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Trumps Anti-Migrationskurs: Angst und Unsicherheit in Mexiko

Menschen, die nach langer Flucht endlich die Schwelle zu den USA erreicht haben, stehen nun vor verschlossener Tür. Gleichzeitig setzt Trump auf medienwirksam inszenierte Abschiebeaktionen.

Noch gab es keine Massenabschiebungen nach Mexiko.
Foto: David Peinado/dpa

In der Stadt Ciudad Juárez in Mexiko, direkt am Grenzfluss zu den USA, werden in einem Auffanglager von mehreren Arbeitern Etagenbetten für 2.500 Personen montiert. Auf dem staubigen Boden des Geländes ragen 13 große weiße Zelte empor, die für abgeschobene Migranten vorgesehen sind. Hinter ihnen ist der rostbraune Grenzzaun zu sehen, der Mexiko von den USA trennt.

Die Atmosphäre auf der mexikanischen Seite in Bezug auf die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Abschiebemaßnahmen ist angespannt ruhig. Bisher gibt es jedoch keine Anzeichen für einen groß angelegten Einsatz von US-Soldaten zur Sicherung der Grenze oder spektakuläre Massenabschiebungen in das südliche Nachbarland.

«Natürlich muss man vorbereitet sein», sagt Santiago González, Menschenrechtsbeauftragter der Stadtverwaltung von Ciudad Juárez. Trumps Ankündigungen nehme man nicht auf die leichte Schulter. Es bleibe aber abzuwarten, was am Ende wirklich passiere.

Der «American Dream» verblasst

Die Stadt Ciudad Juárez ist bereits jetzt ein Ort, an dem Migrantenträume zerplatzt sind. In der einst gefährlichsten Stadt der Welt sind Menschen aus lateinamerikanischen Ländern wie Venezuela, Kolumbien und Kuba gestrandet – so wie Yorwin Colina.

Der 26 Jahre alte Venezolaner durchquerte zu Fuß den gefährlichen Darién-Dschungel zwischen Süd- und Mittelamerika. Vier Tage lang war er im Regenwald unterwegs, sah Erwachsene und Kinder in Sümpfen und Flüssen sterben. Er zog durch mehrere Länder bis in den Süden Mexikos. Dort gelang es ihm, einen Termin mit der US-Grenzbehörde zu vereinbaren. Der «American Dream» war endlich in Sicht.

Da in Mexiko die Drogenkartelle oft Migranten entführen, um Lösegeld zu fordern, wurden Colina und andere, die ebenfalls Termine hatten, von mexikanischen Beamten die letzten 600 Kilometer bis zur US-Grenze begleitet. Doch als Colina in Ciudad Juárez ankam, wurden alle Termine von der US-Regierung abgesagt – am 20. Januar, dem Tag der Vereidigung von Donald Trump. «Das hatte ich nicht erwartet», sagt Colina. «Alle meine Pläne wurden über den Haufen geworfen.»

Gefährliche Route nach Norden

Die Terminvergabe per App wurde von der Vorgängerregierung unter Joe Biden eingeführt, um Asylsuchende gezielt an offizielle Grenzübergänge wie Ciudad Juárez zu leiten und irreguläre Grenzübertritte zu reduzieren. Schätzungsweise leben rund elf Millionen Menschen in den USA, die illegal eingereist sind oder ihre Visa überzogen haben. Etwa drei Millionen von ihnen haben vorübergehenden Schutz. Mexikanische Staatsbürger stellten lange Zeit die größte Gruppe unter den Migranten dar. Nun kommen jedoch deutlich mehr Schutzsuchende aus Krisenregionen wie Venezuela und Ecuador über Mexiko in die USA.

Jedes Jahr riskieren viele Menschen ihr Leben auf dem Weg nach Norden: Hunderte sterben an Wassermangel und Hitzschlägen. Manche fallen auch kriminellen Banden zum Opfer.

Harte Gangart der neuen US-Regierung

Trump stempelt diese Menschen pauschal als Kriminelle ab. Er spricht von einer «Invasion» an der Südgrenze. Direkt nach seiner Vereidigung begann er, legale Einreisemöglichkeiten drastisch einzuschränken. Im Zuge dessen wurde auch die Terminvergabe über die App, die Colina genutzt hat, abgestellt. 

Die Aktion hatte einen starken Einfluss auf den Asylprozess: Viele der Betroffenen sind nur wegen ihres Termins nach Ciudad Juárez gekommen und sind nun hier gestrandet, ohne Aussicht. Ohne die App müssen sie lange warten, um persönlich vorzusprechen. Unter Trump dürften die Grenzbeamten strengere Anweisungen haben, möglichst viele von ihnen abzuweisen, insbesondere ohne vorherigen Termin.

Parallel dazu kündigte die neue US-Regierung an, beim Grenzschutz härter durchzugreifen. Der Weiterbau der Mauer, ein zentrales Versprechen aus Trumps erster Amtszeit, wird vorangetrieben. Außerdem wurden 1.500 zusätzliche Soldaten entsandt, weitere könnten folgen.

Trumps Maßnahmen live auf dem Handy

Viele der Versprechen von Trump stoßen auf erhebliche rechtliche und logistische Hürden: Die zuständigen US-Behörden müssen zunächst auf Linie gebracht, zusätzliche Ressourcen bereitgestellt und langwierige bürokratische Verfahren beschleunigt werden. Menschenrechtsgruppen mobilisieren derweil juristischen Widerstand. Doch die Stoßrichtung ist klar.

Die neue US-Regierung setzt neben der erschwerten Einreise und der Abriegelung der Grenze auch auf radikale Abschiebe-PR. Täglich werden Zahlen und Bilder von den Angaben nach kriminellen Migranten veröffentlicht, die in den USA festgenommen wurden.

https://x.com/WhiteHouse/status/1884786809617395921

Viele Gestrandete erreichen die Nachrichten über die Festnahmen auf ihren Mobiltelefonen. Die Vereidigung Trumps sei ein «schrecklicher Tag» gewesen, sagt Rosa María Parra, Mitarbeiterin der Herberge «Casa del Migrante» (Haus des Migranten). Menschen hätten sie umarmt und geweint. «Jetzt sehen sie auf ihren Handys, wie Leute abgeschoben werden.»

Wirkt die Abschreckung?

Die tatsächlichen Abschiebezahlen liegen zwar noch unter dem, was Trump im Wahlkampf als nie dagewesenes Programm angekündigt hatte, aber die Inszenierung wirkt: Die aufgebaute Drohkulisse zeigt bereits Wirkung südlich der Grenze. Weniger Menschen gelangen nach Ciudad Juárez, sie entscheiden sich lieber für eine Ansiedlung weiter südlich im Landesinneren oder sogar in Mexiko-Stadt anstelle der USA.

Das plant auch der Venezolaner Colina. «Ich bin etwas niedergeschlagen, aber ich hoffe, dass es eine andere Zukunft für mich gibt», sagt er. «Wenn nicht in den Vereinigten Staaten, dann wünsche ich mir Stabilität in einem anderen Land.»

dpa