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Syriens neuer Übergangspräsident beruft Regierung zur Neugestaltung des Landes

Die Bildung des Kabinetts ist ein Schritt zum Aufbau eines neuen Staates mit Verantwortung und Transparenz, inklusive prominenter Zivilgesellschaftsvertreter und erster Frau in der Regierung.

Syriens Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa verkündete die neue syrische Regierung.
Foto: Moawia Atrash/dpa

Der islamistische Übergangspräsident Syriens, Ahmed al-Scharaa, hat eine neue Regierung ernannt, die den Wiederaufbau des Landes vier Monate nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Baschar al-Assad vorantreiben soll. Das vom Abend von Scharaa vorgestellte Kabinett besteht aus 22 Ministern und ersetzt eine Übergangsregierung, die nach dem Sturz Assads im Dezember durch eine Rebellenallianz die Regierungsgeschäfte übernommen hatte. Unterdessen gibt es im Gaza-Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas vorsichtige Hoffnung auf eine neue Waffenruhe.

Die Bildung der neuen syrischen Regierung sei «eine Erklärung unseres gemeinsamen Willens, einen neuen Staat aufzubauen», sagte Schaara. Man wolle die staatlichen Institutionen auf der Grundlage von «Verantwortung und Transparenz» neu errichten. 

 

Im neuen Kabinett ist eines der bekanntesten Gesichter der syrischen Zivilgesellschaft vertreten: Raed al-Saleh, Leiter der Rettungsorganisation Weißhelme, wurde zum Minister für Notfall- und Katastrophenmanagement ernannt. Erstmals wurde auch eine Frau in die Regierung berufen: Hind Kabawat wird als Ministerin für Soziales und Arbeit fungieren. Sie ist Christin. Dies könnte als Signal an die westlichen Länder verstanden werden, die darauf bestehen, dass Frauen und Minderheiten in den politischen Prozess in Syrien einbezogen werden.

Rebellen behalten Schlüsselposten

Ehemalige Rebellenvertreter behalten ihre Schlüsselressorts: Asaad al-Scheibani bleibt Außenminister, Marhaf Abu Kasra Verteidigungsminister. Ein weiterer ehemaliger Rebellenführer, der zuvor als Sicherheitschef fungierte, ist nun Innenminister. Es wurde kein Ministerpräsident ernannt. Übergangspräsident Scharaa wird voraussichtlich die Arbeit des Kabinetts leiten.

Scharaa hat vor kurzem eine provisorische Verfassung für die fünfjährige Übergangsphase unterzeichnet. Der Islamist strebt nach Akzeptanz der westlichen Länder, die ihre Unterstützung an politische Reformen und die Achtung der Menschenrechte gebunden haben. Schaara hofft darauf, dass die belastenden internationalen Wirtschaftssanktionen, die vor über einem Jahrzehnt verhängt wurden, um Assads Machtapparat unter Druck zu setzen, aufgehoben werden.

Ein Militäreinsatz gegen Assad-Anhänger mit Hunderten Toten in der Küstenregion im Nordwesten des Landes, darunter viele Zivilisten, sorgte erst kürzlich für neues Misstrauen. Am 8. Dezember übernahm eine Rebellenallianz unter Führung der islamistischen Haiat Tahrir al-Scham (HTS) die Kontrolle in Damaskus. Assad floh nach Russland und die bisherige Übergangsregierung wurde vom damaligen Regierungschef der Rebellenhochburg Idlib, Mohammed al-Baschir, geleitet. In der neuen Regierung fungiert er als Energieminister.

Die Regierung in Israel ist weiterhin skeptisch gegenüber den neuen islamistischen Führern im Nachbarland. Die Streitkräfte des jüdischen Staates greifen regelmäßig militärische Anlagen in Syrien an und betonen, dass diese eine Bedrohung darstellen.

Hoffnung auf neue Gaza-Waffenruhe

Es besteht derzeit im Konflikt zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen vorsichtige Hoffnung auf eine neue Waffenruhe. Laut einem hochrangigen Mitglied erklärte sich die palästinensische Terrororganisation bereit, fünf Geiseln gegen eine weitere 50-tägige Feuerpause freizulassen.

Laut Angaben habe man einem entsprechenden Vorschlag Ägyptens zugestimmt. Die Feuerpause soll daher an den Festtagen nach Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan beginnen. Die Feierlichkeiten zum Eid al-Fitr beginnen in den Palästinensergebieten und vielen anderen Ländern heute, am Sonntag.

Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu erklärte, seine Regierung habe in Abstimmung mit den USA ein Gegenangebot gemacht. Laut der Nachrichtenseite «ynet» fordert Israels Führung die Freilassung von zehn Verschleppten. Nach israelischen Informationen werden derzeit noch 24 Geiseln aus Israel im Gazastreifen festgehalten, hinzu kommen die sterblichen Überreste von 35 Entführten. Am Abend demonstrierten in israelischen Städten wie der Küstenmetropole Tel Aviv laut Medienberichten erneut Zehntausende Menschen für einen Deal mit der Hamas zur Freilassung der Verschleppten.

Israels Armee weitet Bodenoffensive in Rafah aus

Die israelische Armee setzt ihre militärische Härte gegen die Hamas in Gaza fort. In Rafah im Süden des abgeriegelten Küstenstreifens hat sie nach eigenen Angaben eine Bodenoffensive in einem weiteren Viertel der Stadt begonnen.

Israel hat im März die schweren Angriffe im Gazastreifen wieder aufgenommen, nachdem beide Seiten sich nicht auf die Verlängerung einer Feuerpause einigen konnten. Laut israelischen Medien vermutete man, dass die Hamas eine neue Waffenruhe anstrebt, um die kürzlich im Gazastreifen ausgebrochenen Proteste gegen ihre Herrschaft zu stoppen. Aufgrund der israelischen Angriffe ist dies derzeit nicht möglich.

Der Auslöser für den Krieg war der Angriff der Hamas und anderer extremistischer Gruppen im Süden Israels am 7. Oktober 2023, bei dem etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Während des Krieges wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden im Gazastreifen mehr als 50.000 Menschen getötet, wovon etwa ein Drittel Kinder und Jugendliche waren. Die Zahlen können nicht unabhängig überprüft werden, aber internationale Organisationen wie die UN halten sie größtenteils für glaubwürdig.

dpa