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Supreme Court: Kann Trump noch einmal US-Präsident werden?

Die USA sind ein polarisiertes Land. Trump hat mit Normen gebrochen. Trauriger Höhepunkt seiner Präsidentschaft war der Kapitol-Sturm. Wird Trump deswegen vom Präsidentenamt disqualifiziert?

Donald Trump würde gerne erneut Präsident der USA werden.
Foto: Matt Rourke/AP/dpa

In der Verfassung der Vereinigten Staaten ist festgelegt, wer das Amt des Präsidenten übernehmen kann. Der Kandidat muss die Staatsbürgerschaft von Geburt an besitzen, mindestens 35 Jahre alt sein und mindestens 14 Jahre in den Vereinigten Staaten gelebt haben. So weit, so klar.

Jedoch existiert weiterhin das sogenannte Verbot des Aufstands im 14. Verfassungszusatz. Es bedeutet im Wesentlichen, dass eine Person, die zuvor an einem Aufstand gegen den Staat teilgenommen hat, kein höheres Amt im Staat bekleiden darf.

Hindernis: Sturm auf das Kapitol?

Vorhang auf: Donald Trump. Der 77-Jährige plant, nach der Präsidentenwahl im November erneut ins Weiße Haus zurückzukehren. Allerdings behaupten Gegner des Republikaners, dass er sein Recht auf das Präsidentenamt verwirkt habe, aufgrund seines Verhaltens während des Sturms auf das Kapitol. Mit ihren Bemühungen waren sie erfolgreich, insbesondere im Bundesstaat Colorado. Jetzt liegt es an dem Obersten Gericht des Landes, eine Entscheidung zu treffen.

Heute hören die neun Richterinnen und Richter in Washington die Argumente beider Parteien – jedoch wird eine Entscheidung erst später getroffen. Im Dezember hatte das oberste Gericht in Colorado in einem aufsehenerregenden Urteil festgestellt, dass Ex-Präsident Trump sich für die Vorwahl der Republikaner für die Präsidentschaftskandidatur in diesem Bundesstaat disqualifiziert habe.

Trump hat Berufung eingelegt. Das Urteil wird bis zur endgültigen Klärung der Frage ausgesetzt. Somit liegt es nun am Obersten Gerichtshof, über den Fortgang der Präsidentschaftswahlen in den USA zu entscheiden. Die Frage nach Trumps Ausschluss vom Präsidentenamt ist nicht nur juristisch kompliziert – sie birgt politisches Konfliktpotenzial und könnte die amerikanische Gesellschaft im Wahljahr weiter spalten und das politische System an seine Grenzen bringen.

Trump hat Mehrheit am Supreme Court nach rechts verschoben

Das höchste Gericht des Landes gibt vor, unparteiisch und unbefangen zu sein. Vor über 23 Jahren traf es jedoch bereits eine historische Entscheidung über den Ausgang einer Präsidentenwahl. Damals wurde darüber debattiert, ob die Stimmen im entscheidenden Bundesstaat Florida erneut gezählt werden sollten.

Der Supreme Court beendete die Neuauszählung und machte somit den Republikaner George W. Bush zum Präsidenten, während der Demokrat Al Gore verlor. Das Ansehen des Gerichts erlitt damals Schaden und es gab viel Kritik. Das Urteil des Supreme Court im Fall Trump wird voraussichtlich eine ähnliche – möglicherweise sogar noch größere – Bedeutung haben.

Während seiner Amtszeit hatte Trump die Gelegenheit, drei Richterposten am Supreme Court neu zu besetzen. Er wählte erzkonservative und stark religiöse Kandidaten aus und möglicherweise verschob er die Mehrheiten am Gericht für Jahrzehnte in Richtung rechts. Lediglich drei der neun Richterinnen und Richter werden dem liberalen Lager zugeordnet.

In dieser Besetzungskonstellation hat das Gericht oft zugunsten religiöser Kläger entschieden, den Schutz von Minderheiten geschwächt und das seit rund 50 Jahren geltende Recht auf Abtreibung aufgehoben. Als Folge davon hat das Gericht an Zustimmung in der Bevölkerung verloren. Trotzdem hat es nicht immer im Sinne von Trump entschieden – zum Beispiel bei der Herausgabe seiner Steuerunterlagen.

Juristischer Drahtseilakt

Es gibt drei grundlegende Fragen zu klären im Bezug auf Trumps Eignung als Präsident. Die erste Frage ist, ob die Aufstandsklausel in der Verfassung auch für Präsidenten gilt. Obwohl in der Passage einige Beispiele für höhere Ämter genannt werden, wird das Amt des Präsidenten nicht explizit erwähnt.

Es muss zweitens geklärt werden, ob der Angriff auf das Kapitol am 6. Januar 2021 als Aufstand betrachtet werden kann. Damals hatten Trump-Anhänger den Sitz des Parlaments in Washington gestürmt. Der Kongress war dort zusammengekommen, um offiziell den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentenwahl zu bestätigen.

Wenn dieses Ereignis als Aufstand betrachtet wird, müsste man klären, ob Trump daran beteiligt war, nachdem er zuvor seine Anhänger aufgewiegelt hatte.

Fachleute gehen allerdings davon aus, dass das Gericht keine dieser Fragen beantworten wird. Denn dafür ist der Fall zu politisch aufgeladen. «Ich denke, es wird ein technisches Urteil geben», sagt der Juraprofessor Aaron Tang von der Stanford Universität in Kalifornien im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Das bedeutet, dass der Supreme Court die zentralen Fragen umschiffen würde, um sich nicht politisch angreifbar zu machen. «Man kann sich das wie einen Notausgang vorstellen, als Weg, auf dem der Supreme Court für Trump entscheiden kann, der politisch nicht explosiv ist.» Tang geht davon aus, dass das Gericht sich auf Trumps Seite stellen wird.

Supreme Court könnte Kongress Verantwortung zuschieben

Tang und andere Juristinnen und Juristen vermuten, dass der Supreme Court die Frage nach der Eignung als Präsident möglicherweise in die Zuständigkeit des Kongresses legen könnte. Ein mögliches Urteil könnte besagen, dass der US-Kongress erst ein entsprechendes Gesetz verabschieden müsste, bevor die Aufstandsklausel angewendet werden kann.

Die Gegner von Trump argumentieren, dass es für die Anwendung der Verfassung nicht notwendigerweise ein Gesetz braucht. Und einige Experten warnen davor, die Verantwortung in solch polarisierten Zeiten dem Kongress zuzuschieben. Auch Juristen, die im Sinne von Trump beim Supreme Court Stellung bezogen haben, halten nicht viel von einer solchen Lösung.

«Ich würde mir wünschen, dass das Gericht eine saubere Lösung findet», sagt etwa der Jurist Josh Blackman bei einer Veranstaltung der konservativen Denkfabrik Heritage Foundation. «Ich denke, eine halbherzige Stellungnahme (…), die es dem Kongress überlässt, ist ein Risiko, bei dem man auch mit Dynamit spielt.»

Es gibt verschiedene andere Optionen, wie das Gericht am Ende entscheiden kann. Es könnte auch feststellen, dass Trump für das Präsidentenamt geeignet ist und sich dennoch zur Natur des Sturms auf das Kapitol positionieren. Ebenso könnten die Richterinnen und Richter feststellen, dass die Aufstandsklausel nicht für Präsidenten gilt. Blackman argumentiert zum Beispiel genauso.

Trumps Super-GAU

Und es ist auch möglich, dass der Supreme Court entscheidet, dass Trump nicht für das Präsidentenamt geeignet ist. In diesem Fall könnte er zwar weiterhin kandidieren und sein Name könnte möglicherweise auch auf dem Wahlzettel stehen. Jedoch wird der Republikaner höchstwahrscheinlich nicht erneut Präsident der USA werden.

Expertinnen und Experten gehen davon, dass es absolut unwahrscheinlich ist, dass das Oberste Gericht ein solches Urteil fällen wird. Einige fürchten dann auch politische Gewalt – der Sturm auf das Kapitol hat gezeigt, wie weit Trump und seine Anhänger bereit sind zu gehen. Für Jurist Tang wäre ein solches Urteil eine «weltverändernde Entscheidung».

dpa