Mehrere Abgeordnete wollen per Eilantrag in Karlsruhe das geplante Finanzpaket stoppen, während die Koalitionsverhandlungen weiterhin schwierig sind.
Verfassungsänderung und Koalitionsstreit: Politische Spannung in Berlin
In der Berliner Politik steht eine aufregende Woche bevor: Am Dienstag soll der Bundestag das geplante milliardenschwere Finanzpaket verabschieden, das Union, SPD und Grüne ausgehandelt haben. Am Freitag ist der Bundesrat an der Reihe. Es werden jeweils Zweidrittelmehrheiten benötigt. Einige Abgeordnete planen jedoch, das Vorhaben durch einen Eilantrag in Karlsruhe zu stoppen. Dadurch könnte auch die Grundlage für die geplante schwarz-rote Koalition mit dem voraussichtlichen Kanzler Friedrich Merz (CDU) ins Wanken geraten.
Knappe Beratungszeit für das Schuldenpaket
Die unabhängige Abgeordnete Joana Cotar gab an, zum zweiten Mal Einspruch in Karlsruhe erhoben zu haben und beantragte, die Abstimmung zu verschieben. Das Verfassungsgericht bestätigte den Eingang. Drei FDP-Abgeordnete beabsichtigen, mit dem gleichen Ziel einen Eilantrag in Karlsruhe zu stellen. Sie argumentieren, dass die Beratungszeit für das Schuldenpaket nicht ausreichend sei.
Die Verfassungsrichter haben am Freitag bereits mehrere Anträge abgelehnt. Einige davon zielten darauf ab, die Sondersitzung des alten Bundestags am Dienstag abzusagen. Es ging auch darum, den geplanten Beschluss des Finanzpakets zu verhindern. Keiner der Anträge war erfolgreich. Auch Eilanträge gegen die Gestaltung des Gesetzgebungsverfahrens blieben erfolglos.
Mehrere Anträge in Karlsruhe noch nicht entschieden
Nach Angaben des Gerichts waren jedoch bereits am Freitag drei weitere Organstreitverfahren und vier Verfassungsbeschwerden anhängig. Eine davon stammt von der Linken, die ebenfalls das stark beschleunigte Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Grundgesetzes kritisiert.
Union, SPD und Grüne planen Änderungen am Grundgesetz: Die Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit sollen bis 2024 auf ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts begrenzt werden, das entspricht etwa 43 Milliarden Euro. Alles darüber hinaus kann durch Kredite finanziert werden. Die Länder sollen mehr Freiheit bei der Verschuldung erhalten. Außerdem soll ein Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität im Grundgesetz verankert werden, das von der Schuldenbremse ausgenommen ist und mit 500 Milliarden Euro aus Krediten finanziert werden soll.
Prominenter CDU-Abgeordneter will nicht zustimmen
Der ehemalige CDU-Generalsekretär Mario Czaja will dem schwarz-roten Finanzpaket im Bundestag nicht zustimmen. «Ich habe meiner Fraktion gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass ich dieser Grundgesetzänderung nicht zustimmen kann», sagte der scheidende Berliner Bundestagsabgeordnete dem Nachrichtenportal «The Pioneer». Diese sei «nicht generationengerecht, und die Begründungen, die dafür herangezogen werden, sind nicht redlich».
Im Bundesrat, der Länderkammer, werden 46 der 69 Stimmen benötigt, um die Änderungen des Grundgesetzes zu genehmigen. Die Landesregierungen, an denen nur CDU/CSU, SPD und Grüne beteiligt sind, haben zusammen 41 Stimmen. Mit den sechs Stimmen aus Bayern wäre die Zustimmung gewiss. Allerdings waren die Freien Wähler, die im Freistaat mit der CSU regieren, zuletzt skeptisch.
Söder versichert Ja aus Bayern zu Finanzpaket
Am Montagnachmittag trifft sich dem Vernehmen nach der Koalitionsausschuss von CSU und Freien Wählern, um über das Abstimmungsverhalten Bayerns im Bundesrat zu beraten. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte aber bereits am Sonntagabend in der ZDF-Sendung «Berlin direkt»: «Gehen Sie mal davon aus, dass Bayern am Ende zustimmen wird.» Die Frage, ob er bereit wäre, für das Finanzpaket seine Regierungskoalition mit den Freien Wählern in München zu opfern, beantwortete Söder nicht.
Merz: Müssen jetzt über Sparen im Haushalt reden
Unterdessen laufen unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Koalitionsgespräche von Union und SPD im Bund weiter. CDU-Chef Merz erwartet trotz der Einigung auf das Finanzpaket noch schwierige Verhandlungen mit der SPD übers Geld. «Wir werden sparen müssen. Wir werden erhebliche Reformen in diesem Lande durchsetzen müssen», sagte Merz in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin». Das sei die wirkliche Bewährungsprobe der Zusammenarbeit von Union und SPD. «Die wirklich schwierigen Gespräche stehen uns alle noch bevor.»
In den Koalitionsgesprächen sind 16 Arbeitsgruppen aktiv, die den Vertrag für eine schwarz-rote Regierung ausarbeiten sollen. Anschließend ist noch ein Finanzcheck geplant, bevor die Parteien entscheiden, ob sie gemeinsam eine Koalition bilden wollen. Merz strebt eine Regierungsbildung bis spätestens Ostern an.