Vor 81 Jahren scheiterte Stauffenbergs Attentat auf Hitler. Der Sohn von Ex-Bundeskanzler Willy Brandt, Matthias Brandt, richtet in der zentralen Gedenkrede einen Appell an die heutige Gesellschaft.
Sohn von Willy Brandt warnt vor Geschichtsvergessenheit
Matthias Brandt, Schauspieler und Autor, hat davor gewarnt, dass die Geschichte des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler am 81. Jahrestag in Vergessenheit gerät.
«Wir erleben heute wieder, es zeigt sich auch in Wahlergebnissen, wie das Gift von Hass, Rassismus und Ausgrenzung einsickert und sich bemerkbar macht in einer Verrohung des Umgangs, nicht zuletzt sprachlicher Natur, durch Gewalt und bewusstes Kokettieren mit Sprachbildern der NS-Propaganda», sagte der Sohn des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt (SPD) als Hauptredner bei der zentralen Feierstunde in der Gedenkstätte Plötzensee in Berlin.
Menschen seien auf einmal wieder «Fremdkörper», «nicht zugehörig», sollten «entfernt» werden. «Das alles unter Berufung auf eine zu schützende angebliche biologische oder ethnische Basis deutscher Identität. Was ist das anderes als Geschichtsvergessenheit?», sagte Brandt. Seine Mutter habe ihm beigebracht, dass man sich entscheiden müsse. «Dass Nichtstun ebenfalls eine Entscheidung ist – wie oft geht mir das in letzter Zeit durch den Kopf – nämlich eine Entscheidung für das Wegschauen, für das Geschehenlassen.»
Willy Brandt floh vor den Nazis nach Norwegen
Brandts Vater floh 1933 aus Deutschland vor den Nazis, um sich zu schützen. Von Norwegen aus kämpfte der junge Mann, der als Herbert Ernst Karl Frahm geboren wurde, unter dem Decknamen Willy Brandt gegen das Nazi-Regime.
Im ehemaligen Strafgefängnis Plötzensee wurden während der NS-Diktatur über 2.800 Menschen getötet. Laut der Gedenkstätte wurden zwischen August 1944 und April 1945 insgesamt 89 Personen, die von der Nazi-Justiz im Zusammenhang mit dem Widerstand des 20. Juli verurteilt wurden, dort hingerichtet.
Justizministerin appelliert an Verantwortung
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig mahnte bei der Veranstaltung, von Deutschland dürfe nicht noch einmal ein solch monströser Horror ausgehen, wie er damals herrschte. «Aus Schuld folgt eben diese Verantwortung für uns alle.» Recht und Demokratie stünden wieder unter Druck, sagte die SPD-Politikerin. «Umso unbeirrter und lauter sollten wir und müssen wir sagen, wir lassen uns Rechtsstaat und Demokratie nicht noch einmal zerstören!»
Am Abend des 20. Juli 1944 wurden Claus Schenk Graf von Stauffenberg und drei weitere Beteiligte im Hof des Bendlerblocks erschossen, nachdem Wehrmachtsoffiziere vergeblich versucht hatten, den Diktator Hitler mit einer Bombe zu töten, um die nationalsozialistische Herrschaft zu stürzen und den Zweiten Weltkrieg zu beenden.
Am Nachmittag ist ein feierliches Gelöbnis von 250 Rekrutinnen und Rekruten der Bundeswehr geplant, dort, wo auch das Bundesverteidigungsministerium heute seinen Sitz hat.