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Spahn und Miersch überraschend gemeinsam in der Ukraine

In den vergangenen dreieinhalb Kriegsjahren sind zahlreiche deutsche Spitzenpolitiker in die Ukraine gereist, um ihre Solidarität zu bekunden. So einen Besuch wie diesen gab es aber noch nie.

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Foto: ---/dpa

Die Vorsitzenden der beiden Koalitionsfraktionen, Jens Spahn (CDU/CSU) und Matthias Miersch (SPD), sind überraschend zu einem gemeinsamen Solidaritätsbesuch in der von Russland angegriffenen Ukraine eingetroffen. In der Hauptstadt Kiew wollen sie im Laufe des Tages Gespräche über die weitere deutsche Unterstützung der Ukraine und die diplomatischen Bemühungen um ein Ende des Krieges führen.

Die gemeinsame Reise zeige, «dass nicht nur die Regierung fest an der Seite der Ukraine steht, sondern auch das Parlament, die Mehrheit im Parlament, die Koalitionsfraktionen», sagte Spahn auf der Zugfahrt von Polen nach Kiew. «Es ist insofern ein gutes Zeichen für die Ukraine, aber auch ein gutes Zeichen für die Entschlossenheit der Koalition.»

Miersch bezeichnete den gemeinsamen Besuch als «klares Signal der Unterstützung der Ukraine». Es sei «ganz entscheidend, dass das ein gemeinsames Signal ist». 

Erster Ukraine-Besuch in diesem Format

Der Besuch ist etwas Neues: Während der Ampel-Regierung waren zwar auch Mitglieder verschiedener Koalitionsparteien gemeinsam in Kiew, aber nicht auf Ebene der Fraktionschefs. Sowohl für Spahn als auch für Miersch ist es der erste Besuch in der Ukraine überhaupt.

Der Bundestag spielt eine wichtige Rolle bei der Unterstützung des Landes, das vor dreieinhalb Jahren von Russland angegriffen wurde. Er genehmigt Haushaltsmittel zur Unterstützung der Ukraine und würde das letzte Wort haben, wenn es um die Entsendung deutscher Soldaten nach einem Waffenstillstand geht. Die Bundesregierung hat sich dazu noch nicht eindeutig positioniert.

Miersch zu Bundeswehreinsatz: «Wir schließen nichts aus»

Spahn betonte, dass die beste Sicherheitsgarantie für die Ukraine eine gut ausgerüstete ukrainische Armee sei. «Das, was die ukrainische Armee leisten kann, kann keine andere Armee leisten.» Deswegen müsse sie bestmöglich ausgestattet werden. Eine Debatte über alles, was darüber hinausgehe, sei verfrüht. Das unterstrich auch Miersch – er sagte zu einer möglichen Entsendung von Bundeswehrsoldaten aber auch: «Wir schließen nichts aus.»

Ein weiteres früheres Streitthema bezüglich der Ukraine wurde von Union und SPD mittlerweile durch ein Schweigegelübde beigelegt. Diskussionen über eine potenzielle Lieferung der Taurus-Marschflugkörper von der Ukraine nach Moskau sowie über andere deutsche Waffensysteme für die Ukraine werden nicht mehr öffentlich geführt. Die Begründung lautet: Russland soll darüber im Ungewissen bleiben.

Besuch bei deutschen Soldaten auf dem Weg nach Kiew

Spahn und Miersch reisten wie alle anderen ausländischen Besucher aufgrund der Sperrung des Luftraums mit dem Zug von Polen nach Kiew. Auf dem Weg besuchten sie in Rzeszow Bundeswehrsoldaten, die dort mit zwei Patriot-Luftabwehrsystemen den Flughafen schützen, der als wichtigster Umschlagplatz für die Versorgung der Ukraine mit westlichen Waffen gilt. Bundeswehrsoldaten sind nirgendwo sonst dem Krieg so nah. Der Flugplatz liegt etwa 60 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.

Die gemeinsamen Reise ist nicht nur ein Signal an die Ukraine, sondern auch an die eigenen Parteien und die deutsche Öffentlichkeit. Spahn und Miersch wollen zeigen, dass Union und SPD nach dem holprigen Start der Koalition an einem Strang ziehen. Damit schließen sie an die gemeinsame Klausurtagung der beiden Fraktionsvorstände Ende vergangener Woche an, bei der ein Neustart von Schwarz-Rot zelebriert wurde. Miersch hatte zum Ende der Tagung gesagt, zwischen ihm und Spahn sei «etwas gewachsen», und man könne «wirklich miteinander was Gutes hinkriegen».

Spahn: «Es ist Putin, der Krieg will»

In Würzburg hatten die Koalitionsspitzen die Bedeutung des Ukraine-Kriegs für die Sicherheit Europas herausgestellt. «Wir werden alles tun, damit sich die Ukraine gegen Russland verteidigen und aus einer Position der Stärke verhandeln kann», erklärten die Fraktionsspitzen.

In den letzten zwei Wochen ist die Hoffnung auf ernsthafte Verhandlungen seit dem Treffen von US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin jedoch wieder gesunken. Der geplante Gipfel zwischen Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist nicht zustande gekommen. Eine Reaktion der Europäer darauf wird in den nächsten Tagen erwartet. Wie Trump mit der Situation umgehen wird, ist noch unklar.

Spahn will den Besuch auch als Signal an Putin verstanden wissen. «Es ist Putin, der Krieg will, der keinen Frieden will», sagte er auf der Fahrt nach Kiew. Wenn er nicht an den Verhandlungstisch kommen wolle, sei Deutschland bereit, die Ukraine weiter militärisch zu unterstützen.

Weiter massive Angriffe Russlands auch auf Kiew

Die Luftangriffe auf die Ukraine haben nach dem Russland-USA-Gipfel in Alaska erneut zugenommen – auch auf die Hauptstadt Kiew. Am Donnerstag wurde ein Wohnhaus am östlichen Stadtrand durch eine Rakete schwer beschädigt – mehr als 20 Menschen kamen ums Leben. Des Weiteren trafen zwei Marschflugkörper ein Haus in der Innenstadt. Die Explosionen führten dazu, dass die nahe gelegenen Gebäude der Vertretung der Europäischen Union und des britischen Kulturinstituts British Council beschädigt wurden.

dpa