SPD-Parteitag: Scholz als Kanzlerkandidat bestätigt, Wahlprogramm vorgestellt

Sechs Wochen vor der Bundestagswahl plant die SPD, sich auf einem Parteitag mit der Nominierung des Kanzlerkandidaten Olaf Scholz und der Verabschiedung ihres Wahlprogramms für die entscheidende Phase des Bundestagswahlkampfs vorzubereiten. Das Ziel der Sozialdemokraten ist es, wieder zur stärksten Partei zu werden, obwohl sie derzeit in den Umfragen einen Rückstand von 13 bis 20 Prozentpunkten auf die führende Union haben und auch hinter der AfD auf dem dritten Platz liegen.

Kämpferische Rede des Kanzlers erwartet

In seiner Rede auf dem Parteitag will Scholz nun die 600 Delegierten motivieren, die erforderliche Aufholjagd zu starten. Es wird erwartet, dass die geplante Entlastung von Steuerzahlern und Unternehmen, das Nein zu Rentenkürzungen und die angestrebte Anhebung des Mindestlohns angesprochen werden. Auch die Außenpolitik wird wahrscheinlich eine Rolle spielen. Zuletzt hatte Scholz dem zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump die Stirn geboten und ihn angesichts seiner Expansionswünsche nach Grönland, Panama und Kanada an die Unverletzlichkeit von Grenzen erinnert.

Kandidatenkür per Handzeichen

Scholz wurde Ende November nach einer langwierigen und kontroversen Debatte vom Parteivorstand als Kanzlerkandidat nominiert. Zuvor hatte die Partei zwei Wochen lang öffentlich darüber diskutiert, ob der deutlich beliebtere Verteidigungsminister Boris Pistorius als Ersatzkandidat für den angeschlagenen Scholz eingesetzt werden sollte, nachdem seine Ampel-Regierung gescheitert war.

Auf dem Parteitag soll die Entscheidung für Scholz nun per Handzeichen bestätigt werden. Eine geheime Abstimmung wie bei vielen früheren Entscheidungen für Kanzlerkandidaten soll es nicht geben. Die Parteiführung begründet das damit, dass Scholz als Kanzler und nicht als Herausforderer antritt und es in diesen Fällen üblich sei, «per Akklamation» zu entscheiden. Vor der vorangegangenen Wahl 2021 hatten 96,2 Prozent der Delegierten bei einer Online-Abstimmung während der Corona-Pandemie für Scholz gestimmt. 

Wahlprogramm: «Mehr für Dich. Besser für Deutschland»

Inhaltlich will sich die SPD mit einem 63-seitigen Programm mit dem Titel «Mehr für Dich. Besser für Deutschland» für die Wahl am 23. Februar aufstellen. Darin verspricht die Partei, 95 Prozent der Steuerzahler entlasten zu wollen. Zugleich will die SPD bei denen stärker zulangen, die viel Geld haben: Superreiche mit Vermögen über 100 Millionen Euro sollen eine Vermögensteuer zahlen. 

Für mehr Investitionen in Strom- und Wärmenetze, Ladesäulen und Wohnungsbau will die SPD einen sogenannten Deutschlandfonds einrichten, aus dem Beteiligungen und Darlehen finanziert werden. Außerdem plant die SPD einen «Made in Germany»-Bonus: Investitionen in Maschinen und Geräte sollen mit zehn Prozent der Anschaffungssumme über eine Steuererstattung gefördert werden.

Juso-Vorstoß: Nicht mehr als 400 Euro für WG-Zimmer

Zu dem Entwurf sind mehr als 90 Änderungsanträge eingereicht worden. Zum Beispiel wollen die Jusos sicherstellen, dass Studierende und Azubis möglichst nicht mehr als 400 Euro für ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft zahlen müssen. Nach Angaben der Jugendorganisation hat sich die Antragskommission am Freitagabend darauf verständigt, eine entsprechende Passage ins Programm aufzunehmen. «Wir haben damit den konkretesten Vorschlag im politischen Wettbewerberfeld für die dringend notwendige Entlastung von Studierenden und Azubis bei Wohnkosten», sagte Juso-Chef Philipp Türmer der Deutschen Presse-Agentur dazu. 

Einer muss draußen bleiben

Beim Parteitag sind auch internationale Gäste und wie immer auch frühere Parteichefs eingeladen. Einer muss jedoch wieder draußen bleiben. Der mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin befreundete Ex-Kanzler Gerhard Schröder ist seit der russischen Invasion in der Ukraine bei SPD-Parteitagen nicht mehr willkommen.