Die Türkei plant eine Großoffensive auf das vom Krieg gebeutelte Syrien. Erdogan versetzt dadurch die Kurden in Angst und Schrecken.
Türkei greift Syrien an
Diese Ziele in Syrien nennt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan für seinen Angriff auf Syrien. Die Türkei wolle eine «neue Phase» einleiten und die Orte Tall Rifat und Manbidsch von «Terroristen» der syrischen Kurdenmiliz YPG «säubern». Danach sollten «schrittweise» auch andere Regionen einbezogen werden. Er will die Kurden aus Nord-Syrien vertreiben und stattdessen syrische Flüchtlinge dort ansiedeln.
Erdogan hatte bereits vor einiger Zeit mit einem neuen Militäreinsatz der Türkei in dem Nachbarland gedroht, der bis zu 30 Kilometer in syrisches Gebiet führen könnte. Doch er konnte seine grausamen Plan lange Zeit nicht umsetzen, da die USA und Russland Widerstand leisteten.
Der türkische Präsident ist überzeugt, jetzt frei agieren zu können, da seine bisherigen Angriffe auf kurdische Stellungen weitgehend ohne internationale Reaktionen geblieben – obwohl sie klar Völkerrechtswidrig waren.
Auch vorangegangene türkische Militäreinsätze in Syrien waren vor allem gegen die YPG gerichtet. Die Regierung in Ankara betrachtet die Miliz als Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und ebenfalls als Terrororganisation. Die USA wiederum sieht die YPG im syrischen Bürgerkrieg als Partner im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
UN: Mehr als 306.000 tote Zivilisten im Krieg in Syrien
Im Bürgerkrieg in Syrien sind nach einer neuen Schätzung des UN-Menschenrechtsbüros zwischen Anfang März 2011 und Ende März 2021 mindestens 306.887 Zivilisten ums Leben gekommen. Die Zahl liege höher als vorherige Schätzungen, berichtete das Büro am Dienstag dem UN-Menschenrechtsrat in Genf, der die Berechnung in Auftrag gegeben hatte.
Damit habe der Konflikt statistisch über zehn Jahre jeden Tag 83 an Kämpfen unbeteiligten Bürgerinnen und Bürgern das Leben gekostet. Die Zahl entspreche 1,5 Prozent der Bevölkerung Syriens vor Beginn des Konflikts. Zugleich verschärft sich die ohnehin schon dramatische humanitäre Lage in dem Bürgerkriegsland weiter.
Zeitgleich läuft ein großer türkischer Militäreinsatz im Irak
Die Türkei hat eine neue Offensive gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK im Nordirak gestartet. Die Luftwaffe habe unter anderem Verstecke, Tunnel und Munitionsdepots bombardiert, teilte das Verteidigungsministerium mit.
Dabei seien Kampfjets, Hubschrauber und bewaffnete Drohnen eingesetzt worden. Zudem seien Bodentruppen im Einsatz. Die Türkei begründete die Offensive mit dem Schutz vor Terrorangriffen und dem Recht auf Selbstverteidigung.
Die PKK steht in der Türkei, Europa und den USA auf der Terrorliste und unterhält Stellungen in der Südosttürkei und im Nordirak. Ihr Hauptquartier liegt in den nordirakischen Kandil-Bergen. Der jüngste Angriff konzentrierte sich nach Angaben des türkischen Verteidigungsministeriums auf die Regionen Metina, Zap und Awaschin-Basjan im Nordirak.
Der Einsatz sei mit «Freunden und Verbündeten» koordiniert wurden, hieß es weiter. Details dazu wurde nicht genannt. Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan unterhält gute Beziehungen zum Präsidenten der kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak, Masrur Barsani. Am Freitag hatten sich die beiden Politiker in Istanbul getroffen.
Das türkische Militär hat bereits mehrmals Einsätze gegen die PKK im Irak und gegen die Kurdenmiliz YPG in Syrien geführt. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hatte in der Vergangenheit bei ähnlichen Einsätzen bezweifelt, dass diese mit dem Völkerrecht vereinbar sind.
Ankara geht auch immer wieder militärisch gegen PKK-Stellungen in der Südosttürkei vor. Die PKK wiederum verübt Anschläge. Der seit 1984 andauernde Konflikt kostete bislang Zehntausenden Menschen das Leben. Ein Waffenstillstand war im Sommer 2015 gescheitert.