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Trumps Vize fürs Grobe auf Grönland

Mit polternden Auftritten und höchst undiplomatischen Aussagen verschreckt Trump-Vize J.D. Vance die Europäer. Zündet er auf Grönland die nächste Eskalationsstufe?

Werden auf Grönland nur US-Soldaten, aber keinen Grönländern zuwinken: Usha und J.D. Vance. (Archivbild)
Foto: Matthias Schrader/AP/dpa

J.D. Vance, der Vizepräsident von US-Präsident Donald Trump, unterscheidet sich von seinen Vorgängern. Während Trumps früherer Vizepräsident in der ersten Amtszeit, Mike Pence, meist mit einem eingefrorenen Lächeln stumm hinter seinem Chef stand und die Demokratin Kamala Harris bis zu ihrer Nominierung als Präsidentschaftskandidatin auch eher blass blieb, spielt Vance eine viel prominentere und lautere Rolle. Er scheut dabei vor keiner Kontroverse zurück. So reist er nun zusammen mit seiner Frau Usha nach Grönland, wo jeder Schritt der Trump-Regierung argwöhnisch beobachtet wird.

Münchner Sicherheitskonferenz und Attacke auf Selenskyj 

Von Beginn an hat Vance auf Konfrontation gesetzt, zum Beispiel als er drei Wochen nach Amtsantritt der neuen US-Regierung die europäischen Verbündeten bei der Münchner Sicherheitskonferenz scharf kritisierte und sich mit AfD-Chefin Alice Weidel traf. Sein aggressiver Kurs wurde dann vor der gesamten Welt deutlich, als er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus vor laufenden Kameras heruntermachte.

Das Magazin «Politico» schrieb, Vance agiere als Kampfhund des Präsidenten – eine Aufgabe, die Trumps volles Vertrauen verlange, da dieser ihm dafür das Scheinwerferlicht überlassen müsse. Vance sei Trumps rechte Hand, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, dem Magazin. Der 40-Jährige soll nach Angaben des Senders CBS schon bei der Bestätigung der Kabinettsmitglieder im Senat seine Muskeln spielen lassen haben, um auch die umstrittensten Nominierungen durchzudrücken. 

Der ehemalige Senator von Ohio musste bereits viel Kritik für seine prominente Rolle einstecken. Im angesehenen Kennedy Center in Washington wurde er und Usha vom Publikum ausgebuht, während sie bei einem Besuch einer Fabrik in Michigan von Demonstranten empfangen wurden – Vance reagierte, indem er fragte, warum sie Zeit für Proteste hätten.

Nun reist J.D. Vance nach Grönland – ebenjener Insel, auf die sein Chef seit längerem ein Auge geworfen hat. Eigentlich sollte seine Frau ohne ihn reisen, doch dann erklärte er: «Die Aufregung um Ushas Besuch in Grönland an diesem Freitag war so groß – deshalb habe ich beschlossen, dass ich nicht möchte, dass sie den ganzen Spaß allein hat.»

Eiskalte Stimmung

Die Vances wurden von keinem offiziellen Vertreter der grönländischen Regierung eingeladen. In Nuuk, der Hauptstadt, sind die Parteiführer damit beschäftigt, eine neue Regierung zu bilden, zweieinhalb Wochen nach den Parlamentswahlen.

Dass das Trump-Lager politisch seit Monaten dazwischenfunkt, wird in Nuuk wie auch in Kopenhagen immer stärker als Ärgernis wahrgenommen. «Wir können die wiederholten Aussagen zur Annexion und Kontrolle Grönlands nicht akzeptieren», erklärten der geschäftsführende Regierungschef Múte B. Egede und die Spitzen der vier weiteren grönländischen Parlamentsparteien in einer gemeinsamen Erklärung. 

«Yankee, go home!»

Auch eine klare Mehrheit der Inselbevölkerung ist einer Umfrage zufolge dagegen, US-Territorium zu werden. Um das zu untermauern, protestierten jüngst Hunderte Menschen in Nuuk und anderen Orten gegen die USA. Auf einem großen Banner war die unmissverständliche Botschaft «Yankee, go home!» zu lesen.

Seit einem medienwirksamen Kurzbesuch von Präsidentensohn Donald Trump Jr. im Januar versucht die US-Regierung, ein ganz anderes Bild von der größten Insel der Erde zu erzeugen: das von einem vermeintlichen Interesse daran, sich aus dem Königreich Dänemark zu verabschieden und «ein Teil der großartigsten Nation der Welt» zu werden, wie es Präsident Trump formulierte.

Neue Proteste, wie sie nach der Ankündigung von Usha Vances Reise angekündigt wurden, würden nicht in dieses schiefes Bild passen. Diese Erkenntnis dürfte ebenso wie die klare Ablehnung durch die grönländische Politik eine Rolle dabei gespielt haben, warum die Reisepläne geändert wurden. Die Termine von Usha Vance in Nuuk und bei einem traditionellen Hundeschlittenrennen in Sisimiut mit direktem Kontakt zur grönländischen Bevölkerung – und dem Risiko größerer Demonstrationen – wurden abgesagt. Stattdessen gibt es für sie und ihren Mann auf dem Militärstützpunkt Pituffik eine Art Heimspiel vor US-Soldaten.

Eskalation oder Deeskalation?

Der Besuch des bisher höchsten Vertreters des Trump-Lagers auf Grönland bleibt umstritten, aber Vance wird in Pituffik kaum die Aufregung erzeugen können, die Trump Jr. mitten in der Hauptstadt Nuuk auslöste. Die US-Basis, die bis vor zwei Jahren Thule Air Base hieß, liegt im abgelegenen Nordwesten Grönlands. Sie hat eine große Bedeutung für die globale Raketenabwehr und die Weltraumüberwachung, ist aber vor allem auch eines: ziemlich abgelegen.

Wird Vance bei seinem Besuch in Grönland trotzdem die nächste Eskalationsstufe zünden? Oder ist die US-Regierung möglicherweise darum bemüht, die Lage zu beruhigen? Das wird sich zeigen, wenn Trumps Kampfhund wieder zuschlägt – oder es dieses Mal sein lässt.

dpa