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Solingen-Anschlag befeuert Asyl- und Sicherheitsdebatte

Ein Syrer, dessen Abschiebung 2023 gescheitert ist, soll den Messeranschlag verübt haben. Vor Landtagswahlen im Osten mehren sich die Forderungen nach schärfere Regeln in der Migrationspolitik.

Den Sicherheitsbehörden war der mutmaßliche Attentäter bislang nicht als islamistischer Extremist bekannt.
Foto: Gianni Gattus/dpa

Nach dem tödlichen Messerangriff in Solingen werden Rufe nach strengeren Abschieberegeln und einem verschärften Waffenrecht lauter. Gleichzeitig wird gefordert, dass die Gründe dafür aufgeklärt werden, warum die Behörden im letzten Jahr gescheitert sind, den syrischen Asylbewerber abzuschieben, der letztendlich den Anschlag mit drei Todesopfern am Freitagabend verübte. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird heute in Solingen gemeinsam mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) der Opfer des Messerangriffs gedenken.

Während eines Straßenfestes in der Stadt im Bergischen Land wurden auch acht Personen verletzt, vier davon schwer. Ein 26-jähriger mutmaßlicher Syrer befindet sich seit Sonntagabend in Untersuchungshaft – unter anderem wegen Mordverdachts und dem Vorwurf, Mitglied der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu sein. Die Terrormiliz beanspruchte den Anschlag für sich und veröffentlichte am Sonntag ein Video, das den Täter zeigen soll. Es ist bisher unklar, wann das Video aufgenommen wurde und ob es tatsächlich den Täter zeigt.

Tatverdächtiger sollte abgeschoben werden

Wie der «Spiegel» berichtete, kam der Verdächtige Ende 2022 nach Deutschland und stellte einen Antrag auf Asyl. Den Sicherheitsbehörden war er demnach bislang nicht als islamistischer Extremist bekannt. Diese Informationen wurden der Deutschen Presse-Agentur bestätigt. Der Asylantrag des Tatverdächtigen wurde demnach abgelehnt. Deshalb sollte er im vergangenen Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden. Über das Land war er in die Europäische Union eingereist. Da er zwischenzeitlich allerdings in Deutschland abgetaucht sei, sei die Abschiebung vorerst hinfällig gewesen, schrieb die «Welt».

Wüst fordert Aufarbeitung in Behörden

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wüst fordert eine Aufarbeitung auch innerhalb der Behörden. «Da gibt es eine Menge Fragen. Es sind auch eine Menge Behörden involviert. Das muss aufgeklärt werden, und da muss Klartext gesprochen werden, wenn da etwas schiefgelaufen ist», sagte er in der «Aktuellen Stunde» im WDR Fernsehen. Im ZDF-«heute journal» sagte Wüst: «Wenn da irgendwo was schiefgelaufen ist, bei welcher Behörde auch immer, ob vor Ort in Bielefeld, in Paderborn oder bei Landes- oder Bundesbehörden, dann muss die Wahrheit da auf den Tisch.»

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte in der ARD-Sendung «Caren Miosga», untergetaucht im rechtlichen Sinne sei der mutmaßliche Attentäter nicht. Denn er sei an dem Tag, an dem er abgeholt werden sollte, schlicht nicht dagewesen. «Ansonsten war er immer und häufig in dieser Einrichtung.» Er stelle sich auch viele Fragen, ob diese Verfahren richtig sind, ausreichend sind, übertrieben sind, sagte Reul. 

Laut einer Analyse des Verfassungsschutzes wäre der Anschlag in Solingen der schwerwiegendste Angriff, der mutmaßlich aus islamistischen Motiven in Deutschland begangen wurde, seit dem Angriff auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember 2016 mit 13 Toten und 64 Verletzten.

Merz: Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan 

Eine Woche vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen verschärfte CDU-Chef Friedrich Merz den Ton gegenüber Kanzler Olaf Scholz (SPD) und forderte einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan in Deutschland. In seinem E-Mail-Newsletter «MerzMail» schrieb er: «Nach dem Terrorakt von Solingen dürfte nun endgültig klar sein: Nicht die Messer sind das Problem, sondern die Personen, die damit herumlaufen. In der Mehrzahl der Fälle sind dies Flüchtlinge, in der Mehrzahl der Taten stehen islamistische Motive dahinter.»

Im ARD-Brennpunkt sagte Merz: «Wenn Solingen jetzt für die Koalition nicht der Wendepunkt ist, dann weiß ich nicht, was noch passieren muss, damit hier einige Leute endlich mal zur Besinnung kommen.»

Unions-Fraktionsvize Jens Spahn (CDU) sprach sich für Grenzschließungen aus, um irreguläre Migration zu stoppen. Der «Rheinischen Post» (Montag) sagte er: «Es kommen seit Jahren jeden Tag hunderte junge Männer aus Syrien und Afghanistan nach Deutschland und Europa. Das muss endlich enden.»

Im Juni kündigte Kanzler Scholz an, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen, nach dem tödlichen Messerangriff von Mannheim.

SPD-Chefin Esken: Aufnahmestopp mit Gesetzen nicht vereinbar 

SPD-Chefin Saskia Esken wies Merz’ Forderung nach einem Aufnahmestopp zurück, da ein solcher Schritt «mit unseren Gesetzen auch nicht vereinbar ist, nicht mit der Europäischen Flüchtlingskonvention, nicht mit unserer Verfassung». Schwere Straftäter und islamistische Gefährder müssten aber in diese Länder abgeschoben werden können. 

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) betonte in einem Interview mit der ARD, dass Straftäter umgehend in Gewahrsam genommen und das Land verlassen sollten, vor allem in Richtung Syrien und Afghanistan. Er forderte, der Polizei mehr Befugnisse für Kontrollen zu geben.

Steinmeier für mehr Befugnisse der Sicherheitsbehörden 

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach eine Ausweitung von Befugnissen der Sicherheitsbehörden an. Zu einem besseren Schutz vor Angriffen «gehört auch, dass die Sicherheitsbehörden mit den notwendigen Befugnissen ausgestattet werden», sagte er im ZDF-Sommerinterview. Steinmeier forderte mehr Personal für die Sicherheitsbehörden. Bei terroristischer Gefahr sei aber auch eine Ausweitung der Befugnisse etwa des Bundeskriminalamts denkbar. 

Buschmann kündigt Verhandlungen über Waffenrecht für Messer an

Bundesjustizminister Marco Buschmann kündigte Verhandlungen über das Waffenrecht für Messer an. «Wir werden nun in der Bundesregierung darüber beraten, wie wir den Kampf gegen diese Art der Messer-Kriminalität weiter voranbringen», sagte der FDP-Politiker der «Bild am Sonntag». Bisher hat die FDP Vorschläge von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zu schärferen Regeln und Verboten abgelehnt.

[Debatte um Abschieberegeln und Waffenrecht nach Messerangriff in Solingen],Forderungen nach Aufklärung und schärferen Regeln werden lauter nach dem tödlichen Anschlag mit drei Todesopfern.

dpa