Die Parteispitzen sind sich über die Bildung einer schwarz-roten Regierung einig. Bei der SPD haben in den nächsten zwei Wochen aber die Mitglieder das letzte Wort.
SPD-Abstimmung über Koalitionsvertrag hat begonnen

Die SPD-Mitglieder haben mit der Abstimmung über den Koalitionsvertrag mit der Union begonnen. Die Online-Plattform wurde wie geplant um 8.00 Uhr freigeschaltet, damit die gut 358.000 Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten bis zum 29. April um 23.59 Uhr ihre Stimmen abgeben können, wie ein Parteisprecher sagte. Das Ergebnis soll am 30. April bekanntgegeben werden.
Für die Annahme des 144 Seiten starken Koalitionsvertrags mit dem Titel «Verantwortung für Deutschland» ist nicht nur eine Mehrheit der Stimmen erforderlich, sondern auch eine Teilnahme von mindestens 20 Prozent der Mitglieder an der rein digitalen Abstimmung. Die Mitglieder haben per Post ein Passwort zugeschickt bekommen, mit dem sie – in Kombination mit ihrer Mitgliedsnummer – online ihre Stimme verschlüsselt abgeben können. Wer keinen Internetzugang hat, kann in einer SPD-Geschäftsstelle wählen.
Auch die CDU muss noch zustimmen
Bislang hat nur die CSU den Koalitionsvertrag durch einen Vorstandsbeschluss angenommen. Auch die Zustimmung der CDU steht noch aus. Die Partei des designierten Kanzlers Friedrich Merz wird am 28. April auf einem kleinen Parteitag darüber entscheiden. Wenn alles planmäßig verläuft, soll der CDU-Vorsitzende am 6. Mai im Bundestag zum Kanzler gewählt werden.
Die SPD hat einige ihrer Wahlkampfversprechen im Koalitionsvertrag verankert, darunter den Mindestlohn von 15 Euro und die Steuersenkung für geringe und mittlere Einkommen. Allerdings sind die geplanten Verschärfungen der Migrations- und Sozialpolitik umstritten. Die Juso-Führung lehnt daher das Vertragswerk ab und fordert Nachverhandlungen. Etwa zwölf Prozent der SPD-Mitglieder sind Parteijugendliche.
Klingbeil hält Neuverhandlungen für reine Theorie
Klingbeil machte am Montagabend bei einer Auftakt-Konferenz zum Mitgliederentscheid in Hannover klar, dass er Nachverhandlungen nur für eine theoretische Möglichkeit hält. «Wenn das scheitert, dann wird es Neuwahlen geben, oder dann wird es vielleicht eine Minderheitsregierung geben.» Es bestehe außerdem die Gefahr, dass in der Union der Ruf nach einer Normalisierung des Verhältnisses zur AfD lauter werde.
Es gehe daher bei dem Mitgliederentscheid neben den konkreten Inhalten auch darum, dass überhaupt eine stabile Regierung der Mitte zustande komme, sagte Klingbeil. «Da wird ein Ablehnen des Koalitionsvertrags nicht zu Nachverhandlungen führen, sondern dazu führen, dass die Stimmen in der Union stärker werden oder sich gestärkt fühlen, die sagen: Es gibt ja noch Alternativen zu den Sozis, die sind uns zu anstrengend.»
Die AfD ist die einzige Partei, mit der die Union neben der SPD im Bundestag eine Mehrheit für eine Regierungsbildung hätte. Die Union hat jedoch ein Bündnis mit der Rechtsaußen-Partei kategorisch ausgeschlossen.
Esken rechnet mit «guter Zustimmung»
Parteichefin Saskia Esken sagte der dpa, dass auch sie zwar «Licht und Schatten» in dem Vertragswerk sehe. Die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungszwecke, das Sondervermögen für Investitionen und die Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft hob sie aber als gute Grundlage für eine Zusammenarbeit zwischen Union und SPD hervor. «Ich gehe davon aus und hoffe, dass wir eine gute Zustimmung bekommen.»