Der US-Präsident ist bekannt für verblüffende Äußerungen. Doch mit seinen Gaza-Plänen überbietet er sich selbst. Welche Auswirkungen könnten diese für die ohnehin von Kriegen gebeutelte Region haben?
Trump will US-Übernahme von Gaza – was bedeutet das?

US-Präsident Donald Trump hat Pläne für die Zukunft des kriegszerstörten Gazastreifens vorgelegt, die umgehend auf viel Krieg gestoßen sind. Der Küstenstreifen am Mittelmeer mit rund zwei Millionen palästinensischen Einwohnern solle in den «Besitz» der USA übergehen, sagte Trump im Beisein des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Washington.
Des Weiteren plant Trump, eine permanente Umsiedlung der Bevölkerung des Gazastreifens zu erreichen. Experten zufolge verstößt dies gegen das Völkerrecht. Trump stieß mit seinen Plänen sowohl in den USA als auch international auf Widerstand.
Was ist Trumps Vision für den Gazastreifen?
Trump strebt eine Umsiedlung der im Gazastreifen lebenden Menschen in arabische Staaten und einen Wiederaufbau des Gebiets an, das während des mehr als einjährigen Krieges zwischen Israel und der Hamas weitgehend in Schutt und Asche gelegt worden war. Unter der Führung der USA könne der Gazastreifen eine «Riviera des Nahen Ostens» werden, schwärmte er. Trump sagte, dies werde für die Palästinenser «wunderbar» sein, sagte aber gleichzeitig, er rechne nach einer Umsiedelung nicht mit der Rückkehr der gegenwärtigen Einwohner des Gazastreifens. Für sie sei Gaza die «Hölle».
Trump nannte eine Zahl von rund 1,8 Millionen Palästinensern, die ihre Heimat verlassen müssten. Wer dann künftig im Gazastreifen leben soll, ließ der US-Präsident offen. «Viele Menschen» sollten dort leben, «Palästinenser auch», sagte er lediglich. Unklar ist auch, welchen Status das Gebiet nach Trumps Plänen künftig haben soll – ab es von den USA annektiert, Israel zugeschlagen oder anders verwaltet werden soll.
Nachdem der Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern in den 1990er Jahren begonnen hatte, gab es Bestrebungen, den Gazastreifen in ein touristisch attraktives Gebiet zu verwandeln. Es wurden verschiedene Projekte ins Leben gerufen, darunter auch ein Wasser-Vergnügungspark. Die gewaltsame Übernahme der Kontrolle durch die islamistische Hamas im Küstenstreifen im Jahr 2007 und die Verschärfung einer israelischen Blockade des Gebiets, die auch von Ägypten unterstützt wurde, beendeten jedoch solche Bemühungen.
Was sagt das Völkerrecht?
Die obligatorische Umsiedlung der gut zwei Millionen Bewohner des Gazastreifens, wie von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagen, verstößt gegen internationales Recht. Es gibt zwar Ausnahmen, die jedoch im Fall des Gazastreifens kaum relevant sein dürften.
Es ist wichtig, Regel 129 des internationalen Völkergewohnheitsrechts zu beachten. Das Deutsche Rote Kreuz hat eine Übersetzung der englischen Texte, die in der Rechtsdatenbank des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) hinterlegt sind, und wörtlich heißt es:
«Die an einem internationalen bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien dürfen die Zivilbevölkerung eines besetzten Gebiets, in ihrer Gesamtheit oder teilweise, nicht verschleppen oder zwangsweise überführen, sofern dies nicht im Hinblick auf die Sicherheit der betroffenen Zivilpersonen oder aus zwingenden militärischen Gründen geboten ist.»
Warum wehren sich Ägypten und Jordanien und welche Druckmittel haben die USA?
Ägypten und Jordanien lehnen aus Gründen der Innenpolitik eine Umsiedlung der Palästinenser aus dem Gazastreifen ab, da dies zu erheblichen Spannungen führen würde. Die Regierung in Kairo befürchtet, dass eine große Anzahl von Flüchtlingen die wirtschaftliche und soziale Lage weiter verschärfen könnte – insbesondere in der Sinai-Region, wo bereits Sicherheitsprobleme mit islamistischen Gruppen bestehen.
Jordanien hat weltweit eine der höchsten Flüchtlingszahlen pro Einwohner. Neben vielen Syrern gibt es dort bereits eine große palästinensische Gemeinschaft. Eine erzwungene Vertreibung aus dem Gazastreifen könnte die innenpolitische Balance destabilisieren und den Einfluss der Palästinenser im Land weiter stärken – ein Szenario, das Spannungen mit der einheimischen Bevölkerung und der Monarchie verstärken könnte.
Experten warnen davor, dass die Pläne von Trump zwei der stabilsten Länder im Nahen Osten destabilisieren könnten. Die USA könnten die Regierungen durch Einstellung finanzieller Unterstützung jedoch stark unter Druck setzen. Ägypten erhält beispielsweise jährlich etwa 1,3 Milliarden US-Dollar Militärhilfe.
Wie stark ist der Gazastreifen zerstört, wie lange würde der Wiederaufbau dauern?
Gemäß Angaben des UN-Nothilfebüros Ocha wurden während des Krieges im Gazastreifen rund zwei Millionen Menschen vertrieben, was etwa 90 Prozent der Bevölkerung entspricht. Laut einer Analyse des UN-Satellitenzentrums UNOSAT im Dezember wurden etwa 69 Prozent der Gebäude im Gazastreifen zerstört oder beschädigt. Es wurden über 60.000 zerstörte und mehr als 20.000 schwer beschädigte Gebäude identifiziert. Ein UN-Bericht aus dem Januar erwähnt allein 50 Millionen Tonnen Trümmer.
Viele der Hunderttausenden von Vertriebenen, die nach Beginn der Waffenruhe im vergangenen Monat in den Norden des Gazastreifens zurückkehrten, fanden in ihren Wohnorten nur ein Trümmerfeld vor. Trumps Nahostgesandter Steve Witkoff sagte der Nachrichtenseite «Axios» nach einem Besuch in der Region, im Gazastreifen sei «fast nichts übrig». Ein Wiederaufbau des Küstenstreifens könne fünf bis zehn Jahre dauern.
Wie reagieren die arabischen Staaten und die Hamas auf Trumps Vorstoß?
Die arabischen Staaten haben es grundsätzlich abgelehnt, die Palästinenser aus dem Gazastreifen umzusiedeln. Die Gründe dafür sind vielfältig. Neben innenpolitischen Überlegungen befürchten die Länder der Region, dass eine solche Umsiedlung die israelische Kontrolle über den Gazastreifen festigen und eine dauerhafte Vertreibung rechtfertigen würde. Außerdem möchten sie nicht als Komplizen einer Politik angesehen werden, die als ethnische Säuberung ausgelegt werden könnte.
Eine erzwungene Migration könnte auch als Beispiel für weitere Vertreibungen dienen. Darüber hinaus könnten Spannungen innerhalb der Arabischen Liga entstehen, da die Last der Aufnahme ungleich verteilt wäre. Insbesondere die Golfstaaten, die bisher nur begrenzte Verantwortung in Form von finanzieller Unterstützung für die palästinensische Bevölkerung übernommen haben, könnten verstärkt unter Erklärungsdruck geraten.
Die islamistische Hamas, deren Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 den verheerenden Krieg ausgelöst hatte, warf Trump «Rassismus» vor. Seine Äußerungen seien der unverhohlene Versuch, den Palästinensern ihre unveräußerlichen nationalen Rechte zu verweigern, sagte Issat al-Rischk, Mitglied des Hamas-Politbüros.
Die Bevölkerung des Gazastreifens werde dies nicht zulassen, sagte auch das führende Hamas-Mitglied Sami Abu Suhri. «Was wir brauchen, ist die Beendigung der Besatzung und der Aggression gegen unser Volk, nicht die Vertreibung aus seinem Land.»
Welche Reaktionen gibt es aus den USA?
Trumps Außenminister Marco Rubio unterstützte die Vorschläge des Präsidenten. Die USA seien bereit, «Gaza wieder schönzumachen,» schrieb Rubio auf der Plattform X. Aber aus dem Lager der Republikaner wurde auch Skepsis laut. Der republikanische Senator Lindsey Graham nannte den Vorschlag «problematisch» berichten US-Medien übereinstimmend. Er habe Zweifel daran, dass seine Wähler sich über eine Entsendung von US-Soldaten in den Gazastreifen freuen würden, sagte der derzeitige Vorsitzende des Haushaltsausschusses im US-Senat.
Es gab heftige Kritik aus den Reihen der Demokraten. Laut NBC bezeichnete der demokratische Senator Tim Kaine den Vorschlag als gestört und verrückt. Der Demokrat Chris Murphy warf Trump vor, von den Kürzungen und Entlassungen im Staatsapparat ablenken zu wollen.
Was sagt Israel zu den Plänen?
Gerade bei rechtsorientierten Israelis lösen Trumps Pläne offene Begeisterung aus. Der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich dankte Trump in einem Post auf der Plattform X und kommentierte, es werde «noch besser und noch besser». Neben einer israelischen und einer US-Flagge schrieb er: «Gemeinsam werden wir die Welt wieder großartig machen.» Wie andere rechtsextreme Israelis strebt Smotrich eine Wiederbesiedlung des Gazastreifens an, den Israel 2005 geräumt hatte.
Michael Milshtein, Experte für palästinensische Studien an der Universität Tel Aviv, warnte eindringlich vor übertriebener Euphorie über Trumps Pläne. «Wir können uns schweren Schaden zufügen in den Beziehungen zu arabischen Staaten, mit denen wir seit Jahrzehnten Verträge haben, wie Jordanien und Ägypten, aber auch mit den Staaten der Abraham-Verträge», sagte Milshtein dem israelischen Kan-Sender.
Man könne im Fall einer Umsetzung von Trumps Plänen für Gaza auch die angestrebte Normalisierung mit Saudi-Arabien «vergessen», warnte er. Er wünsche sich von Netanjahu eine realistische Linie bei diesem Thema.