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Deutschland spaltet sich in Gaza-Frage

SPD drängt auf Ende des Kriegs im Gazastreifen, CDU warnt vor Isolation Israels und verteidigt Haltung.

SPD-Fraktionschef Matthias Miersch dringt auf mehr Druck auf Israel. (Archivbild)
Foto: Kay Nietfeld/dpa

In der Bundesregierung wachsen die Meinungsverschiedenheiten über die Haltung Deutschlands zur Kriegsführung Israels in Gaza. Die SPD im Bundestag fordert, dass Deutschland sich der Forderung von über zwei Dutzend Staaten nach einem sofortigen Ende des Krieges im Gazastreifen anschließt. Die CDU verteidigte die Entscheidung ihres Außenministers Johann Wadephul, die Erklärung nicht zu unterzeichnen, und warnte vor einer weiteren Isolation Israels.

SPD-Fraktionschef Matthias Miersch schrieb auf der Plattform X: «Wenn internationales Recht systematisch verletzt wird, muss das Konsequenzen haben.» Miersch: «Deutschland sollte sich der Initiative Großbritanniens anschließen und hier nicht ausscheren.»

Es sei «richtig, dass 28 Staaten – darunter unsere engsten Partner wie Frankreich, Kanada und Österreich – ein klares Signal gesetzt haben». Das humanitäre Leid in Gaza sei erschütternd. «Verhungernde Kinder, zerstörte Infrastruktur, Angriffe auf Hilfesuchende – das widerspricht allem, was das humanitäre Völkerrecht schützt», so Miersch.

Deutschland trage eine besondere Verantwortung für die Sicherheit Israels – aber auch für die Einhaltung des Völkerrechts und den Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung. «Doppelte Standards untergraben unsere internationale Glaubwürdigkeit», schrieb Miersch.

SPD-Abgeordnete fordern Waffenstopp

Der SPD-Außenpolitiker Adis Ahmetović und der frühere Fraktionschef und Außenpolitiker Rolf Mützenich schrieben in einer Erklärung, die der dpa vorliegt und über die die «Süddeutsche Zeitung» zuerst berichtet hatte: «Die Berichte über verhungerte Kinder und eine rapide eskalierende Hungersnot zeigen: Wir haben den viel beschworenen „point of no return“ erreicht.»

Die Abgeordneten fordern, dass bestehende Kooperationen mit Israel wie das Assoziierungsabkommen auf Eis gelegt und weitere Maßnahmen wie der Stopp von Waffenexporten an die israelische Regierung durchgesetzt werden, mit Blick auf Bundeskanzler Friedrich Merz und Außenminister Johann Wadephul (beide CDU).

Auch Ahmetović und Mützenich drängen darauf, den internationalen Appell zu unterzeichnen, den 28 Länder und die EU-Kommissarin für Gleichstellung und Krisenmanagement bereits unterzeichnet haben. In der internationalen Erklärung wird auch die sofortige Freilassung der noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln gefordert. Nach offiziellen israelischen Angaben werden dort noch 50 Geiseln festgehalten, von denen weniger als die Hälfte noch am Leben sein sollen.

Regierungsmitglied bedauert deutsche Haltung

Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) bedauert, dass sich Deutschland der Erklärung nicht angeschlossen hat. Die Forderung des Briefes bezeichnete die SPD-Politikerin in der «Rheinischen Post» als «nachvollziehbar». 

«Ich hätte mir gewünscht, dass Deutschland sich dem Signal der 29 Partner anschließt», betonte sie. «Was gerade in Gaza passiert, ist unfassbar. Unschuldige Kinder sterben. Menschen hungern.» Alabali Radovan fügte hinzu: «Es braucht jetzt – nicht irgendwann – einen sofortigen und nachhaltigen Waffenstillstand.»

Der Gaza-Krieg begann, als die Hamas und andere islamistische Extremisten am 7. Oktober 2023 Israel überfielen.

CDU sieht Zeichen in SPD-Frust

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, entgegnete der SPD: «Der Bundesaußenminister hat die Erklärung nicht unterschrieben, da sie die gefühlte Isolation der israelischen Regierung nur verstärkt.» Der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Mittwoch) sagte er weiter, Wadephul arbeite unermüdlich daran, die katastrophale Lage in Gaza zu verbessern. 

Es müsse «der israelischen Regierung ein Zeichen sein, wenn so viele Freunde, und dazu zähle ich die SPD, ihre Frustration über das Sterben in Gaza in Sanktionen ausdrücken wollen, weil sie in Jerusalem kein Gehör mehr finden», sagte Hardt. Der CDU-Politiker verwies darauf, dass endlich verlässliche UN-Hilfszugänge nach Gaza gebraucht würden.

dpa