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Türkei-Wahl endet im Ausland

Im Ausland konnten Wahlberechtigte 13 Tage lang ihre zwei Kreuze für die Wahl in der Türkei machen. In Deutschland machten viele davon Gebrauch. Es gibt Stimmen, die vor Einflussnahme warnen.

Wählerinnen und Wähler geben im Türkischen Generalkonsulat in Hürth (NRW) ihre Stimme für die Parlaments- und Präsidentenwahl ab.
Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Für rund 3,4 Millionen türkische Wahlberechtigte im Ausland endet an diesem Dienstag die Abstimmung für die Parlaments- und Präsidentschaftswahl. Unter den 1,5 Millionen mit türkischem Pass in Deutschland zeichnete sich eine hohe Wahlbeteiligung ab. Binnen zwölf Tagen – also bis Montag – gaben laut türkischer Wahlbehörde 690.574 Personen in Deutschland ihre Stimme ab. In der Türkei selbst wird am 14. Mai abgestimmt.

Zum Stand am vergangenen Sonntag waren es bundesweit 642.000 Wählerinnen und Wähler, wie Yunus Ulusoy vom Zentrum für Türkeistudien in Essen berichtete. Im Vergleich zur letzten Wahl 2018 sei das ein Zuwachs von gut 19 Prozent. Die Wahlbeteiligung habe damit bis Sonntag bundesweit bei knapp 43 Prozent gelegen. Im Vergleichszeitraum 2018 hatte sie 38,5 Prozent betragen. Unter den Türken im Ausland, die seit dem 27. April ihre Stimme abgeben können, kommt Deutschland auf die meisten Wahlberechtigten. Und unter den Bundesländern leben mit gut 500.000 Wahlberechtigten die meisten in Nordrhein-Westfalen.

Kopf-an-Kopf-Rennen

«Die Zunahme der Wahlbeteiligung verdeutlicht, dass die türkischen Wählerinnen und Wähler den Wahlen eine hohe emotionale Bedeutung beimessen, obwohl die Ergebnisse ihren Lebensalltag in Deutschland nicht tangieren», erläuterte Experte Ulusoy. In NRW gaben bis Montag 251.522 Personen ihre Stimme ab, wie die türkische Wahlbehörde meldete. Unter den deutschen Städten waren die Wähler in Essen mit 79.644 Stimmabgaben bis Montag am aktivsten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan muss nach 20 Jahren an der Macht um seine Wiederwahl fürchten. Umfragen sehen ihn gleichauf mit Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu. Umso mehr wird auf das Votum der Türken im Ausland geschaut.

Ulusoy sagte, der Oppositionsallianz sei diesmal wohl eine stärkere Mobilisierung gelungen als 2018. Damals war Erdogan in Deutschland mit 64,8 Prozent auf hohe Werte gekommen – insgesamt hatte er bei der Türkei-Wahl vor fünf Jahren nur 52,6 Prozent erhalten. Auch Forscherin Sinem Adar von der Stiftung Wissenschaft und Politik sagte jüngst, die Opposition habe zwar längst nicht die Mittel wie Erdogans AKP, sei aber diesmal vor allem über die sozialen Medien aktiv an die Wähler im Ausland herangetreten.

Die hohe Wahlbeteiligung hängt nach Einschätzung der Türkischen Gemeinde in Deutschland auch damit zusammen, dass sie von vielen als «Schicksalswahl» gesehen werde. Viele Wahlberechtigte seien angesichts des Kopf-an-Kopf-Rennens umso mehr der Ansicht, dass ihre Stimme den Ausschlag geben könne.

Während Großveranstaltungen in Deutschland 2018 vor der Wahl zu öffentlicher Polarisierung geführt hätten, bringe die Hilfe für die Erdbebenopfer in der Türkei die Menschen hierzulande aktuell enger zusammen, hatte der TGD-Vorsitzende Gökay Sofuoglu kürzlich bei einer Expertenrunde des Mediendienstes Integration geschildert.

Direkter Wahlkampf verboten

Es gab auch Kritik und Mahnungen. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) warnte im ZDF-Magazin «frontal» vor verbotener Einflussnahme. Die Erdogan-Regierung versuche, auf Wahlberechtigte in Deutschland Druck auszuüben. «Das findet manchmal auf Wegen und mit Methoden statt, die nicht akzeptabel sind», zitierte «frontal» den Minister. Der türkische Staat versuche, hierzulande dafür zu werben, dass die aktuelle Regierung im Amt bleibe. Es werde versucht, Einfluss zu nehmen auf die Meinungsbildung. Ein direkter Wahlkampf türkischer Politiker in Deutschland ist verboten.

Der türkeistämmige Journalist Hüseyin Topel aus Hilden bei Düsseldorf hatte vor Wahlmanipulation gewarnt. Es sei «höchste Vorsicht geboten», sagte er der dpa zu Beginn der Stimmabgabe in Deutschland. Besonders die Wahlurnen im Ausland sollten «durch Unterstützer der Opposition parteiübergreifend akribisch» bewacht werden.

dpa