu Beginn eines Haushaltsjahres noch kein Bundeshaushalt steht, kommt die sogenannte vorläufige Haushaltsführung ins Spiel. Sie ist im Grundgesetz festgelegt und soll gewährleisten, dass die Bundesregierung handlungsfähig bleibt. «Sämtliche festgelegte Leistungen, wie beispielsweise die Rente, das Kindergeld oder Bafög, werden weiterhin ausgezahlt», heißt es von der Bundesregierung. Auch bereits zugesagte Finanzierungen wie die Militärhilfe an die Ukraine seien dadurch gesichert. Neue Ausgaben wären indes nur beschränkt möglich – wenn sie «sachlich und zeitlich unabweisbar sind».

dpa