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Türkei: Anklage gegen über 800 Verdächtige nach Protesten

Nach den Massenprotesten gegen die Festnahme Imamoglus greift die Justiz durch. Hunderte Menschen müssen sich nun vor Gericht verantworten.

Mehr als 800 Menschen sollen wegen der Proteste gegen die Imamoglu-Festnahme vor Gericht
Foto: Francisco Seco/AP/dpa

Die Istanbuler Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen 819 Menschen nach den Massenprotesten gegen die Festnahme des populären Oppositionspolitikers Ekrem Imamoglu. Laut der Strafverfolgungsbehörde wird ihnen vorgeworfen, an nicht genehmigten Demonstrationen teilgenommen zu haben. Von den Angeklagten befinden sich 278 in Untersuchungshaft. Einigen Demonstranten drohen laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu bis zu fünf Jahre und in einem Fall bis zu neun Jahren Haft.

Die Verhaftung des damals abgesetzten Istanbuler Bürgermeisters Imamoglu am 19. März hat in der Türkei die größten regierungskritischen Proteste seit Jahren ausgelöst. Imamoglu, der nach seiner Festnahme zum Präsidentschaftskandidaten der größten Oppositionspartei CHP ernannt wurde, gilt als wichtigster innenpolitischer Rivale des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Imamoglu war wegen Korruptions- und Terrorvorwürfen festgenommen worden.

Das Istanbuler Gouverneursamt hatte zunächst Demonstrationen nach der Festnahme von Imamoglu verboten, aber seit Ende März wieder erlaubt. Am Dienstag versammelten sich mehrere hundert Menschen zu einem Protest im Istanbuler Stadtteil Kadiköy. Die Partei von Imamoglu, die CHP, plant, ab sofort an jedem Wochenende an verschiedenen Orten im Land und jeden Mittwochabend in Istanbul Proteste zu organisieren.

Kritiker sprechen von einer Repressionswelle

Die Opposition und zahlreiche Demonstranten betrachten das Vorgehen gegen Imamoglu als den Versuch der Regierung, einen bedeutenden Gegner aus dem Weg zu räumen. Schon in den Wochen vor der Verhaftung des beliebten Politikers war die Unterdrückung von Oppositionellen im Land verschärft worden.

Kritiker sprachen von einer Repressionswelle, in Rahmen derer auch der Chef der ultrarechten Zafer-Partei, Ümit Özdag, festgenommen worden war. Die Staatsanwaltschaft fordert laut Anadolu bis zu sieben Jahre und zehn Monate Haft für den Rechtsaußen-Politiker wegen «wiederholter Volksverhetzung oder Verunglimpfung».

dpa