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Furcht vor Eskalation: USA verlegen Militär nach Nahost

Der Iran will den israelischen Vergeltungsschlag nicht einfach so hinnehmen. In Washington nimmt man die Warnung ernst: Die USA schicken zusätzliche Kriegsschiffe und Langstreckenbomber in die Region.

Aus dem Libanon wurden wieder Raketen auf Israel abgefeuert - diesmal auf das Zentrum des Landes. (Symbolbild)
Foto: Leo Correa/AP/dpa

In Anbetracht der wachsenden Spannungen im Nahen Osten verlegen die USA zusätzliche Soldaten und militärisches Gerät in die Region. Das US-Verteidigungsministerium gab bekannt, dass Verteidigungsminister Lloyd Austin die Entsendung weiterer Kriegsschiffe zur Raketenabwehr sowie eines Jagdgeschwaders genehmigt hat. Außerdem werden Tankflugzeuge und mehrere Langstreckenbomber des Typs B-52 in die Region verlegt.

Die Maßnahmen sollen laut Berichten die Sicherheit in der Region stärken und Abschreckung signalisieren, neben der jüngsten Stationierung einer zusätzlichen Batterie des Raketenabwehrsystems THAAD in Israel und der Verstärkung der US-Streitkräfte im östlichen Mittelmeer.

Zuvor hatte der Iran angekündigt, auf den jüngsten Vergeltungsschlag Israels reagieren zu wollen. «Die israelischen Angriffe werden nicht unbeantwortet bleiben», sagte der außenpolitische Berater des obersten Führers Ajatollah Ali Chamenei im Fernsehen. Israel hatte in der vergangenen Woche mehrere Militäranlagen und das Flugabwehrsystem im Iran angegriffen. Damit reagierte es auf eine Attacke des Irans mit rund 200 Raketen Anfang Oktober.

Iran: Könnten auch Atom-Doktrin revidieren

Sollte sich der Iran durch Israel in seiner Existenz bedroht sehen, könnte die Regierung in Teheran auch von ihrer bisherigen Atom-Doktrin abrücken. Technisch sei das Land in der Lage, Atomwaffen herzustellen, sagte Chamenei-Berater Kamal Charrasi dem arabischen Nachrichtensender Al-Majadin wie die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna berichtete. «Das einzige Hindernis ist das religiöse Verbot.» 

Die iranische Regierung hat bisher immer behauptet, dass Atomwaffen keinen Platz in ihrer Verteidigungsstrategie haben und dass das Atomprogramm friedlich und im Einklang mit internationalen Vorschriften ist. Es gibt auch ein religiöses Rechtsgutachten, das sowohl den Bau als auch die Verwendung von Massenvernichtungswaffen verbietet.

Verletzte nach Raketenangriff auf Zentral-Israel

Laut israelischen Militärangaben wurden in der Nacht drei Raketen aus dem Libanon auf das Zentrum Israels abgefeuert. Einige Raketen wurden abgefangen, während ein abgestürztes Geschoss in dem betroffenen Gebiet identifiziert wurde, wie die Streitkräfte berichteten. Zuvor wurde in der Region Luftalarm ausgelöst.

Videos, die den Einschlag einer Rakete in der Ortschaft Tira nordöstlich von Tel Aviv zeigen sollen, wurden in den sozialen Medien geteilt. Der Rettungsdienst teilte mit, dass bei dem Angriff sieben Menschen verletzt wurden.

Erst am Donnerstag wurden bei Raketenangriffen aus dem Libanon im Norden von Israel sieben Menschen getötet. Die mit dem Iran verbündete Schiiten-Miliz Hisbollah beschießt Israel seit Beginn des Gaza-Krieges vor mehr als einem Jahr immer wieder mit Raketen.

Libanon: Dutzende Tote nach israelischen Angriffen 

Laut offiziellen Angaben wurden bei israelischen Angriffen im Osten des Libanons mindestens 52 Menschen getötet. Das Gesundheitsministerium meldete, dass mindestens 72 weitere Personen verletzt wurden. Nach Angaben libanesischer Sicherheitskreise führte das israelische Militär 16 Luftangriffe in verschiedenen Orten im Gouvernement Baalbek-Hermel im Nordosten des Landes durch. Die Hisbollah-Miliz ist in dieser armen Region im Osten besonders stark präsent. In den vergangenen Tagen hatte die israelische Armee dort bereits massive Angriffe durchgeführt.

UN-Organisationen: Bevölkerung Nord-Gazas vom Tode bedroht

Unterdessen verschärft sich die humanitäre Lage über ein Jahr nach Kriegsbeginn im Gazastreifen immer mehr. Besonders dramatisch sei die Lage im Norden des Küstenstreifens, wo israelischen Streitkräfte Anfang Oktober eine neue Bodenoffensive gegen die islamistische Hamas gestartet hatte, teilten die Leiter von 15 UN-Hilfsorganisationen und privaten Gruppen mit. «Die gesamte palästinensische Bevölkerung in Nord-Gaza ist akut vom Tod durch Krankheit, Hunger und Gewalt bedroht», heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. «Die gesamte Region steht am Rande des Abgrunds», warnen die Unterzeichner. Ein dauerhafter Waffenstillstand sei längst überfällig.

Welternährungsprogramm: Können UNRWA nicht ersetzen

Nachdem das UN-Palästinenserhilfswerk in Israel ein Arbeitsverbot erhalten hat, warnte das Welternährungsprogramm (WFP) davor, dass es nicht als Ersatz für UNRWA im Gazastreifen dienen könne. «Wir können die wichtigen Funktionen von UNRWA in Gaza, wie die Verwaltung von Notunterkünften, Schulen und Gesundheitszentren, nicht ersetzen», sagte der Direktor des WFP-Büros für Deutschland, Martin Frick, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) mit Blick auf das UNRWA-Verbot durch Israel.

Das UNRWA sei das Rückgrat der humanitären Hilfe im Gazastreifen und sichere «Ernährung, Schutz und medizinische Versorgung für eine Bevölkerung, die Unmenschliches durchlebt». Israel wirft dem UN-Palästinenserhilfswerk vor, dass einige der Mitarbeiter an Terroraktivitäten vom 7. Oktober 2023 beteiligt gewesen seien. 

Das Massaker, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Palästinenserorganisationen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt hatten, war der Auslöser für den Gaza-Krieg.

Polio-Impfung im Gazastreifen soll weitergehen

Nach einer Unterbrechung wegen heftiger Kämpfe soll heute die zweite Polio-Impfrunde im Norden des Gazastreifens wieder anlaufen. «Uns ist die notwendige humanitäre Pause in der Stadt Gaza zur Durchführung der Kampagne zugesichert worden», schrieb der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, auf X. 

Er bat die Konfliktparteien darum, die Waffenruhen zu achten. Israels Armee hat zunächst nicht kommentiert, ob und in welchem Ausmaß sie einer Unterbrechung der Feindseligkeiten in der Region zugestimmt hat.

dpa