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Tausende Israelis demonstrieren: «Bringt die Geiseln heim»

Über ein Jahr nach Beginn des Krieges werden noch 100 Verschleppte im Gazastreifen vermutet. Kritiker werfen der Regierung vor, den Konflikt in die Länge zu ziehen.

Die Demonstranten forderten die Freilassung der verbliebenen Geiseln.
Foto: Maya Alleruzzo/AP

Nach dem mutmaßlichen Tod einer weiteren israelischen Geisel im Gazastreifen sind erneut Tausende Menschen für die Freilassung der von der islamistischen Hamas verschleppten Menschen auf die Straße gegangen. «An unsere geliebten Geiseln, wenn ihr uns hören könnt, jeder hier liebt euch. Bleibt stark. Überlebt», sagte die Aktivistin Rachel Goldberg-Polin in Tel Aviv. Ihr Sohn Hersh Goldberg-Polin war von der Hamas in den Gazastreifen entführt und dort vor rund drei Monaten ermordet worden. 

«Konzentriert euch auf die wichtigste Mission: Bringt die Geiseln heim», sagte sein Vater Jon Polin an die politischen Entscheidungsträger gerichtet. «Erhebt keine Anschuldigungen, zeigt nicht mit den Fingern auf andere. Seid einfach menschliche Wesen.» Bei einer weiteren Kundgebung in der Küstenmetropole protestierten Hunderte Menschen gegen Israels Regierung, der sie vorwerfen, den Gaza-Krieg in die Länge zu ziehen und damit das Leben der Geiseln zu gefährden. Auch in Jerusalem demonstrierten wieder zahlreiche Menschen für ein Abkommen mit der Hamas, das die Freilassung der Geiseln vorsieht.

Netanjahus rechte Koalitionspartner lehnen ein Abkommen mit der Hamas ab

Als entscheidendes Hindernis für eine solche Vereinbarung betrachten sie Israels Premierminister Benjamin Netanjahu. Der Regierungschef ist in seiner instabilen Koalition auf rechtsextreme und ultra-religiöse Partner angewiesen, die entschieden gegen einen Deal mit der Hamas sind. Auch persönlich ist es Netanjahu wichtig, seine Regierung möglichst lange am Leben zu erhalten. Bei Neuwahlen würde nicht nur der Verlust seines Amtes für den Regierungschef drohen – auch die Korruptionsermittlungen gegen ihn könnten dann wieder Fahrt aufnehmen.

Das Schicksal der Hamas-Geiseln beschäftigt Israel seit mehr als einem Jahr. Beim Massaker der islamistischen Hamas und anderer terroristischer Gruppen am 7. Oktober 2023 in Israel wurden etwa 1.200 Menschen getötet und 250 weitere als Geiseln nach Gaza gebracht. Schätzungen zufolge sollen noch ungefähr die Hälfte der rund 100 verbliebenen Geiseln im Gazastreifen am Leben sein.

Hamas-Sprecher: Weitere israelische Geisel tot

Die islamistische Hamas gab bekannt, dass eine entführte Israelin im Gazastreifen getötet wurde. Eine weitere weibliche Geisel wurde bei einem Angriff der israelischen Streitkräfte im Norden des Küstengebiets lebensgefährlich verletzt, wie der Sprecher der Terrororganisation, Abu Obaida, im Telegram-Kanal der Al-Kassam-Brigaden – dem militärischen Arm der Hamas – mitteilte. Er bezog sich dabei auf die Wächter der Frauen. Die Informationen konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Der Hamas-Sprecher gab keine Informationen über die Identität der beiden Geiseln preis. Ebenso war unklar, wann genau der Angriff stattgefunden haben soll. Laut ihm gab es zuvor wochenlang keinen Kontakt zu den Wächtern. Die Streitkräfte Israels teilten mit, dass Angehörige des Militärs in Kontakt mit der Familie der angeblich getöteten Frau stehen.

US-Verteidigungsminister Austin spricht mit israelischem Kollegen über Geiseln

Auch während des Gesprächs zwischen dem US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und seinem israelischen Kollegen Israel Katz wurden die Geiseln angesprochen. Austin betonte das Engagement der USA für die Freilassung aller Geiseln, einschließlich der US-Bürger, wie es in einer Mitteilung des Pentagons stand. Der US-Verteidigungsminister forderte außerdem die israelische Regierung auf, weitere Maßnahmen zur Verbesserung der katastrophalen humanitären Bedingungen im Gazastreifen zu ergreifen. Austin bekräftigte auch, dass sich die USA für eine diplomatische Lösung im Libanon einsetzen, die es israelischen und libanesischen Zivilisten ermöglicht, sicher in ihre Häuser auf beiden Seiten der Grenze zurückzukehren.

dpa