Risiko von Eskalationen falsch einzuschätzen steigt, auch ohne offene Kriege große Auswirkungen.
Politische Konflikte auf Rekordhoch

Die Zahl politischer Konflikte auf der Welt ist laut einer Studie in diesem Jahr so hoch wie nie. Von Januar bis September seien 1.450 andauernde politische Konflikte unterschiedlicher Intensität erfasst worden, heißt es in der «Sicherheitsbilanz 2025» des Geodaten-Anbieters Michael Bauer International in Karlsruhe. 70 neue kamen demzufolge in diesem Jahr bislang hinzu. 18 Konflikte seien beendet worden.
Nicht nur Ereignisse auf dem Schlachtfeld bestimmten demnach die dokumentierten Konflikte, sondern auch wirtschaftlicher Druck, strategische Signale oder politische Blockaden. Das Risiko steige, Eskalationen falsch einzuschätzen, erklärt der Autor und Wissenschaftler Nicolas Schwank, der früher das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung geleitet und dort die Herausgabe eines «Konfliktbarometers» verantwortete.
Folge eines vergleichsweise geringen Ausmaßes an Gewalt seien Zurückhaltung bei Präventivmaßnahmen und eine begrenzte Bereitschaft zu neuen politischen und wirtschaftlichen Ansätzen oder in frühen Konfliktphasen moderate Kosten in Kauf zu nehmen. «Infolgedessen werden Maßnahmen oft erst ergriffen, wenn schon erheblicher Schaden entstanden ist.»
In diesem Jahr sei ein wichtiger Trend die deutliche Zunahme bilateraler Handels- und Zollstreitigkeiten, die vor allem durch Maßnahmen der US-Regierung unter Präsident Donald Trump verursacht wurden. Diese Konfrontationen hätten rasch internationale Auswirkungen.
Mehr Kriege
Laut den bis Ende September erfassten Daten gab es 89 Kriege, was 11 mehr sind als im gesamten Vorjahr. Diese intensiven bewaffneten Auseinandersetzungen fanden in 31 Ländern statt. Beispiele sind der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine sowie interne Konflikte wie im Norden Malis. Subsahara-Afrika, der Nahe Osten und Teile Asiens sind weiterhin am stärksten betroffen.
Neun Konflikte erreichten 2025 erstmals die höchste Stufe – Krieg. Es handelte sich ausschließlich um Auseinandersetzungen, die bereits in den Vorjahren von Gewalt geprägt waren. Die Zunahme der Kriege im Jahr 2025 ist laut Angaben weniger auf neue große Kriege zurückzuführen, sondern vor allem auf eine Verschärfung langjähriger Konflikte.
Die erheblichsten Eskalationen fanden der Auswertung zufolge in Somalia, der Demokratischen Republik Kongo und Burkina Faso statt. «Diese Entwicklungen bleiben in der Regel unterhalb der Wahrnehmungsschwelle westlicher Medien, verändern jedoch die regionalen Sicherheitsbedingungen erheblich», heißt es.
Viele folgenschwere Konflikte unterhalb der Kriegsschwelle
«Kriege sind jedoch nur die sichtbare Spitze des Eisbergs», schreibt Schwank in der Analyse weiter. Viele folgenschwere Konflikte spielten sich ohne anhaltende Gewalt auf dem Schlachtfeld ab, beeinflussten aber dennoch beispielsweise die Diplomatie, die Märkte und sicherheitspolitische Überlegungen.
Schwank warnt in der Analyse davor, dass Sanktionen, Zölle, Export- und Investitionsbeschränkungen sowie diplomatischer Druck gezielter eingesetzt werden und oft zu Auswirkungen ohne offene Kriege führen. Gerade solche Konflikte würden oft übersehen, könnten sich jedoch zu umfassenderen geopolitischen oder geoökonomischen Konfrontationen entwickeln.
Unterhalb der Kriegsschwelle liegen demnach auch 523 gewalttätige Krisen. «Diese reichen von Protesten, die vorübergehend gewalttätig werden – rund 140 Protestkonflikte in Ländern wie Frankreich, Serbien, Mexiko oder den Philippinen – bis hin zu Auseinandersetzungen mit bewaffneten Gruppen in Staaten wie der Zentralafrikanischen Republik, Indien oder Indonesien.» In diese Kategorie fielen ebenso grenzüberschreitende Spannungen etwa zwischen dem Sudan und dem Südsudan oder zwischen Äthiopien und Kenia.








