Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Thüringen: CDU, BSW und SPD nähern sich politisch an

Vor möglichen Koalitionsverhandlungen müssen die Parteien noch ein Streitthema abräumen. Die Friedensfrage steht im Fokus.

BSW stellt Bedingung vor Koalitionsverhandlungen
Foto: Michael Reichel/dpa

CDU, BSW und SPD in Thüringen sind sich in Sondierungsrunden politisch näher gekommen – vor möglichen Koalitionsverhandlungen müssen die drei Parteien aber noch ein Streitthema abräumen. BSW-Landeschefin Katja Wolf stellte am Freitagabend nach einer Vorstandsitzung in Erfurt das «Signal auf Gelb», wie sie sagte. Ohne Klarheit in der Friedensfrage gebe es zum jetzigen Zeitpunkt mit dem BSW keinen Eintritt in Koalitionsverhandlungen. Die Friedensfrage sei der Knackpunkt «bei aller Freude über das Erreichte im Sondierungspapier», das in wichtigen Punkten wie innere Sicherheit und sozial Gerechtigkeit die Handschrift des BSW trage und vom Vorstand einstimmig gebilligt wurde. 

Die CDU, die mit ihrem Parteichef Mario Voigt den nächsten Ministerpräsidenten stellen will, hat einstimmig den Weg für Verhandlungen für eine Brombeer-Koalition freigemacht. Der SPD-Vorstand trifft sich am Samstag in Erfurt.

Nachverhandlungen verlangt 

«Wir werden CDU und SPD bitten, schnellstmöglich nachzuverhandeln», sagte Wolf. Das BSW werde einen Formulierungsvorschlag für einen Passus in der Präambel eines möglichen Koalitionsvertrags vorlegen, kündigte der Co-Landesvorsitzende Steffen Schütz an. Dabei gehe es um mehr Diplomatie zur Beendigung des Ukraine-Krieges und ein Nein zur Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland. Er sei zuversichtlich, dass es eine Einigung mit den beiden anderen Parteien geben wird. CDU-Chef Voigt sagte Gespräche zur Friedensfrage für die Präambel in einem möglichen Koalitionsvertrag zu – voraussichtlich Anfang kommender Woche. «Das kann der nächste Schritt sein. Ich bin da optimistisch.» 

Wolf bestritt, dass Parteigründerin Sahra Wagenknecht Einfluss auf die Entscheidung in Erfurt genommen hat. «Wir sind im engen Austausch mit Berlin.» Das betreffe natürlich besonders die Friedensfrage, sagte sie aber auch. Am Ende werde die Entscheidung nach Konsultationen mit Berlin in Thüringen getroffen. Parteigründerin Wagenknecht hat immer wieder darauf bestanden, dass sich mögliche neue Koalitionsregierungen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg bei einer Beteiligung des BSW zu mehr diplomatischen Bemühungen und gegen US-Waffenstationierungen bekennen. 

Einigkeit über Thüringer Themen

Wichtig für weitere Verhandlungen sei die Einigung über das Sondierungspapier, dass sowohl von seiner Partei als auch dem BSW einstimmig gebilligt worden sei, sagte Voigt. Darin habe der Schwerpunkt zunächst auf Thüringer Themen gelegen.«Bei den Themen sind wir klar.» Voigt sagte aber auch, einige in der CDU hätten Bedenken wegen der Rolle von BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht «und ihrer bundespolitischen Perspektive». 

Die drei Parteien haben beschlossen, trotz fehlender Mehrheit im Landtag keine Tolerierungs- oder Duldungsvereinbarung mit der Linken abzuschließen. Andreas Bühl, der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, schlug vor, im Landtag ein neues Konsultationsmodell zu testen, um Mehrheiten zu erreichen. Dabei soll ein Konsultationsverfahren mit allen fünf Fraktionen im Landtag durchgeführt werden, einschließlich der Linken und der AfD. Eine Vereinbarung mit der Linken, die zehn Jahre lang mit Bodo Ramelow den Ministerpräsidenten in Thüringen gestellt hat, sei nach Ansicht der CDU nicht erforderlich. Die Linken hingegen kritisierten den Vorschlag.

Notfalls werden Gesetzesinitiativen beerdigt 

Laut Bühl sollen alle Landtagsfraktionen im geplanten Konsultationsverfahren innerhalb einer Frist ihre Meinung zu den Eckpunkten geplanter Gesetze oder Anträge der möglichen Dreierkoalition sagen können. Die Regierung entscheidet dann basierend auf dem Ergebnis, ob sie ihre Vorhaben im Landtag weiterverfolgt oder sie aufgibt. Bühl betonte, dass mit diesem Verfahren auch der Wählerwille respektiert werde, der zu schwierigen Mehrheitsverhältnissen geführt habe. Die drei Partner einer möglichen Brombeer-Koalition haben erneut eine Zusammenarbeit mit der Thüringer AfD unter ihrem Rechtsaußen Björn Höcke ausgeschlossen.

Kostenlose Hortbetreuung soll kommen

Die drei Parteien haben eine Vielzahl von Vorhaben vereinbart, die in möglichen Koalitionsverhandlungen genauer festgelegt werden sollen. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD, Katharina Schenk, erwähnte unter anderem die Entlastung der Eltern bei den Hortgebühren für Schulkinder sowie ein kostenfreies Schulessen. Des Weiteren soll geprüft werden, wie ein Landespflegegeld oder ein Pflegegehalt für pflegende Angehörige eingeführt werden kann. Die drei Parteien haben sich darauf verständigt, die Schuldenbremse einzuhalten, jedoch durch eine zeitliche Streckung der Schuldentilgung Spielraum für mehr Investitionen zu schaffen.

Patt im Thüringer Landtag 

Das potenzielle neue Regierungsbündnis, das die rot-rot-grüne Regierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) ersetzen möchte, hat keine Mehrheit im Landtag. Es hat 44 von 88 Sitzen im Thüringer Parlament. Das Patt kann nur mit mindestens einer Stimme der Opposition aufgelöst werden. Die stärkste Fraktion ist erstmals in einem Bundesland die AfD.

dpa