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Treffen der Ukraine-Unterstützer – Kiew macht China Vorwürfe

Auch chinesische Soldaten sollen für Russland kämpfen – ein Widerspruch zur offiziellen Position Pekings, heißt es aus Kiew. Derweil werden im Brüsseler Nato-Hauptquartier wichtige Gespräche geführt.

Das Treffen der «Koalition der Willigen» findet im Brüsseler Nato-Hauptquartier statt. (Archivbild)
Foto: Anna Ross/dpa

Während die USA zögern, der Ukraine zu helfen, treffen sich im Nato-Hauptquartier in Brüssel Verteidigungsminister aus Mitgliedstaaten der sogenannten Koalition der Willigen. Die von Frankreich und Großbritannien geführte Gruppe wird bei dem heutigen Treffen (15.00 Uhr) ihre Pläne zur Unterstützung des von Russland angegriffenen Landes vorantreiben. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, wie der Ukraine ein Höchstmaß an Sicherheit gewährleistet werden kann, falls sie sich auf einen Waffenstillstand einlassen sollte.

Es wird sowohl an einem Konzept zur Überwachung eines potenziellen Waffenstillstands als auch an Plänen für eine verstärkte Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte durch Ausbildung und Waffenlieferungen gearbeitet. Idealerweise soll die Armee so stark werden, dass Russland keine weiteren Aggressionen riskiert. Es wird auch diskutiert, europäische Streitkräfte an der Westgrenze der Ukraine zu stationieren, um abzuschrecken.

Selenskyj nennt Chinas Position widersprüchlich

Nach der Gefangennahme von zwei aufseiten der russischen Armee in der Ukraine kämpfenden Chinesen erhebt die Führung in Kiew schwere Anschuldigungen gegen Peking. Es handle sich nicht um Einzelfälle, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. «Wir haben auch Informationen über andere chinesische Bürger in der russischen Armee mit Namen und Kampfnamen sowie Beschreibungen der konkreten Art und Weise, wie diese Soldaten in das russische Besatzungskontingent gelangten.»

In einer Pressekonferenz kurz zuvor hatte Selenskyj erklärt, dass mindestens 155 Chinesen in der russischen Armee seien. Alle Angaben zu diesen Kämpfern, einschließlich der Passdaten, seien mittlerweile bekannt, sagte er. Russland rekrutiere diese Männer über Plattformen wie Tiktok und die chinesische Regierung sei darüber informiert. Die beiden chinesischen Gefangenen, die derzeit in Kiew verhört würden, würden nur im Austausch gegen ukrainische Kriegsgefangene freigelassen, so Selenskyj in der Pressekonferenz.

In seiner Videobotschaft betonte Selenskyj, dass es nicht der offiziellen Position Pekings entspreche, dass Chinesen aufseiten der russischen Besatzer kämpfen. Die chinesische Führung habe stets vor einer Eskalation des Krieges gewarnt – jedoch stelle die Beteiligung chinesischer Kämpfer genau eine solche Eskalation dar. Deshalb sei eine entschiedene Reaktion notwendig.

China, das offiziell neutral ist, hat den Vorwurf zurückgewiesen, dass chinesische Bürger an der russischen Invasion in der Ukraine beteiligt sind. Es wurde erklärt, dass dies haltlose Behauptungen seien. Die chinesische Regierung hat ihre Bürger immer dazu aufgefordert, sich von Gebieten mit militärischen Konflikten fernzuhalten.

Bezahlt, um für Russland zu kämpfen?

Die ukrainischen Medien hatten zuvor berichtet, dass einer der kürzlich in der Ukraine gefangengenommenen Chinesen mehr als 3.100 Euro bezahlt hatte, um russischer Soldat zu werden. Er wurde von der Aussicht auf einen russischen Pass motiviert und reiste als Tourist nach Russland ein. Die russische Armee zahlt normalerweise ein Handgeld von mehreren Tausend Euro, um neue Soldaten anzuwerben.

Laut dem Online-Portal «Ukrajinska Prawda» soll die Grundausbildung im besetzten ostukrainischen Gebiet Luhansk nach Angaben des Gefangenen ohne Übersetzer stattgefunden haben. Die Verständigung sei durch Gesten und mittels automatischer Übersetzungen auf dem Telefon erfolgt. Bei Kämpfen um die Ortschaft Bilohoriwka in der Region Luhansk sei der Mann dann in ukrainische Gefangenschaft geraten. Wegen fehlender Sprachkenntnisse sei seine Gruppe in eine aussichtslose Lage gekommen und habe sich ergeben müssen. 

Hoffnung auf neue Waffenlieferungen aus den USA

Die Vorwürfe der Ukraine gegen China werden vor dem Hintergrund des Handelskriegs zwischen Washington und Peking noch brisanter. Während US-Präsident Donald Trump China als größte Bedrohung der USA betrachtet, behandelt er Russland vergleichsweise freundlich. Die US-Regierung hat bereits mehrere russische Forderungen, wie den Verzicht der Ukraine auf größere Gebiete und einen NATO-Beitritt, vor den eigentlichen Verhandlungen über eine mögliche Waffenruhe praktisch gebilligt. Trump hat Russland auch von seinem umfangreichen Zollpaket ausgenommen, mit Verweis auf die laufenden Friedensbemühungen, nicht jedoch die Ukraine.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Joe Biden ist Trump nicht bereit, weiterhin große Summen in die Unterstützung der Ukraine zu investieren. Selenskyj hat jedoch erneut betont, dass sein Land bereit ist, für weitere Militärhilfen aus den USA zu zahlen, insbesondere für die dringend benötigten Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot. Derzeit werden Verhandlungen über ein Rohstoffabkommen zwischen den beiden Ländern geführt, mit dem die USA unter anderem die Kontrolle über Vorkommen seltener Erden in der Ukraine sichern wollen.

dpa