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Supreme Court prüft: Ist Trump immun gegen Strafverfolgung?

Der Supreme Court steht vor einer historischen Entscheidung. Ex-Präsident Trump pocht auf Immunität. Sollte er Recht bekommen, könnte das die Strafverfahren gegen ihn auf den Kopf stellen.

Können diese Augen lügen? Donald Trump beteuert in allen Verfahren seine Unschuld.
Foto: Brendan McDermid/Pool Reuters/AP/dpa

Heute beschäftigt sich das Oberste Gericht der USA mit der Frage, ob Ex-Präsident Donald Trump für seine Handlungen im Amt Schutz vor Strafverfolgung genießt. Es steht nicht weniger auf dem Spiel als die Zukunft der Strafverfahren gegen Trump und die Grenzen des Rechtsstaats.

Während der Anhörung präsentieren beide Seiten ihre Argumente vor den Richterinnen und Richtern des Supreme Court. Obwohl ein Urteil erst in einigen Wochen erwartet wird, dürften die Fragen der Richterinnen und Richter einen Einblick in ihre Positionen geben, wenn es um die Immunität eines Präsidenten geht – und somit einen Vorgeschmack auf das Urteil. Die Klärung der Immunitätsfrage wird bestimmen, ob und wann der Prozess gegen Trump wegen versuchten Wahlbetrugs beginnen kann. Der 77-Jährige wird nicht an der Anhörung teilnehmen.

Trump, der nach der Präsidentenwahl im November wieder ins Weiße Haus einziehen will, ist in der US-Hauptstadt im Zusammenhang mit versuchtem Wahlbetrug angeklagt. Anhänger Trumps hatten am 6. Januar 2021 den Parlamentssitz in Washington gestürmt. Trump hatte bereits vor dem Sturm auf das Kapitol auf verschiedenen Ebenen versucht, das Wahlergebnis zu kippen.

Trump und seine Anwälte streben an, dass die Anklage in Washington abgewiesen wird. Sie verweisen dabei auf Trumps Immunität während seiner Amtszeit als Präsident. Sie behaupten, dass Trump nicht für Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden kann, die Teil seiner Pflichten als Präsident waren. Trotz dieser Argumentation waren sie vor zwei Gerichten in der US-Hauptstadt erfolglos. Trumps Anwälte haben Berufung eingelegt, wodurch der Fall nun vor dem Supreme Court liegt.

Fall geht über Trump hinaus

Das Urteil wird auch für kommende Präsidenten von großer Bedeutung sein. Wenn sie tatsächlich Immunität genießen, könnten sie Straftaten im Amt begehen, ohne befürchten zu müssen, zur Rechenschaft gezogen zu werden. Dies hängt natürlich davon ab, wie das Urteil formuliert ist und was als offizielle Amtshandlung gilt.

Der Supreme Court, der unter Trump wegen mehrerer Nachbesetzungen weit nach rechts gerückt ist, wird entscheiden müssen, wie groß die Macht der US-Präsidenten ist und wo die Grenzen des Rechtsstaats liegen. Obwohl die Verfassung Präsidenten keine explizite Immunität gewährt, auch nicht während ihrer Amtszeit, vertritt das Justizministerium traditionell die Ansicht, dass Präsidenten während ihrer Zeit im Weißen Haus nicht angeklagt werden können.

Doch was geschieht, wenn sie nicht mehr im Amt sind? Diese Frage wurde bisher nicht gestellt, da vor Trump noch nie ein ehemaliger US-Präsident mit einem Strafverfahren konfrontiert wurde. Ex-Präsident Richard Nixon wurde 1974 von seinem Nachfolger Gerald Ford begnadigt, nachdem er wegen der Watergate-Affäre zurückgetreten war.

Der Skandal um Amts- und Machtmissbrauch führte zum Rücktritt des ersten und bisher einzigen US-Präsidenten. Trotz vorsorglicher Begnadigung wurde keine Anklage erhoben. Derzeit laufen vier Strafverfahren gegen Trump, darunter versuchter Wahlbetrug, gesetzeswidrige Aufbewahrung von Geheimdokumenten und möglicherweise unrechtmäßige Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin.

Die Argumente

Die Anwälte von Trump argumentieren, dass Trumps Handlungen nach der Präsidentenwahl 2020 zu seinen offiziellen Pflichten als Präsident gehörten. Daher könne er nicht strafrechtlich belangt werden. Außerdem sei Trump im Amtsenthebungsverfahren nie vom Senat für schuldig befunden worden.

Laut den Anwälten ist dies jedoch eine Voraussetzung für eine Strafverfolgung. Viele juristische Experten halten dies für falsch. Trumps Anwälte argumentieren weiterhin, dass Präsidenten, die keine Immunität genießen, im Amt durch Erpressung entmündigt und nach ihrer Amtszeit im Weißen Haus zum Opfer politischer Gegner werden würden.

Mit dieser Argumentation sind Trump und seine Anwälte vor dem zuständigen Gericht in Washington und später vor einem Berufungsgericht gescheitert. Letzteres urteilte, dass aufgrund von Belangen der öffentlichen Ordnung, «insbesondere im Lichte unserer Geschichte und der Struktur unserer Regierung» eine Ablehnung des Antrages auf Immunität geboten sei.

Trumps Behauptung, dass er uneingeschränkt vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt werden sollte für alle offiziellen Handlungen während seiner Amtszeit, wird weder durch die Geschichte noch den Text oder die Struktur der Verfassung gestützt. Die Staatsanwaltschaft teilt diese Ansicht. Sie argumentierte, dass das Beeinflussen eines Wahlergebnisses nicht zu den Amtspflichten eines Präsidenten gehört.

Erfolgreiche Verzögerungstaktik

Der Fall wurde schließlich vor dem Supreme Court verhandelt – wenn auch mit einer Verzögerung. Der Sonderermittler Jack Smith beantragte bereits nach dem ersten Urteil beim Obersten US-Gericht, das dazwischengeschaltete Berufungsgericht zu umgehen. Sein Ziel war es, dass sich der Supreme Court direkt mit dem Fall befasst, da dieser letztendlich sowieso dort landen würde.

Smith betonte die Dringlichkeit, diese Frage vor der Präsidentenwahl zu klären. Der Supreme Court wies dies jedoch ab und verzögerte die Angelegenheit. Obwohl das Gericht den Fall schließlich Ende Februar annahm, legte es die anstehende Anhörung erst für Ende April fest. Trump sieht darin einen Erfolg, da er darauf hofft, alle seine Strafverfahren bis nach der Wahl zu verzögern.

Das Verfahren um Schweigegeld für eine Pornodarstellerin in New York hat bereits begonnen. Trumps Anwälte reichen viele Anträge bei den Gerichten ein – und haben dabei Erfolg. Wenn der Supreme Court entscheidet, dass Trump Immunität für seine Amtshandlungen genießt, wird das Wahlbetrugsverfahren in Washington unwirksam.

Ebenso dürften das Verfahren in Georgia, das ähnliche Vorwürfe betrifft, und das Verfahren in Florida bezüglich der Mitnahme geheimer Unterlagen aus dem Weißen Haus in Frage gestellt werden. Das Verfahren in New York bezieht sich auf mutmaßliche Straftaten vor Trumps Amtszeit im Weißen Haus.

Alle Augen auf den Wahlkampf

Bislang haben die strafrechtlichen Ermittlungen Trump in Umfragen nicht geschadet. Der Republikaner beteuert in allen Verfahren seine Unschuld und stellt die Ermittlungen gegen ihn als Versuch seiner politischen Gegner dar, ihn kaltzustellen. Bei der Wahl im November läuft es auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Trump und dem demokratischen Amtsinhaber Joe Biden hinaus.

Trumps Opfernarrativ findet Anklang bei seinen Anhängern. Dies könnte sich jedoch ändern, wenn Trump in mehreren Gerichtsverfahren von belastenden Zeugen schwer belastet würde. Das will Trump auf jeden Fall verhindern. Es geht vor allem um die öffentliche Wahrnehmung. Weder die Anklage noch mögliche Verurteilungen stellen ein rechtliches Hindernis für seine Kandidatur dar.

dpa