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SPD startet mit Scholz in den Wahlkampf

Die SPD nominiert Scholz als Kanzlerkandidaten, um Rückstand auf die Union aufzuholen und Geschlossenheit zu demonstrieren.

Alter gleich neuer Kanzler? Nach dem Führungstreffen der SPD hatte Scholz gut lachen.
Foto: Christoph Soeder/dpa

Die SPD startet mit Bundeskanzler Olaf Scholz an der Spitze in den Bundestagswahlkampf, trotz einer schwierigen Ausgangslage. Nach dem Verzicht von Verteidigungsminister Boris Pistorius soll der Chef der gescheiterten Ampel-Regierung am kommenden Montag als Kanzlerkandidat nominiert werden. Laut Wahlumfragen muss Scholz in den nächsten drei Monaten etwa 15 bis 20 Prozentpunkte Rückstand auf die Union aufholen, um im Amt zu bleiben.

Vor der Entscheidung der Parteispitze fand eine langwierige Debatte über Pistorius als potenziellen Ersatzkandidaten statt, der in allen Umfragen als bei weitem beliebtester Politiker Deutschlands gilt. Immer mehr SPD-Politiker auf kommunaler, Landes- und Bundesebene hatten sich in den letzten Tagen offen für ihn ausgesprochen.

Mit Mützenichs «Grummeln» begann die Debatte

Die SPD-Spitze hatte sich zwar schon früh hinter Scholz gestellt, nach der Entscheidung für eine Neuwahl am 23. Februar aber zunächst darauf verzichtet, ihn als Kanzlerkandidaten zu nominieren. Mit einer Äußerung von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, dass es bei der K-Frage «Grummeln» in der Partei gebe, begann die öffentliche Debatte.

Am Donnerstagabend erklärte Pistorius dann in einem dreiminütigen von der SPD verbreiteten Video den Verzicht auf eine Kandidatur, auf die er nie öffentlich Anspruch erhoben hat. «Soeben habe ich unserer Partei- und Fraktionsspitze mitgeteilt, dass ich nicht zur Verfügung stehe für die Kandidatur um das Amt des Bundeskanzlers», sagte er. «Das ist meine souveräne, meine persönliche und ganz eigene Entscheidung.»

Pistorius: «Olaf Scholz ist ein starker Kanzler»

Pistorius sprach sich dafür aus, mit Scholz an der Spitze in die Wahl zu gehen. «Olaf Scholz ist ein starker Kanzler und er ist der richtige Kanzlerkandidat.» Er habe eine schwierige Koalition aus drei Parteien durch die vielleicht größte Krise der vergangenen Jahrzehnte geführt. «Olaf Scholz steht für Vernunft und Besonnenheit.» Das sei in Krisenzeiten wie diesen besonders wichtig. 

Pistorius hatte die Debatte in der SPD in den vergangenen Tagen zunächst laufenlassen. «In der Politik sollte man nie irgendetwas ausschließen, ganz egal, worum es geht», sagte er erst am Montag. «Das Einzige, was ich definitiv ausschließen kann, ist, dass ich noch Papst werde.»

Nun ist der Weg für Scholz‘ Nominierung als Kanzlerkandidat frei. Der 66-jährige Hamburger erhob schon im Juli Anspruch darauf. «Ich werde als Kanzler antreten, erneut Kanzler zu werden», sagte er damals. In den vergangenen Tagen wiederholte er das nicht so klar – offensichtlich um nicht den Eindruck zu vermitteln, er wolle sich selbst küren.

Parteivorstand nominiert Scholz am Montag 

Die Nominierung wird am Montag während der regulären Sitzung des Parteivorstands erfolgen. Schon am Donnerstagabend trafen sich die Vorstandsmitglieder digital. Gleichzeitig trafen sich die SPD-Ministerpräsidenten in der niedersächsischen Landesvertretung zunächst mit Scholz, danach stieß die Parteispitze hinzu.

«Wir wollen mit Olaf Scholz in die nächste Wahlauseinandersetzung gehen», sagte der Parteivorsitzende Lars Klingbeil nach den digitalen Beratungen. Und er rief seine Partei auf, sich nach den Querelen der vergangenen Tage hinter dem designierten Kanzlerkandidaten zu versammeln. «Jetzt geht es um Geschlossenheit und den gemeinsamen Weg und es geht darum, dass wir uns gemeinsam als SPD aus dieser Situation herauskämpfen.»

Erste Feuerprobe des designierten Kandidaten schon heute

Nach der Nominierung durch den Parteivorstand mit seinen 34 Mitgliedern wird am 11. Januar noch der Parteitag über die Kanzlerkandidatur abstimmen. Normalerweise ist das Formsache. Die erste offizielle Präsentation des Kandidaten soll schon früher stattfinden: bei einer «Wahlsiegkonferenz» am 30. November in Berlin. Eine Generalprobe dafür absolviert Scholz bereits heute: Er tritt auf einem SPD-Kongress vor Kommunalpolitikern auf. Auch Klingbeil wird dort erwartet.

SPD braucht extreme Aufholjagd für Erfolg

Scholz muss nun schnell in den Wahlkampfmodus umschalten. Um wiedergewählt zu werden, muss er eine große Aufholjagd starten. Laut Umfragen liegt die SPD derzeit mit Werten zwischen 14 und 16 Prozent immer noch hinter der AfD mit 17 bis 19 Prozent und deutlich hinter der Union mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU), die auf Werte zwischen 32 und 34 Prozent kommt. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend haben nun sogar die Grünen mit der SPD gleichgezogen.

Scholz hatte kürzlich in der «Süddeutschen Zeitung» an die Bundestagswahl 2021 erinnert, vor der manche die SPD schon in aussichtsloser Lage wähnten. «Die Zuverlässigkeit solcher Umfragen ist überschaubar, wie die letzte Bundestagswahl gezeigt hat, auch wenn das manche schnell vergessen haben.» Die SPD lag damals zweieinhalb Monate vor der Wahl ebenfalls weit hinter der Union – bis zu 16 Prozentpunkte. Doch dann fiel Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet ein Lacher im Flutgebiet auf die Füße und die Stimmung drehte sich. Bei der Wahl holten die Sozialdemokraten schließlich 25,7 Prozent der Stimmen und Scholz wurde Kanzler der ersten Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene. 

Vierkampf um das Kanzleramt

Mit der Wahl von Scholz ist das Feld der Kanzlerkandidaten nun so gut wie vollständig. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik sind es vier:

Die CDU und CSU hatten im September überraschend und ohne Zwischenfälle den Unionsfraktionschef im Bundestag, Friedrich Merz (CDU), als ihren Spitzenmann für den Wahlkampf ernannt.

Die Grünen wählten am letzten Wochenende Robert Habeck (55). Im ARD-Deutschlandtrend legte die Partei sofort um zwei Prozentpunkte zu und zog mit der SPD gleich.

Die AfD wird erstmals mit einer Kanzlerkandidatin in den Wahlkampf ziehen. Parteichefin Alice Weidel soll am 8. Dezember vom Parteivorstand nominiert werden.

Lindner: «Da wissen die Menschen, was sie bekommen»

Mit am schnellsten äußerte sich am Abend der frühere, von Scholz entlassene Finanzminister Christian Lindner zur Entscheidung der K-Frage der SPD. «Es ist mir recht, wenn Herr Scholz der Kanzlerkandidat der SPD ist. Da wissen die Menschen, was sie bekommen. Und was nicht: #Wirtschaftswende.»

Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) sagte dem Berliner «Tagesspiegel», Scholz gehe aus dem Machtkampf zwar als Sieger, aber «katastrophal beschädigt» hervor. «Es ist deutlich geworden, dass große Teile der Partei und der Fraktion Olaf Scholz nicht weiter folgen wollen und ihm keinen Wahlsieg mehr zutrauen.»

dpa
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