Europäer und Ukraine erleichtert über entschärften Plan, aber Russlands Reaktion entscheidend. Frist kaum haltbar.
Friedensplan für Ukraine: Merz dämpft Hoffnungen

Nach ersten Gesprächen zwischen den USA, der Ukraine und führenden europäischen Staaten über einen neuen Friedensplan dämpft Bundeskanzler Friedrich Merz die Hoffnungen auf einen schnellen Durchbruch. «Frieden in der Ukraine gibt es nicht über Nacht», sagte der CDU-Chef nach einem Sondergipfel der EU zum Ukraine-Krieg in Angolas Hauptstadt Luanda.
Die Europäer und die Ukraine sind zunächst erleichtert, dass sie den von den USA vorgelegten Plan zur Beendigung des russischen Angriffskriegs entschärfen konnten. Jetzt hängt es jedoch von der Reaktion Moskaus ab. In den nächsten Tagen werden weitere Gespräche stattfinden. Die von US-Präsident Donald Trump für diesen Donnerstag festgelegte Frist für ein konkretes Ergebnis scheint jedoch kaum noch einzuhalten zu sein.
Was ist der neue Verhandlungsstand?
Der von Trump vorgelegte 28-Punkte-Plan, der von vielen als «Wunschliste Russlands» kritisiert worden ist, war für die Ukraine und die Europäer fast durchweg inakzeptabel. Unter anderem sollte die Ukraine erhebliche Gebietsverluste und eine Obergrenze für ihre Truppenstärke akzeptieren. Die Nato sollte auf die Aufnahme der Ukraine und anderer neuer Mitglieder verzichten, und die USA sollten von dem in der EU eingefrorenen russischem Vermögen maßgeblich profitieren.
In langwierigen Verhandlungen bis in die Nacht zum Montag in Genf bemühten sich die Ukraine und die Europäer nun, den Plan zu entschärfen. Obwohl die Details des Ergebnisses nicht bekannt gegeben wurden, spricht es Bände, dass es von ukrainischer und europäischer Seite als klarer Erfolg angesehen wurde.
Merz sagte, dass der ursprüngliche US-Plan in wichtigen Punkten geändert wurde. Das neue Dokument wird derzeit abgestimmt und wird dann die gemeinsame Position der USA, der Europäer und der Ukraine sein.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einer soliden Grundlage für weitere Fortschritte. «Es geht um die Sicherheit unseres gesamten Kontinents, jetzt und in Zukunft», sagt sie in Luanda. Nach Angaben des deutschen Außenministers Johann Wadephul wurden alle Fragen, die Nato und EU betreffen, aus dem Entwurf entfernt. Das bestätigte auch US-Außenminister Marco Rubio, der die US-Delegation in Genf anführte.
Auf was kommt es jetzt an?
Für den weiteren Verlauf der Verhandlungen ist entscheidend, wie Russland reagiert. «Der nächste Schritt muss sein: Russland muss an den Tisch», forderte Merz. Solange sich Russland nicht bewege, komme kein Prozess in Gang. «Und wenn’s keinen Prozess gibt, gibt es keinen Frieden.»
Die erste Reaktion aus Russland war aber reserviert. Präsident Wladimir Putin wiederholte nach einem Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zunächst nur, der alte US-Plan könne Grundlage für ein Ende des Kriegs sein. Am Nachmittag wurde der außenpolitische Berater von Putin, Juri Uschakow, deutlicher. Die neuen Vorschläge seien «nicht konstruktiv». «Uns passt das nicht», sagte er. Russland befasse sich mit dem, was auf offiziellem Weg übermittelt worden sei. Und das sei der 28-Punkte-Plan von Trump.
Wie geht es jetzt weiter?
Der Verhandlungsprozess wird als äußerst dynamisch angesehen. Die Erleichterung der Europäer kann sich auch schnell wieder in die andere Richtung verlagern. Dies ist den Beteiligten bewusst. Es steht fest, dass in den kommenden Tagen viele weitere Gespräche geführt werden.
Die Genfer Unterhändler sind zurück in ihren Hauptstädten und werden nun die Ergebnisse mit ihren Staats- und Regierungschefs abstimmen. Von der Leyen hat angekündigt, dass es am Dienstag Gespräche im Kreis der sogenannten Koalition der Willigen geben wird. Neben EU-Staaten wie Deutschland und Frankreich sind auch Nicht-EU-Länder wie Großbritannien und Norwegen in der Ukraine-Unterstützergruppe vertreten.
Die Rückkopplung mit Russland wird entscheidend sein. Diese Aufgabe dürfte nun den USA als Vermittler und Initiator des Prozesses zukommen. Auf welcher Ebene das geschehen wird, ist nicht bekannt.
Auch die Gespräche zwischen der Ukraine und den USA werden weitergehen. In einer gemeinsamen Erklärung, die in Kiew und Washington verbreitet wurde, hieß es, beide Seiten seien sich einig, die intensive Arbeit an dem Vorschlag «in den kommenden Tagen» fortzusetzen und sich dabei weiter eng mit den europäischen Partnern abzustimmen. Finale Entscheidungen zu dem neuen Plan würden von Trump und Selenskyj getroffen.
Welches ist die zentrale Frage?
Die Frage der russischen Gebietsansprüche ist am schwierigsten zu lösen. Zugeständnisse an dieser Stelle sind für die Europäer genauso inakzeptabel wie für die Ukraine. Grenzen dürfen nicht als Ergebnis eines Angriffskriegs verschoben werden, das gilt sowohl für sie als auch für die Ukrainer als eiserner Grundsatz.
Der derzeitige Frontverlauf müsse Ausgangspunkt für Verhandlungen und nicht deren Endpunkt sein, betonte Wadephul. Klar sei für ihn, Russland müsse als Verursacher des Kriegs «im Wesentlichen die Konsequenzen zu tragen haben».
Wie weit ist es noch bis zu einem Frieden?
Die USA bauen massiven Druck auf. Rubio sprach von «enormen Fortschritten», die erzielt worden seien. Die noch offenen Punkte seien «nicht unüberwindbar», sagte er – ohne Details zu nennen.
Trotzdem sieht er die für Donnerstag gesetzte Frist nicht mehr als zwingend an. Er ging so weit, die Frist für die Ukraine zur Zustimmung zum Friedensplan aufzuweichen. Zwar wünsche er sich – wie auch Trump – einen Abschluss bis Donnerstag – doch «ob Donnerstag, Freitag, Mittwoch oder Montag kommende Woche» sei angesichts des Sterbens in der Ukraine nachrangig.
Merz bremste im Vergleich dazu ziemlich stark. «Das ist ein mühsamer Prozess. Der wird in dieser Woche allenfalls kleinere Schritte vorangehen», sagte er in Luanda.








