Herr Merz scheint zu viel Trump geschaut zu haben. Selbst die US-Justiz hat bereits den Präsidenten zurückgepfiffen, warnte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich.
SPD prophezeit Niederlagen für Merz vor Gericht

Die SPD prophezeit Unionsfraktionschef Friedrich Merz Niederlagen vor Gericht für seine Vorschläge zur Verschärfung der Migrationspolitik. «Herr Merz scheint mit seiner vollmundigen und voreiligen Ankündigung zu viel Trump geschaut zu haben. Selbst die US-Justiz hat bereits den Präsidenten zurückgepfiffen», sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich mit Verweis auf den neuen US-Präsidenten Donald Trump.
Dieser musste jüngst für den Versuch, per Dekret das Recht auf US-Staatsangehörigkeit durch Geburt in dem Land für bestimmte Gruppen einzuschränken, eine juristische Schlappe einstecken. «Das wird auch mit den Vorschlägen des Oppositionsführers passieren», warnte Mützenich. Weder die Nachbarländer noch die europäischen Institutionen würden nationale Alleingänge von Merz akzeptieren, betonte er weiter.
Merz kündigte nach der tödlichen Messerattacke in Aschaffenburg weitreichende Asylrechtsverschärfungen an, falls die Union die nächste Regierung führt. Sollte er zum Kanzler gewählt werden, plant er, am ersten Tag im Amt das Innenministerium anzuweisen, alle Grenzen permanent zu kontrollieren und alle illegalen Einreisen abzulehnen. Die Bundespolizei soll die Befugnis erhalten, Haftbefehle zu beantragen. Personen, die zur Ausreise verpflichtet sind und aufgegriffen werden, sollen nicht freigelassen, sondern in Ausreisegewahrsam oder Ausreisehaft genommen und so schnell wie möglich abgeschoben werden.
«Mehr als ein Spiel mit dem Feuer»
Merz will nächste Woche in den Bundestag Anträge zur Migration einbringen. «Und wir werden sie einbringen, unabhängig davon, wer ihnen zustimmt», hatte der Unionsfraktionschef betont. SPD und Grüne zweifeln nun an der Verlässlichkeit von Merz, die Brandmauer zur AfD aufrechtzuerhalten. «Das ist mehr als ein Spiel mit dem Feuer, was Herr Merz da treibt», sagte Mützenich der «Augsburger Allgemeinen».
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) plant, den Anträgen der Union eine Regierungserklärung entgegenzusetzen. Er reichte am Freitag einen entsprechenden Antrag beim Parlament ein, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr. Dies würde üblicherweise eine längere Debatte nach sich ziehen.
Warnung vor Einreißen der Brandmauer zur AfD
Scholz zweifelte zugleich am Brandmauer-Versprechen seines Herausforderers. «Bislang hatte ich den Eindruck, dass man sich auf die Aussage des Oppositionsführers verlassen könne, auch nach der Wahl nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten», sagte Scholz der «Stuttgarter Zeitung», den «Stuttgarter Nachrichten» sowie den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. «Nun mache ich mir wirklich Sorgen, nachdem die CDU nun ihre Anträge im Bundestag mit Stimmen der AfD durchsetzen will.» Der Kanzler forderte: «Die Brandmauer zur AfD darf nicht bröckeln.»
Aufruf zur Zusammenarbeit
Mützenich forderte die Union zugleich auf, noch vor der Bundestagswahl die nationale Umsetzung der vereinbarten europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik zu beschließen. «Das wäre mit uns sofort zu machen, genauso wie der Beschluss aller nicht zustimmungspflichtigen Sicherheitsgesetze, die die Union leider im Bundesrat aufgehalten hat.» SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese nannte in der «Bild» unter anderem Befugniserweiterungen bei der Datenanalyse für die Polizei, etwa den Einsatz von KI bei der Bilderfahndung nach Tätern. Die SPD will Wiese zufolge in der nächsten Woche eigene Anträge in den Bundestag einbringen, ist aber zu Abstimmungen mit der Union bereit.
Auch die Grünen warnen Merz vor den Konsequenzen seiner Pläne. Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck sagte in Freiburg in Bezug auf die von Merz geforderte Zurückweisung aller Versuche einer illegalen Einreise, in der Praxis könnte dies sogar dazu führen, dass Europa auseinanderfällt. «In dieser Situation muss man, wenn man ein Land führen will, den kühlen Kopf bewahren und die Dinge zu Ende denken und nicht einfach nur einen raushauen», sagte Habeck.
Grünen-Co-Parteichefin Franziska Brantner sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): «Friedrich Merz weiß genau, dass seine Forderungen mit Europarecht und auch mit dem geltenden Verfassungsrecht nicht zu vereinbaren sind – und sie erwecken erhebliche Zweifel daran, wie standhaft die Brandmauer der Union zur AfD tatsächlich ist.»
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nahm Merz in Schutz. Es sei möglich, die von Merz angekündigten täglichen Rückführungen und Abschiebungen umzusetzen. «Dafür braucht es einen gemeinsamen politischen Kraftakt von Bund, Ländern, Kommunen und auch den Sicherheitsbehörden», sagte Dobrindt der «Rheinischen Post». Der Bund müsse mehr Zuständigkeiten bei Rückführungen bekommen und Rückführungen müssen zentral aus Bundesausreisezentren stattfinden.
Vorschlag zum Umgang mit psychisch kranken Tätern
In Aschaffenburg wurde ein möglicherweise psychisch gestörter Afghane verdächtigt, ein zwei Jahre altes Kind und einen 41 Jahre alten Mann erstochen zu haben. Der 28-jährige Tatverdächtige war nach Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ausreisepflichtig. Er befindet sich weiterhin in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses. Es ist noch unklar, ob er zur Aufklärung des Falls beitragen kann.
Dem 28-Jährigen wird vorgeworfen, zweifachen Mord, zweifachen versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung begangen zu haben. Vor der Tat befand er sich in psychiatrischer Behandlung und nahm entsprechende Medikamente ein. Die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg und die Kriminalpolizeiinspektion Aschaffenburg geben keine weiteren Einzelheiten zum Stand der Ermittlungen bekannt.
Die CSU-Politikerin Andrea Lindholz, die ihren Wahlkreis in Aschaffenburg hat, hält im Umgang mit psychisch kranken ausländischen Straftätern eine engere Abstimmung zwischen Ausländerbehörden, Polizei, Justiz und Flüchtlingsamt für notwendig. Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Für ausländische Straftäter, die Gewalttaten verüben und gleichzeitig psychisch auffällig sind, sollte es Fallkonferenzen geben, wo alle beteiligten Behörden an einem Tisch sitzen, um das richtige Vorgehen und auch die Möglichkeit einer raschen Abschiebung zu besprechen.»
Trauerfeier am Sonntag in Aschaffenburg
Die Tat hatte einen Monat vor der Bundestagswahl die Migrationsdebatte neu entfacht. In der Stadt selbst gehen am Wochenende die Gedenkveranstaltungen an die Opfer weiter. Laut Polizei und Kommune sind für den Samstag eine Reihe von Demos und Kundgebungen angemeldet. Am Sonntag ist eine große zentrale Trauerfeier der Stadt geplant.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) werden voraussichtlich anwesend sein. Es war zunächst unklar, ob auch Angehörige der Opfer an der Gedenkfeier in der Stiftskirche teilnehmen werden. Der ökumenische Wortgottesdienst wird vom evangelischen bayerischen Landesbischof Christian Kopp und dem katholischen Bischof von Würzburg, Franz Jung, geleitet.