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Trump, der Allmächtige?

In seinen ersten Regierungsjahren richtete Donald Trump riesiges Chaos an. In seine zweite Runde im Weißen Haus geht er mit deutlich mehr Macht – und kaum Gegengewichten. Eine explosive Mischung.

Bei seiner Rückkehr ins Weiße Haus ist Trump deutlich mächtiger als in seiner ersten Amtszeit. (Archivbild)
Foto: Alex Brandon/AP/dpa

Donald Trump hat Glück. Nach seinem Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl haben die Republikaner neben der Kontrolle über den Senat auch die Mehrheit im Repräsentantenhaus gesichert. Das bedeutet, dass der designierte Präsident in Zukunft im Kongress leichtes Spiel haben wird. Aber nicht nur dort ist er gestärkt in seine zweite Amtszeit gestartet. Trump zieht auf allen Ebenen mächtiger ins Weiße Haus ein als 2017. Und: Er hat bereits damals gezeigt, dass er dazu neigt, die Grenzen seiner Befugnisse bis zum Maximum auszuschöpfen – oder sogar zu überschreiten. Das lässt Schlimmes befürchten.

Kein Gegengewicht im Parlament

Die Republikaner haben die Kontrolle über beide Kongresskammern, was Trump politisch mehr Spielraum gibt. Dadurch kann er Gesetzesvorhaben einfacher durch das Parlament bringen, ohne auf größeren Widerstand der Demokraten zu stoßen, die bisher eine knappe Mehrheit im Senat hatten. Es gibt immer noch die üblichen parlamentarischen Hindernisse, wie die Tatsache, dass im Senat eine größere Mehrheit erforderlich ist, um viele Gesetzesvorhaben überhaupt zur Abstimmung zu bringen. Dennoch bleibt Trump eine generelle Blockade im Parlament erspart. Auch die Bestätigung von Regierungsbeamten und Richtern kann er im Senat schneller vorantreiben, was die Umsetzung seiner Agenda erheblich erleichtert.

Viele Präsidenten vor Trump hatten bereits das Vergnügen – auch er selbst bei seinem Amtsantritt 2017. Doch seitdem ist der Republikaner extremer und ungenierter geworden. Trotz seiner republikanischen Mehrheit im Senat übt er offen Druck auf seine Partei aus, das aufwändige Bestätigungsverfahren für Kabinettsmitglieder in der Kammer durch eine Ausnahmeregelung zu umgehen. Das verdeutlicht, was Trump von der Gewaltenteilung hält.

Immun gegen Strafverfolgung im Präsidentenamt?

Der oberste US-Gerichtshof entschied Anfang Juli mit seiner rechtskonservativen Mehrheit, dass der Präsident für gewisse Amtshandlungen Immunität genießt. Die historische Entscheidung kam als Folge einer Anklage gegen ihn wegen Wahlbetrugs zustande. Der künftige Präsident hat damit zwar keinen kompletten Blankoscheck für jegliches Fehlverhalten bekommen, aber es gibt ihm gefährlichen Spielraum.

Und Trump hat in seiner ersten Amtszeit klargemacht, dass er einer ist, der jeden vorhandenen Spielraum ausnutzt. Damals wurden gleich zwei Amtsenthebungsverfahren gegen ihn eingeleitet. Das hatte es noch nie zuvor in der US-Geschichte gegeben. Das eine Mal wurde ihm Machtmissbrauch vorgeworfen, das andere Mal «Anstiftung zum Aufstand». Mit der Entscheidung des Supreme Courts im Rücken kann er seine zweite Amtszeit nun mit deutlich weniger Sorge vor Strafverfolgung angehen. 

Konservative Richter auf Schlüsselposten 

Während seiner ersten Amtszeit hat Trump durch die Besetzung mehrerer Richterposten am Supreme Court dafür gesorgt, dass das oberste US-Gericht weit nach rechts gerückt ist. Die letzte Personalie setzte er kurz vor seinem Abschied aus dem Amt durch. Seitdem kippte das Gericht – lange nach Trumps Abschied aus dem Weißen Haus – zwar unter anderem das allgemeine Recht auf Abtreibung, was ihm politisch sehr nützte. Während seiner neuen Amtszeit kann Trump aber erst so richtig ernten, was er am Supreme Court gesät hat.

Trump ernannte damals auch in unteren Instanzen viele neue Richter, was ihm bereits bei seinen persönlichen rechtlichen Problemen half. Eine von ihm ernannte Bundesrichterin in Florida beispielsweise stellte das Strafverfahren gegen ihn wegen seines Umgangs mit streng geheimen Regierungsunterlagen ein. Der Einfluss wohlgesonnener Richter könnte sich auch in Zukunft, insbesondere in Fällen, in denen politische Gegner Trumps Vorhaben auf rechtlichem Wege anfechten, auszahlen. Dieses Schicksal trifft jeden Präsidenten.

Ein politisch extrem starkes Mandat

Umfragen hatten ein extrem knappes Rennen zwischen Trump und seiner demokratischen Kontrahentin Kamala Harris vorhergesagt – und eine lange Zitterpartie bei der Auszählung. Stattdessen stand Trump noch in der Wahlnacht als klarer Sieger fest. Er gewann in allen sieben «Swing States», die politisch besonders umkämpft waren. Und er ist voraussichtlich der erste republikanische Wahlsieger seit 2004, der sich neben der Mehrheit der Wahlleute auch die Mehrheit der landesweit abgegeben Stimmen sicherte – im US-Wahlsystem ist das keine Selbstverständlichkeit. Bei seinem ersten Wahlsieg 2016 war Trump das nicht gelungen.

Daraus folgt ein starker politischer Auftrag. «Amerika hat uns ein beispielloses und mächtiges Mandat erteilt», triumphierte Trump noch in der Wahlnacht. Die Mehrheit der Bevölkerung hat unmissverständlich klargemacht, dass sie den Republikaner – einen verurteilten Straftäter, einen skandalumwobenen Mann und den wohl umstrittensten lebenden Politiker weltweit – im höchsten Staatsamt haben wollen. Ein solcher Ausdruck von Rückhalt – trotz aller Eklats, trotz der Attacke seiner Anhänger auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 und trotz mehrerer Anklagen in Strafverfahren – verleiht ihm auch politisch mehr Macht als vor acht Jahren. 

Eine Partei auf Linie

Trump hat die Republikaner wie nie zuvor im Griff. Er hat systematisch Gegner beseitigt – sowohl im Kongress als auch innerhalb der Partei. Interne Kritiker sind nicht mehr im Repräsentantenhaus vertreten. Die republikanische Fraktion in der Kammer ist seit Trumps erster Amtszeit noch weiter nach rechts gerückt und die gesamte Führungsspitze ist loyal zu ihm als republikanischem Frontmann. Im Senat führt nun ein Anhänger Trumps die Fraktion an, auch wenn er seinen favorisierten Kandidaten nicht durchsetzen konnte. Der republikanische Parteiapparat ist ebenfalls voll und ganz auf Trump ausgerichtet. Der ehemalige Präsident hat seine Schwiegertochter Lara Trump als eine von zwei Parteivorsitzenden installiert. In seiner zweiten Amtszeit wird er innerhalb der eigenen Reihen wohl kaum noch auf bedeutenden Widerstand stoßen.

Mehr Erfahrung und umgeben von strammen Loyalisten

Nicht zuletzt hat Trump dazugelernt. Als er Anfang 2017 zum ersten Mal Präsident wurde, war er ein politischer Newcomer. «Ich kannte niemanden. Ich war kein Washington-Typ», sagte er in einem Interview des Senders Fox News. Er habe nicht gewusst, wie das politische Geschäft in der US-Hauptstadt funktioniere. Heute aber kenne er alle. Und vor allem kennt Trump inzwischen den Regierungsapparat, wie der funktioniert und wie er ihn besser für seine Zwecke nutzen kann. Seine erste Amtszeit war geprägt von Personalwechseln und Rausschmissen. Trump hatte damals noch einige moderatere Politiker um sich, die ihn zu Mäßigung drängten – er trennte sich schnell von vielen. Diesmal schart er nur Parteikollegen um sich, die ihm treu ergeben sind und Ansagen befolgen dürften.

dpa