Eine Partei ringt mit sich selbst: Die Demokraten suchen nach einer Strategie. Während sich einige klar gegen Trump positionieren, versuchen andere, konservative Wähler zurückzugewinnen.
Tot stellen oder angreifen? Das Trump-Dilemma der Demokraten

US-Präsident Donald Trump verändert das Land mit radikaler Politik und stellt die Grundfesten des Rechtsstaats in Frage – und die Demokraten … ja, was eigentlich? In der Partei herrscht scheinbar große Uneinigkeit darüber, wie man dem Republikaner, der wieder ins Weiße Haus eingezogen ist, begegnen soll. Ein Stratege der Demokraten gab der Partei kürzlich einen drastischen Rat: Stellt euch tot.
«Lasst die Republikaner unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbrechen und sorgt dafür, dass die Amerikaner uns vermissen», schrieb James Carville in der «New York Times» an seine Parteikollegen gerichtet. Er gilt als einer der Hauptstrategen hinter Bill Clintons erfolgreicher Präsidentschaftskampagne 1992. «Ich rufe zu einem strategischen politischen Rückzug auf», schrieb Carney.
Es scheint tatsächlich, dass es bei den Demokraten keine klare Strategie gibt, wie man Trump politisch entgegentreten kann. Drei Beispiele zeigen, wie die Partei auf Trump und seine Politik reagiert:
Eine linke Graswurzelbewegung
Bernie Sanders ist älter als der entlassene Ex-Präsident Joe Biden, mit 83 Jahren. Trotzdem ist der linke Senator, der 2016 und 2020 erfolglos um die demokratische Präsidentschaftskandidatur kämpfte, ein fester Bestandteil der US-Politik. Er hat gute Verbindungen und eine treue Anhängerschaft. Es scheint jedoch unwahrscheinlich, dass er noch ins Weiße Haus will.
Dennoch ist er gerade einer der lautesten Trump-Kritiker und schart mit der «Kampf gegen die Oligarchie-Tour» Tausende Linke im Land bei seinen Auftritten um sich – so auch am Wochenende. Man müsse blind sein, um nicht zu sehen, dass es heute in den USA eine Regierung der Milliardäre, gesteuert von Milliardären und gemacht für Milliardäre gebe, sagte er dem Sender NPR.
Wer könnte also im Jahr 2028 im Rennen um die Kandidatur seinen Platz einnehmen – und den progressiven Parteiflügel vertreten? Es scheint, dass die Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez in Position gebracht wird. Die 35-Jährige ist eine prominente Vertreterin des linken Flügels der Demokraten. Sie erlangte 2018 Bekanntheit, als sie bei den Vorwahlen in New York einen etablierten Demokraten besiegte.
Es ist unklar, ob Ocasio-Cortez tatsächlich auf die Präsidentschaftskandidatur ihrer Partei abzielt – und es ist für sie sicherlich auch noch zu früh, um sich festzulegen. In den letzten Tagen ist sie jedoch mehrmals zusammen mit Sanders aufgetreten, und es kamen zahlreiche Menschen. Beide setzen sich für eine Graswurzelbewegung gegen Trump ein – also eine politische oder gesellschaftliche Bewegung, die von der Basis der Bevölkerung ausgeht.
Die Vorprescher
- Gavin Newsom
Gerade hat die Demokratische Partei keinen offensichtlichen Anführer, hinter dem sich alle scharen. Doch es gibt einige, die sich aus der Deckung wagen – allen voran Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom. Dem 57-Jährigen wird schon lange nachgesagt, auf das Weiße Haus zu schielen. Als im vergangenen Sommer die Debatte darüber losbrach, dass Biden seine Kandidatur zurückziehen soll, fiel immer wieder sein Name als potenzieller Nachfolger. Die Wahl fiel dann aber bekanntermaßen auf Bidens damalige Vize Kamala Harris.
Nun wählt der eigentlich als Vorzeige-Liberaler bekannte Newsom einen interessanten Ansatz. In seinem neuen Podcast äußerte Newsom, dass es seiner Meinung nach unfair sei, wenn Transfrauen im Frauensport antreten. Damit brach er mit einer Position der Demokraten. Auch die Auswahl der Gäste in seinem Podcast ist bemerkenswert. Unter ihnen befindet sich der ultrarechte Publizist Steve Bannon. Mit ihm unterhielt sich Newsom in lockerem Ton – er ließ Bannon auch ungehindert die Lüge vom Betrug bei der Präsidentenwahl 2020 wiederholen, bei der Trump gegen Biden verlor.
Die Demokraten werden in den USA manchmal als elitär und abgehoben angesehen. Es wird ihnen vorgeworfen, sich zu sehr mit Identitätspolitik zu beschäftigen und die Anliegen der Arbeiterklasse nicht ernst zu nehmen. Newsoms Strategie besteht darin, dieser Kritik entgegenzuwirken und verlorene Wählergruppen mit konservativeren Positionen zurückzugewinnen. Innerhalb der Partei gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, ob ein gewisser Populismus von links oder eine Politik der Mitte mit einem Fokus auf traditionelle Werte notwendig ist, um Wahlen zu gewinnen.
- Walz, Harris und Co.
Ein anderer alter Bekannter, der derzeit auffällig oft in der Öffentlichkeit auftaucht, ist Tim Walz. Der Gouverneur von Minnesota wollte als Vizekandidat an der Seite von Harris ins Weiße Haus einziehen. Nun organisierte er gleich mehrere Bürgerforen im Mittleren Westen und gab eine Reihe von Interviews. «Ich würde behaupten, dass der Weg zum Autoritarismus mit Menschen gepflastert wurde, die sagen: Du übertreibst», sagte der 60-Jährige mit Blick auf Trump in einem Gespräch mit «The New Yorker». Angesprochen auf eine mögliche Kandidatur sagt er: «Ich werde tun, was immer nötig ist. Ich wäre sicherlich nicht so arrogant zu glauben, dass es unbedingt ich sein muss.»
In einer aktuellen Umfrage unter Parteianhängern der Demokraten zu den Präsidentschaftsvorwahlen 2028 kommt die einst gescheiterte Kandidatin Harris auf die meiste Unterstützung, sollte sie antreten (36 Prozent). Weit abgeschlagen auf dem zweiten Platz ist der ehemalige Verkehrsminister Pete Buttigieg (10 Prozent). Ocasio-Cortez, Newsom und Walz teilen sich mit jeweils 5 Prozent den dritten Platz. Harris überlegt derzeit, ob sie sich für das 2026 zur Wahl stehende Gouverneursamt in Kalifornien bewerben soll.
Disput
Die Demokraten sind zwar in der Minderheit im Kongress, aber keineswegs völlig machtlos. Ihr Verhalten im Parlament ist jedoch ein deutliches Beispiel für ein fehlendes Konzept. Anstatt Einheit und Stärke zu zeigen, präsentieren sie Spaltung und Zerrissenheit. Alles begann bereits mit der unbeholfenen Reaktion der Partei auf Trumps Rede im Kongress. Anstelle einer gemeinsamen Botschaft gab es Anti-Trump-Schildchen hier, abgesprochene Farbwahl bei der Kleidung dort – und einige Kongressmitglieder blieben sogar ganz fern.
Bei der Abstimmung über den Haushalt kam es zu einem offenen Bruch. Es wurde diskutiert, ob die Demokraten das Finanzierungsgesetz der Republikaner von Trump unterstützen oder einen Regierungsstillstand riskieren sollten, um ihren Protest zum Ausdruck zu bringen. Es gab gute Argumente für und gegen beide Optionen. Statt sich jedoch auf eine Lösung zu einigen und diese zu verteidigen, kam es zu einem strategischen Super-GAU.
Die Demokraten im Repräsentantenhaus stimmten fast geschlossen gegen den Haushalt, während Chuck Schumer, der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, eine Kehrtwende machte. Er sorgte dafür, dass der Haushalt mit den erforderlichen Stimmen seiner Partei die Parlamentskammer passierte. Die Begründung: der Preis zu hoch, es lohnt sich nicht zu kämpfen. Es erinnert an den Rat, sich erst einmal totzustellen.
Seitdem reißt die Kritik an dem 74-Jährigen nicht ab, es gibt Rücktrittsforderungen. Im Raum steht auch die Frage, ob die Führung der Demokraten in den beiden Kammern überhaupt ernsthaft miteinander spricht. Von Trump jedenfalls gab es vergiftetes Lob für Schumers Sinneswandel: «Glückwunsch an Chuck Schumer, der das Richtige tut.»