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Trumps G7-Abgang und die Szenarien für seine Nahost-Mission

Der Konflikt zwischen Israel und dem Iran ist eine Eskalation der ohnehin dramatischen Lage in Nahost. Donald Trump stellt er vor die schwierigste Abwägung für einen US-Präsidenten: Krieg oder nicht.

Beim «Familienfoto» der G7 äußerte Trump sich zu seiner vorzeitigen Anreise.
Foto: Michael Kappeler/dpa-Pool/dpa

Es liegt hauptsächlich an einem Mann, wie es im Nahen Osten weitergeht: Donald Trump. Der US-Präsident spielt aufgrund der militärischen Stärke seines Landes eine entscheidende Rolle im Konflikt zwischen Israel und dem Iran. Und genau das zeigt der Republikaner vor den Augen der Welt.

Der 79-Jährige verlässt vorzeitig den G7-Gipfel in Kanada und lässt die anderen Staats- und Regierungschefs zurück, die mit ihm eine gemeinsame Linie zum neuen Krieg im Nahen Osten finden wollten. Trump, der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte, der nicht viel von Multilateralismus hält und ein Faible für Alleingänge hat, macht klar: Er trifft alle wichtigen Entscheidungen zum Fortgang im Nahen Osten alleine.

Es gibt derzeit viele Anzeichen dafür, dass Trump die USA militärisch aus dem Konflikt heraushalten möchte, auf eine Verhandlungslösung hinarbeitet und ein Atomabkommen mit dem Iran für möglich hält.

Es ist jedoch unklar, ob er einen militärischen Konflikt für die USA letztendlich abwenden kann. Das amerikanische Militär hat vorsichtshalber seine Präsenz im Nahen Osten verstärkt. Der US-Präsident sendet kryptische Warnungen an die Iraner: einen Aufruf an alle Bewohner Teherans, die Stadt zu verlassen. Sind dies drohende Anzeichen eines möglichen US-Angriffs oder ein Bluff, um den Iran zu Verhandlungen zu drängen?

Angesichts der oft unvorhersehbaren und sprunghaften Politik von Trump ist es möglich, dass er sich noch nicht für einen Weg entschieden hat. Eine Übersicht über die verschiedenen möglichen Szenarien:

Die USA werden gegen ihren Willen in den Krieg hineingezogen

Der Iran betrachtet die USA bereits als Hauptstütze Israels in dem Konflikt und sieht sie daher in der Verantwortung. Falls die iranische Führung Vergeltungsmaßnahmen gegen amerikanische Stützpunkte im Nahen Osten anordnet – oder unbeabsichtigt US-Ziele in der Region trifft -, ist es undenkbar, dass die USA nicht zurückschlagen würden.

Trump hat mehrfach klargemacht, dass das US-Militär in einem solchen Fall mit aller Härte reagieren würden – «in nie dagewesenem Ausmaß». Damit wäre eine ganz neue und dramatische Eskalationsstufe erreicht. Derzeit sieht es aber nicht so aus, als wollte sich der – geschwächte – Iran mit den USA anlegen.

Die USA entscheiden von sich aus, in den Krieg einzusteigen

Israel verfolgt mit seinem Großangriff gegen den Iran das Ziel, das Land an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern. Experten zufolge liegen bestimmte Atomanlagen im Iran jedoch so tief unter der Erde, dass für Angriffe darauf sogenannte Bunkerbrecher-Bomben erforderlich wären, über die nur die USA verfügen. Auch für deren Transport bräuchte es US-Equipment: nämlich B-2- und B-52-Bomber. Einige Fachleute argumentieren daher, dass Israel sein Kriegsziel ohne aktive militärische Unterstützung der Amerikaner nicht erreichen kann.

Falls Trump entscheidet, dass das US-Militär aktiv an den Angriffen auf iranische Atomanlagen beteiligt ist, würde dies eine Eskalation von völlig neuer Art darstellen. Derzeit scheint es jedoch auch nicht so zu sein.

Die US-Regierung wies Berichte über angebliche amerikanische Angriffe gegen den Iran als «falsch» zurück und betonte, die eigenen Soldaten im Nahen Osten hielten weiter lediglich daran fest, sich bei Bedarf zu verteidigen. Die Nachrichtenseite «Axios» meldete unter Berufung auf Regierungskreise, Trumps Team habe mehreren Partnern im Nahen Osten mitgeteilt, dass man nicht vorhabe, sich aktiv in den Krieg einzumischen, solange keine US-Ziele angegriffen würden.

Die USA halten sich militärisch raus 

Trump hat vielfach deutlich gemacht, dass er die USA nicht in neue Kriege führen will. Militärische Konflikte irgendwo auf der Welt passen nicht zu seinem «America First»-Kurs. Der Republikaner setzt zwar auf martialische Rhetorik und eine Aufrüstung des Militärs, aber eher mit dem Ziel der Abschreckung, wie er beteuert. Kurz vor dem G7-Gipfel sagte Trump mit Blick auf den Iran und Israel noch: «Manchmal müssen sie es ausfechten.» 

Trump möchte nicht, dass der Nahe Osten in Flammen steht und ihm der Vorwurf des Kontrollverlustes gemacht wird. Auch will er nicht, dass die Energiepreise weltweit steigen, was letztendlich auch seine Wähler beeinträchtigen würde. Aus diesem Grund ist es eine Möglichkeit, militärisch zurückhaltend zu sein, aber politisch untätig zu bleiben, ist keine Option.

Die USA setzen auf Verhandlungen mit dem Iran

Die bisherigen Wortmeldungen Trumps deuten alle in diese Richtung. Trump betont seit dem Start von Israels Großangriff auf den Iran, dass ein Friedensdeal zwischen beiden Seiten möglich sei und Teheran angesichts des höheren Drucks nun vielleicht eher zu Verhandlungen über sein Atomprogramm bereit sei. Am Rande des G7-Gipfels sagte er, die Iraner wollten reden und einen Deal machen. Teheran sitze «praktisch schon am Verhandlungstisch». Er rechne mit einem Abkommen. «Sie wollen einen Deal machen, und sobald ich hier weg bin, werden wir etwas unternehmen.» 

Der selbst ernannte «Dealmaker» Trump versucht seit Monaten, auf dem Verhandlungsweg eine Begrenzung des iranischen Atomprogramms zu erreichen, um Teheran am Bau von Atomwaffen zu hindern – im Gegenzug für eine Lockerung der drastischen Sanktionen gegen das Land. Unter Vermittlung des Golfstaats Oman gab es dazu direkte Gespräche zwischen Washington und Teheran. Nach der militärischen Eskalation zwischen Israel und dem Iran wurde eine geplante weitere Gesprächsrunde zunächst abgesagt. 

Der Iran will laut Trump nun jedoch wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren. Teheran könnte als Bedingung dafür setzen, dass die USA sich militärisch heraushalten und Israel seine Angriffe einstellt.

dpa