Die Beziehungen zwischen Kiew und Bratislava sind aktuell nicht gerade die besten. Jetzt gießt der slowakische Verteidigungsminister weiteres Öl ins Feuer.
Slowakische Regierung: Ukraine muss Gebiete aufgeben

Die Spannungen zwischen der Slowakei, einem EU-Mitglied, und seinem östlichen Nachbarland Ukraine nehmen weiter zu. Laut dem slowakischen Verteidigungsminister Robert Kalinak gegenüber dem Fernsehsender TA3 muss die Ukraine einen Teil ihres Territoriums aufgeben, um Frieden mit Russland zu erreichen. Dies sei die Realität. Es liegt im Interesse der Slowakei, dass der Krieg in der Ukraine sofort beendet wird und es zu Verhandlungen und einem Waffenstillstand zwischen den Parteien kommt. Eine Reaktion aus Kiew steht noch aus.
Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern waren zuletzt bereits nicht die besten: Die Ukraine hat zu Jahresbeginn den Transit von russischem Gas eingestellt, was die Nato-Land Slowakei vor Herausforderungen stellt. Die Ukraine verzichtet zwar auf die Transitgebühren, die trotz des Krieges weiterhin gezahlt wurden. Ziel ist es jedoch, Russland die Möglichkeit zu nehmen, durch den Gasexport nach Europa Geld für seine Kriegsführung zu verdienen.
Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico drohte am Freitag der Ukraine, dass sein Land möglicherweise die Stromlieferungen stoppen könnte. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj interpretierte diese Drohung von Fico als einen Befehl aus dem Kreml. Fico hatte in der vergangenen Woche den Kremlführer Wladimir Putin in Moskau besucht und wurde deshalb von der EU und der Ukraine scharf kritisiert.
Kalinak sagte dem Sender TA 3 weiter: «Wahrscheinlich ist der Ukraine nicht klar, dass sie nie zwischen Deutschland und der Schweiz liegen wird, sondern immer ihre längste Grenze mit Russland haben wird.» Zwar habe Russland mit seinem Angriff alle Regeln gebrochen und gegen das Völkerrecht verstoßen, daher gebe es keinen Zweifel, wer der Aggressor sei. «Aber wir müssen auch sehen, was in anderen Regionen passiert und ob wir bei anderen Streitigkeiten denselben Maßstab anlegen.»
Fico droht der Ukraine
Der Linkspopulist Fico fällt immer wieder durch öffentliche Kritik an der Ukraine-Politik des Westens auf. Am Sonntag wiederholte Fico seine Drohung gegen die Ukraine in einem Schreiben an die EU-Kommission. Die «stillschweigende Akzeptanz der einseitigen Entscheidung» Selenskyjs, den Transit von russischem Gas zu unterbinden, sei falsch und irrational und werde zu «verstärkten Spannungen und gegenseitigen Maßnahmen» führen, schrieb er. Seiner Einschätzung nach würde die Unterbrechung des Gas-Transports der EU mehr schaden als Russland.
Schwere Kämpfe in der Ukraine und bei Kursk
Die besetzten Teile der westrussischen Region Kursk waren erneut Schauplatz schwerer Gefechte durch ukrainische Truppen. Laut dem Generalstab in Kiew gab es im Tagesverlauf insgesamt 35 russische Angriffe, die massiv von Artillerie unterstützt wurden. Es wurden keine Angaben zum genauen Frontverlauf oder näheren Ortsangaben gemacht.
Ukrainische Truppen hatten dieses Gebiet Russlands im Sommer in einem Überraschungsangriff unter ihre Kontrolle gebracht. Das russische Militär versucht seit Wochen, diese Regionen zurückzuerobern. Von den von Moskau eingesetzten rund 50.000 Soldaten stammen etwa 10.000 Kämpfer aus Nordkorea. Die von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un zur Verfügung gestellten Truppen erlitten zuletzt nach Angaben der ukrainischen Streitkräfte und westlicher Beobachter schwere Verluste.
Auch im Osten der Ukraine gibt es weiterhin heftige Kämpfe. Die Region Pokrowsk am Rande des Donbass war das Ziel der russischen Streitkräfte, die dort heute 26 Mal mit Unterstützung von Artillerie und Kampfflugzeugen gegen die ukrainischen Verteidigungslinien angriffen. Die Angriffe wurden abgewehrt, berichtete die Generalität in Kiew.
Die Berichte aus den Kampfzonen konnten von unabhängiger Seite nicht überprüft werden. Russland führt seit beinahe drei Jahren einen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Ukraine: Militär-Ombudsmann soll Soldaten helfen
Auf Anfrage ukrainischer Soldaten wird in der Ukraine das Amt eines Militär-Ombudsmanns als direkter Ansprechpartner für die Truppe eingerichtet. Dies verkündete Präsident Wolodymyr Selenskyj am Abend in seiner Videoansprache. Es sei wichtig, jemanden zu haben, der die Rechte der Soldaten verteidigt, so Selenskyj. Gemeinsam mit dem Verteidigungsministerium solle er den Soldaten und ihren Familien effektiv helfen können.
Ukrainische Soldaten hatten bisher insbesondere bei rechtlichen Fragen keinen direkten Ansprechpartner und mussten oft auch aus dem Schützengraben im Abwehrkampf gegen die Armee Russlands den langwierigen Dienstweg beschreiten.
EU warnt vor russischer Schattenflotte
Nach der möglichen Sabotage an einem Unterwasserstromkabel vor Finnland warnt die Europäische Union vor Russlands sogenannter Schattenflotte. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sagte der «Welt», die EU werde jetzt «stärkere Maßnahmen ergreifen, um den Risiken, die von diesen Schiffen ausgehen, entgegenzuwirken». Russlands Schattenflotte bedrohe die Umwelt und fülle Russlands Kriegskasse. Jetzt stünden diese Schiffe auch unter dem Verdacht, Sabotageakte durchzuführen.
Finnische Ermittler hatten den Öltanker «Eagle S» festgesetzt, nachdem am Mittwoch die 170 Kilometer lange Stromverbindung EstLink2 nach Estland unterbrochen worden war. Die finnischen Behörden vermuten Sabotage, die EU Vorsatz. Das Schiff fährt unter der Flagge der Cookinseln. Der Schaden am Kabel könnte nach Angaben der Ermittler vom Anker des Schiffs verursacht worden sein. Zur russischen Schattenflotte werden Schiffe gezählt, die Russland inoffiziell benutzt, um Sanktionen zu umgehen – zum Beispiel beim Öltransport.