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Streit um Klimatopf: Geld für Zertifikate statt Klimaschutz?

Der Klimafonds soll eigentlich Investitionen in eine klimaneutrale Zukunft finanzieren. Doch das Finanzministerium plant, daraus Zertifikatskäufe zu bezahlen. Experten warnen vor einem Teufelskreis.

«Deutschland wird seine Klimaziele verfehlen», sagt die Klimawissenschaftlerin Brigitte Knopf.
Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Brigitte Knopf, eine Klimawissenschaftlerin, warnte eindringlich vor einer möglichen Zweckentfremdung des Klima- und Transformationsfonds (KTF) durch die Bundesregierung. Die Idee des Finanzministeriums im Haushaltsentwurf für 2026, Emissionszertifikate für verfehlte Klimaziele mit Mitteln aus dem KTF zu bezahlen, «konterkariert völlig den Klimaschutz», so die Direktorin des Thinktanks Zukunft Klimasozial und stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats für Klimafragen der Bundesregierung.

«Deutschland wird seine Klimaziele verfehlen», sagte Knopf der Deutschen Presse-Agentur. «Und statt mehr in Klimaschutz zu investieren, soll dann Geld, was eigentlich für Investitionen in den Klimaschutz hierzulande gedacht war, für den Kauf von Zertifikaten in anderen Ländern benutzt werden. Das ist ein absurder Teufelskreis.»

KTF soll Investitionen und Entlastungen finanzieren

Der KTF ist ein staatlicher Fonds, der Investitionen in den Klimaschutz fördern soll, beispielsweise durch den Ausbau erneuerbarer Energien oder die klimaneutrale Umgestaltung der Industrie. Darüber hinaus werden damit auch Entlastungen für Haushalte und Unternehmen finanziert, beispielsweise aufgrund gestiegener Energiekosten.

Gemäß den Vorschriften der EU sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, ihre jährlichen Emissionsziele in Bereichen wie Verkehr, Gebäude oder Landwirtschaft einzuhalten. Sollten die Ziele nicht erreicht werden, müssen sie gemäß der Europäischen Lastenteilungsverordnung (ESR) sogenannte Emissionszertifikate von anderen EU-Staaten erwerben, die ihre Ziele übertroffen haben.

Deutschland müsste bei Zielverfehlung rund 22 Milliarden zahlen

Es zeigt sich eine bedeutende Lücke für Deutschland. Der Expertenrat für Klimafragen prognostiziert, dass Deutschland bis 2030 insgesamt etwa 224 Millionen Tonnen CO2 zu viel ausstoßen wird, um die Ziele zu erreichen. Deutschland müsste Zertifikate für jede zusätzlich ausgestoßene Tonne CO2 kaufen.

Bei einem realistischen Preis von 100 Euro pro Tonne CO2 müsste Deutschland bis 2030 ungefähr 22 Milliarden Euro zahlen, sagt Knopf. «Das wären im Schnitt für die Jahre 2026 bis 2030 etwas mehr als vier Milliarden Euro pro Jahr.» Also fast die Hälfte jener zehn Milliarden Euro, die der KTF jedes Jahr aus dem Sondervermögen erhalte.

Bis jetzt noch kein Geld für Zertifikate vorgesehen

Das Bundesfinanzministerium teilte mit, der Haushaltsposten «Ankauf von Emissionszuweisungen nach der EU-Klimaschutzverordnung» sei aus dem Kernhaushalt in den KTF überführt worden, «damit der KTF zugleich einen Beitrag zur Aufstellung des Kernhaushaltes leistet».

Da Deutschland in den vergangenen Jahren unterhalb der zulässigen CO2-Mengen gelegen habe, seien aktuell noch keine Mittel für den Kauf von Zertifikaten vorgesehen, sagte ein Sprecher. Sofern in Zukunft der Kauf von Zertifikaten erforderlich sein sollte, «werde über die Finanzierung im Rahmen der jährlichen Haushaltsaufstellung zu entscheiden sein».

dpa