Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Stille Weihnachten – Trauer nach Anschlag in Magdeburg

Eine Woche nach dem Anschlag steht Magdeburg weiter im Zeichen der Trauer. Dabei wird das traditionelle Weihnachtskonzert in diesem Jahr zu einem Symbol des Zusammenhalts.

Menschen haben Blumen, Kerzen und Plüschtiere niedergelegt.
Foto: Heiko Rebsch/dpa

Der zweite Weihnachtsfeiertag sollte ein Tag der Freude sein, aber in Magdeburg herrscht sechs Tage nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt immer noch eine tiefe Stille. Im Opernhaus versammelten sich mehrere Hundert Menschen, um der fünf Toten und bis zu 235 Verletzten zu gedenken.

Oberbürgermeisterin: Wunde in der Stadt

«Dieses Attentat hat eine große Wunde in unsere Stadt gerissen. Eine Wunde, die blutet», sagte die Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt, Simone Borris (parteilos), kurz vor Beginn des Konzerts. Es liege nun an den Magdeburgerinnen und Magdeburgern, diese Blutung zu stoppen. Die große Wunde werde jedoch eine Narbe hinterlassen, die die Stadt verändern werde. «Wir müssen versuchen, gemeinsam in der Trauer zueinanderzustehen und dann nach vorn zu schauen», betonte Borris. Anschließend erhoben sich die Gäste zu einer Schweigeminute.

Die Premiere des jährlichen Weihnachtskonzerts wurde spontan umgestaltet, um Solidarität und Zusammenhalt zu zeigen. Anwesend waren Opfer, Betroffene, Rettungskräfte und Ersthelfer. Speziell für sie wurden 200 kostenlose Karten reserviert.

Im Uniklinikum behandelte Opfer außer Lebensgefahr

Die Stadt setzt die Bewältigung der Folgen des Anschlags fort, bei dem der Täter Taleb A., ein Arzt aus Saudi-Arabien, mit einem Auto gezielt über den Weihnachtsmarkt gefahren war. Fünf Menschen starben, bis zu 235 wurden verletzt. Von den 72 Verletzten, die in der Magdeburger Universitätsklinik behandelt wurden, sind laut dem zuständigen Klinikdirektor inzwischen alle außer Lebensgefahr.

Viele Menschen erlitten schwere Knochenbrüche und innere Blutungen, einige wurden auf der Intensivstation stabilisiert. Trotz aller Bemühungen konnten ein neunjähriger Junge und eine erwachsene Frau, die in die Klinik gebracht wurden, nicht gerettet werden.

Debatte um Sicherheit und politische Folgen

Neben den Ermittlungen zum Anschlag wird auch nach Fehlern in der Polizeiarbeit gesucht. Laut dem sachsen-anhaltischen Innenministerium geht es unter anderem um ein Polizeifahrzeug, das sich nicht an einem vorgesehenen Standort befunden hat. Es werden auch Fragen zum Sicherheitskonzept des Veranstalters des Weihnachtsmarkts untersucht. Nach Angaben des Innenministeriums liegt der Staatsanwaltschaft derzeit eine Strafanzeige gegen die Stadt Magdeburg und die Polizeiinspektion Magdeburg vor.

Laut dem Deutschen Städtetag ist eine vollständige Sicherheit vor Anschlägen auf Weihnachtsmärkten nicht möglich. “Den Städten geht es vor allem darum, die Risiken so gering wie möglich zu halten”, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy.

Die Diskussion über politische Konsequenzen wird fortgesetzt. SPD-Chefin Saskia Esken forderte eine umfassende Aufklärung und appellierte an den gesellschaftlichen Zusammenhalt. «Gerade in Zeiten der Not und der Trauer dürfen wir darauf vertrauen, dass unser “Mensch sein” und unser Zusammenhalt stärker sind als Hass und Gewalt», sagte sie am ersten Weihnachtstag.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnte vor einer Instrumentalisierung der Tat, nachdem bei einer AfD-Kundgebung am Montag lautstark Abschiebungen gefordert worden waren. Sie betonte: «Zur AfD kann ich nur sagen: Jeder Versuch, eine solch furchtbare Tat zu instrumentalisieren und das Leid der Opfer zu missbrauchen, ist widerwärtig.»

dpa