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Positionen im Rentenstreit verhärtet

Auf dem Arbeitgebertag fordern alle tiefgreifende Reformen bei der Rente. Offen bleibt aber die immer drängendere Frage: Wie will die Koalition aus ihrem aktuellen Streit herauskommen?

SPD-Chef Lars Klingbeil will im Rentenstreit hart bleiben.
Foto: Fabian Sommer/dpa

Die Positionen im Rentenstreit innerhalb der Koalition bleiben gut drei Wochen vor der Weihnachtspause weiterhin verhärtet. Beim Deutschen Arbeitgebertag hat der Unionsnachwuchs seine Kritik am geplanten Reformentwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) erneuert. Ohne die Stimmen der jungen CDU/CSU-Abgeordneten fehlt der Koalition eine eigene sichere Mehrheit im Bundestag.

Bas, die gleichzeitig Parteichefin ist, und ihr Co-Vorsitzender Lars Klingbeil bekräftigten daraufhin ihr Nein zu den geforderten Korrekturen. Es ist daher unklar, ob und wie Kanzler Friedrich Merz (CDU) und seine Union den Konflikt über das Gesetz lösen werden, das Schwarz-Rot im Dezember im Bundestag verabschieden will.

«Wenn die SPD sagt: Wir sind da nicht gesprächsbereit, dann muss ich sagen: Es ist nicht nur unser Recht als Abgeordnete, sondern auch unsere Pflicht als Abgeordnete, miteinander zu sprechen», sagte der Chef der Jungen Union (JU), Johannes Winkel (CDU). Er beschrieb sich in dem Streit als von innerer Überzeugung angetrieben. «Wenn man selbst intrinsisch motiviert und felsenfest überzeugt vom Argument ist, dann lässt sich so eine Debatte auch sehr gut führen.» 

SPD bleibt hart

Klingbeil hielt der Forderung nach einer Nachbesserung des Gesetzentwurfs im parlamentarischen Verfahren entgegen: «Ich bin sehr klar darin, dass wir dieses Gesetz jetzt beschließen sollten, wie wir es vorgelegt haben.» Bas verwies auf die weiteren Rentenvorhaben der Koalition. Sie stehe komplett zum Gesamtpaket. «Ich erwarte am Ende natürlich auch, dass diese Verlässlichkeit und Vertragstreue eben auch für alle Beteiligten gilt.»

JU-Chef Winkel bekräftigte, dass ihm ein von Merz vorgeschlagener Entschließungsantrag in unverbindlicher Form zum aktuellen Gesetzentwurf nicht reicht, in dem den Bedenken Rechnung getragen werden soll. «Es geht am Ende des Tages darum, Verbindlichkeit zu schaffen. Erst zu sagen: Verbindlichkeit gilt nur für das Geld, aber nicht für die Reformen, ist eben schwierig.» Neu sei die Kritik nicht. «Unsere Einwände sind nicht fünf vor zwölf erhoben worden, sondern im Juni dieses Jahres.» Zunächst sei dies intern «in jedem denkbaren Gremium» geschehen. «Jetzt sind wir natürlich in einer Situation, in der wir miteinander sprechen müssen.» 

Die Aufmerksamkeit im politischen Berlin liegt auf dem Koalitionsausschuss an diesem Donnerstag. Dort werden die Spitzen der Koalition voraussichtlich auch über den Rentenstreit beraten. Mit Blick auf die SPD betonte Winkel die Notwendigkeit von Kompromissfähigkeit.

Was der Unionsnachwuchs will

Im kontroversen Gesetzentwurf ist vorgesehen, das Sicherungsniveau der Rente bis 2031 auf 48 Prozent zu stabilisieren und die Mütterrente auszuweiten. Die Junge Gruppe der Unionsfraktion lehnt ab, dass das Rentenniveau auch nach 2031 um einen Punkt höher liegen soll als ohne Gesetz. Der CDU/CSU-Nachwuchs kritisiert die dadurch entstehenden Milliardenkosten.

Klingbeil entgegnete, es gehe darum, dass diejenigen, die fleißig gearbeitet hätten, eine auskömmliche Rente bekämen. «Das haben wir stundenlange in den Koalitionsverhandlungen besprochen.» Bas sagte, es gehe um ein «Grundversprechen unseres Sozialstaats». Sie warf Kritikern der Stabilisierung des Rentenniveaus vor, die Debatte zerstöre Vertrauen der Menschen. «Sie verlieren Vertrauen in die soziale Sicherheit und überhaupt in den Staat.» 

Hilft der Blick auf die Rentenkommission?

Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) hatte auf die Kritik aus seinen Reihen auf ein Vorziehen der geplanten Rentenkommission verwiesen. Dies sei auch ein Erfolg der jungen Abgeordneten. Es gebe «echten Reformdruck». In der Kommission sollen Weichen für die Zukunft der Rente über die aktuelle Debatte hinaus gestellt werden. Vorschläge sollen bis Sommer vorliegen.

Hier versicherten Klingbeil und Bas ihren Reformwillen. Klingbeil sagte: «Da kommt alles auf den Tisch.» Bas sagte, sie sei «sehr offen» für weitere Diskussionen. Sie habe Kanzler Friedrich Merz (CDU) zugesagt, dass auch die SPD den festen Willen zu Reformen hin zu einem eigenen mutigen Rentensystem für Deutschland habe. «Ich bin dazu bereit.» 

Merz, Spahn, Klingbeil und Bas drängen darauf, dass das Rentengesetz noch im Dezember im Bundestag verabschiedet wird. Die geplante erweiterte Mütterrente soll ebenfalls ab dem 1. Januar in Kraft treten, was ein Anliegen der CSU war. Darüber hinaus planen Union und SPD unter anderem eine Aktivrente für steuerfreies Arbeiten im Rentenalter, basierend auf einer Idee der CDU.

Auch längeres Arbeiten kommt in die Debatte

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger forderte einen Stopp des umstrittenen Rentenpakets. «Kabinettsbeschlüsse können geändert werden», sagte Dulger. «Wenn sie falsch sind, dann muss das Parlament sie ändern.» Die jungen Kritikerinnen und Kritikerinnen in der Unionsfraktion hätten seine «volle Unterstützung». Dulger lehnt aber das gesamte Paket ab. «Vielleicht würde der Politik in dieser Situation eine Denkpause helfen, um danach klug zu entscheiden.» 

Dagegen setzte Dulger die Forderung nach einem höheren Rentenalter. «Wenn die Menschen älter werden, muss auch die Regelaltersgrenze schrittweise angehoben werden», sagte er. Da es an Fachkräften fehle, dürfe es zudem keine vorzeitige abschlagsfreie sogenannte «Rente mit 63» mehr geben. 

Ähnlich äußerte sich auf dem Arbeitgebertag Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU). Für die Zeit nach dem Jahr 2031 plädierte Reiche für eine Anpassung des Renteneintrittsalters an die gestiegene Lebenserwartung. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD festgeschrieben: «Statt einer weiteren Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters wollen wir mehr Flexibilität beim Übergang vom Beruf in die Rente. Dabei setzen wir auf Freiwilligkeit.»

dpa