Eine Regelung für Stellen im Öffentlichen Dienst hat zu landesweiten Protesten geführt. Die Regierung versucht, sie niederzuschlagen.
Studentenproteste in Bangladesch: Truppen im Einsatz
Nach Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei bei Studentenprotesten in Bangladesch setzt die Regierung nun landesweit die Armee ein. Das teilte das Militär mit. Seit dem Beginn der Gewalt am Dienstag seien mehr als 100 Menschen bei den Protesten gestorben – allein am Freitag mindestens 56, berichtete BBC Bangla unter anderem unter Berufung auf die Tageszeitungen «Prothom Alo» und «The Daily Star».
Die aktuellen Berichte dieser und anderer örtlicher Medien waren am Samstag online nicht verfügbar. Die Regierung hatte Internet-, Telefon- und SMS-Verbindungen weitgehend unterbrochen. Offiziell wurden die Opferzahlen nicht bestätigt. Die US-Botschaft in Bangladesch sprach von Hunderten bis zu Tausenden Verletzten.
In der Hauptstadt Dhaka wurden am Freitag jegliche Kundgebungen bis auf weiteres verboten, wie «Prothom Alo» unter Berufung auf die Polizei berichtete. Trotzdem fanden teils Proteste statt. Die Polizei setzte unter anderem Schallgranaten, Tränengas- und Gummigeschosse ein. Protestierende hätten unter anderem Fahrzeuge, Geschäfte und Büros in Brand gesetzt, berichtete ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort.
Am Freitag um Mitternacht hätten sich Studentenvertreter mit Vertretern der Regierung getroffen, hieß es. Informationen zu Ergebnissen habe es aber nicht gegeben, berichtete BBC Bangla. Am Samstag seien auf den Straßen vorwiegend Militärangehörige unterwegs gewesen. Die Website der Regierung Bangladeschs schien gehackt zu sein. Dort war am Samstag zu lesen: «Hört auf, Studenten zu töten» und «Es ist kein Protest mehr, es ist jetzt ein Krieg».
Forderung nach Leistung statt Quoten
Die Proteste, die seit Anfang Juli andauern, sind gegen die potenzielle Wiedereinführung eines alten Quotensystems gerichtet. Dieses System sieht vor, dass mehr als die Hälfte der Stellen im öffentlichen Dienst für bestimmte Gruppen reserviert werden – wie zum Beispiel Nachkommen von Soldaten, die 1971 für die Unabhängigkeit des Landes kämpften, Frauen und Menschen aus armen Gegenden.
Tausende junge Menschen fordern jedoch ein System, das stärker auf Leistung setzt. In dem Land mit über 170 Millionen Einwohnern ist die Arbeitslosigkeit und die Inflation hoch. Am Donnerstag signalisierte die Regierung Bereitschaft für eine Reform der Regelung und für Gespräche.
Das Quotensystem begünstigt laut Beobachtern Anhänger von Premierministerin Sheikh Hasina und ihrer Awami-Liga. Die Regierung wiederum beschuldigt einen Teil der oppositionellen Bangladesh Nationalist Party, die Gewalt bei den Protesten anzuheizen. Am Freitagmittag wurde der wichtige Oppositionspolitiker Ruhul Kabir Rizvi von der Polizei festgenommen.