«Die haben überall rumgeschossen», sagt ein junger Surfer kurz nach dem Anschlag. Am Bondi Beach haben Angreifer mehrere Menschen getötet. Die Gewalt richtet sich gegen Gäste einer Chanukka-Feier.
Traum-Strand wird zum Tatort: Terror gegen Juden in Sydney

Es sind erschreckende Szenen, die sich am weltberühmten Bondi Beach in der Millionenmetropole Sydney abspielen. Menschen rennen in Panik über den Strand, sie schreien vor Angst – eigentlich sollte dort der erste Tag des jüdischen Lichterfests Chanukka gefeiert werden. Auf Videos in sozialen Netzwerken ist zu sehen, wie zwei bewaffnete Männer über einen Parkplatz laufen und um sich schießen. Ein Passant wird zum Helden der Stunde: Aufnahmen zeigen, wie er einen der Angreifer kurzzeitig überwältigt und ihm das Gewehr abnimmt. Am Ende sprechen die Behörden von einem Terrorakt, der sich gegen die jüdische Gemeinschaft richtete.
Um 18.47 Uhr Ortszeit beginnen die Angreifer laut Polizei, auf Familien zu schießen. Zwölf Menschen sterben, 29 werden in Krankenhäuser gebracht. Einer der mutmaßlichen Angreifer wird laut Polizei getötet, der andere in Gewahrsam genommen.
Wo genau der Tatort war? «Überall, verdammt»
In der späten Nacht ist die Strandpromenade verlassen, flatternde Absperrbänder der Polizei leuchten im Blaulicht der Streifenwagen – der weltberühmte Bondi Beach hat sich vom Sehnsuchtsziel zum Tatort verwandelt.
Flipflops, die in Eile zurückgelassen wurden, liegen neben umgefallenen Fahrrädern, ein Schuh steckt im Sand fest, der Besitzer rennt vermutlich um sein Leben. Auf den Tischen der Strandlokale stehen volle Bierflaschen und halb gegessene Pizzen. Am Rand des Gehwegs liegt ein zertretenes Smartphone.
In warme Decken gehüllt sucht ein junger Surfer Trost in den Armen seines Freundes. Die Badeshorts sind längst wieder trocken, die Wangen nicht. Über das, was hier vor wenigen Stunden passiert ist, wollen beide nicht reden. Wo genau der Tatort war? «Überall, verdammt! Die haben überall rumgeschossen!»
Jüdische Organisation: «Wie oft haben wir die Regierung gewarnt?»
Die Erschütterung über das Verbrechen ist groß. Regierungschefinnen und -chefs weltweit bekunden ihre Solidarität mit den Opfern und deren Angehörigen. «Es ist die Verantwortung aller Australier, die jüdische Gemeinschaft Australiens zu umarmen und ihr dabei zu helfen, diese unglaublich schwierige Zeit zu überstehen», sagt der Regierungschef der Region New South Wales, Chris Minns.
Doch in die Trauer mischen sich auch schwere Vorwürfe. Die jüdische Organisation Australian Jewish Association schreibt auf X: «Wie oft haben wir die Regierung gewarnt? Kein einziges Mal hatten wir das Gefühl, dass sie zugehört hat.» Israels Staatspräsident Izchak Herzog fordert Australien zu mehr Schutz der jüdischen Gemeinde auf.
Albanese: Australien nimmt Antisemitismus ernst
Antwortend auf Fragen von Journalisten, ob sein Land genug gegen wachsenden Antisemitismus tue, weist Australiens Premierminister Anthony Albanese zurück. Sein Land nehme das Thema ernst, sagte er. Kurz nach der Tat hatte er in einem X-Post von «schockierenden und erschütternden» Szenen gesprochen.
Bereits im Oktober wurde die Diskussion über Antisemitismus neu entfacht – damals nach einem schweren Anschlag auf jüdische Menschen in Manchester. Seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 ist eine weltweite Zunahme von Antisemitismus zu beobachten, einschließlich Angriffen auf Juden und Synagogen, bei denen Kritik an Israel teilweise in Judenhass umschlägt. Der Terror in Sydney wird die Ängste der jüdischen Gemeinden voraussichtlich erneut verstärken.








